Bessere Hilfe für Opfer von Vergewaltigungen

Kontext: Wortprotokoll über die 5. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, dem 29.09.2011 (16.31 Uhr bis 00.13 Uhr), TOP 8, Opfer von Vergewaltigung optimal versorgen und beraten

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich habe in den Ausschüssen schon dazu gesprochen, und jetzt dachte ich mir, dass ich nach dieser letzten Männerrunde auch noch etwas dazu sagen muss. Erwartungsgemäß haben wir von Herrn Dr. Rahn gehört, dass er eine Vergewaltigung auf Zahlenspiele reduziert. Ob das jetzt 0,01 Prozent sind oder weniger, das ist vollkommen egal. Erwartungsgemäß hat auch Herr Schenk als ehemaliger Anwalt Frauen auf ein Beweismittel reduziert. So kommen wir nicht weiter. Darum möchte ich das Ganze noch einmal in eine andere Relation setzen. Ich möchte Ihnen etwas erzählen. Als ich ungefähr 18 oder 19 Jahre alt war, bin ich in Kiel an einem Autobahn-Brückenpfeiler vorbeigefahren, auf dem stand aufgesprüht: „Vergewaltigung ist Mord“. Der einzige Zusammenhang, in dem ich damals von Vergewaltigung gehört hatte, war in Fantasy-Romanen aus den Achtziger Jahren, wo es eher als Kavaliersdelikt vorkam. Ich fragte mich, was das wohl wieder für ein Spruch sein soll, so wie „Neue Männer braucht das Land“. Ich habe eine Weile nicht mehr darüber nachgedacht.

Ich bin älter geworden, und im Laufe meines Lebens haben sich mir zwei Freundinnen anvertraut, die vergewaltigt wurden, die davon lebenslang Narben zurückgetragen haben und zum Teil noch immer mit Depressionen kämpfen. Ein bisschen später in meinem Leben, als ich hauptberuflich für den Rettungsdienst gearbeitet habe, haben wir zu einer Jahreszeit wie dieser, zur Morgendämmerung im Gallus eine Frau aufsammeln müssen, die halbtot war. Sie wurde zusammengeschlagen, hatte Hämatome im Gesicht, war unterkühlt und bewusstlos, mit Verletzungen im Schambereich. Da wurde mir klar, was der Spruch „Vergewaltigung ist Mord“ an der Mauer in Kiel bedeutet. Dadurch wird mir auch klar, dass diese ganzen Zahlenspiele, oder ob die Täter dingfest gemacht werden oder nicht, überhaupt nichts mit dem Thema zu tun haben. Wir reden hier über die Opferhilfe. Die Opferhilfe soll verbessert werden.

(Zurufe)

Das wird sie. Die Opferhilfe wird definitiv dadurch verbessert. Wir haben den Frauennotruf als eine hervorragende Einrichtung in Frankfurt. Das ist genau der Fehler. Sie haben mit der Rechtsmedizin geredet, Herr Dr. Rahn. Sie habe nicht mit den Damen geredet, die den Frauennotruf in Frankfurt ausüben. Die kennen sich nämlich damit aus.

(Beifall)

Herr Dr. Rahn, Sie haben auch nicht mit den betroffenen Frauen geredet. Das ist das andere Problem. Ich habe Ihren Antrag gelesen, da geht es bei Prozentzahlen um Korinthenkackerei, tut mir leid.

(Beifall)

Hier geht es letzten Endes um die Hilfe für die Opfer. Dort brauchen wir ein dichtes Netz. Wir müssen dieses Netz auch ausreichend bewerben. Wir haben in U-Bahnen diese Schilder für den Frauennotruf. Das ist noch zu wenig. Wir müssen das publik machen, und das tun wir hier gerade. Jeder muss seinen Teil dazu beitragen. Frau auf der Heide hat es im Ausschuss angeregt, jeder von uns sollte in seinem Handy die Nummer vom Frauennotruf haben, die 709494, damit sie in solchen Situationen, wenn sich jemand ihnen anvertraut, parat ist und sie nicht erst anfangen müssen, danach zu suchen. Das ist eigentlich das, worum es geht, dass wir den Frauen helfen und uns nicht um irgendwelche Prozentzahlen streiten oder die Frauen darauf reduzieren, dass sie juristisches Beweismittel wären, das möglichst klinisch rein erhalten werden muss. Das ist vollkommen fehlgeleitet.

(Beifall)

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