Steuergerechtigkeit statt Panama

Dringlicher Antrag gem. § 17 (3) GOS

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt fordert die Hessische Landesregierung auf:
    1. Die Hessische Landesregierung bildet umgehend 100 zusätzliche Steuerfahnder und Betriebsprüfer aus und stellt sie ein. Die entsprechenden Ausbildungskapazitäten werden dauerhaft erhöht
    2. Die Hessische Landesregierung schafft insgesamt 1.000 zusätzliche Stellen in der Hessischen Steuerverwaltung
    3. Die Hessische Landesregierung legt im Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Wiedererhebung der Vermögenssteuer vor
  2. Der Magistrat wird beauftragt, alle Geschäftsbeziehungen der Stadt Frankfurt am Main mit Kredit- und Finanzinstituten einzustellen, die bei der Vermittlung von Briefkastenfirmen geholfen haben
  3. Der Magistrat wird beauftragt, sich über den Deutschen Städtetag und allen politischen Gremien, dafür einzusetzen, dass
    1. in der EU verbindliche Mindeststeuersätze eingeführt werden, um Steuerdumping zu verhindern
    2. ein Transparenzregister für sogenannte Offshore-Firmen errichtet wird, das die tatsächlich Identität von Eigentümer und Nutznießer öffentlich zugänglich macht
    3. Banken, die wiederholt Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, wie bereits vom Europäischen Parlament gefordert, die Lizenz entzogen wird.

Begründung

Am 3. April 2016 wurde bekannt, dass ein internationaler Rechercheverbund vertrauliche Unterlagen des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca erhalten hat. Aus den bisherigen Veröffentlichungen aus den sogenannten „Panama Papers“ wird deutlich, dass die Verschleierung von Geldflüssen und Vermögensverhältnissen ein nach wie vor boomendes Geschäft ist. Dabei dient die Verschleierung häufig dem Ziel Steuern zu verkürzen, Geld zu waschen oder andere zwielichtige Ziele zu erreichen.

In Frankfurt ansässige Finanz- und Geldinstitute sind ebenfalls bei der Gründung von sogenannten Briefkastenfirmen beteiligt. Damit unterstützen sie mittelbar und unmittelbar Steuerhinterziehung. Durch diese Praktiken entgehen der Kommune wichtige Steuereinnahmen. Zudem wirft es ein schlechtes Licht auf die „Finanzmetropole“ Frankfurt, wenn diese Praktiken unhinterfragt hingenommen werden.

Um dies zu unterbinden, sind internationale aber auch nationale Maßnahmen erforderlich. Das Land Hessen ist hierbei vor allem im Bereich der Steuerverwaltung gefordert und muss deutlich mehr unternehmen, um die Steuerehrlichkeit sicherzustellen. Die Deutsche Steuergewerkschaft Hessen wies zuletzt am 6. April 2016 darauf hin, dass allein in der hessischen Finanzverwaltung 1.250 Beschäftigte fehlen, um den Aufgaben gerecht werden zu können. Diese Unterbesetzung ist angesichts der massiven Unterfinanzierung der öffentlichen Kassen und des bestehenden Investitionsstaus unverantwortlich und muss mit zusätzlichem Personal behoben werden. Nur so kann die Einnahmesituation des Landes dauerhaft gesichert werden.

Darüber hinaus müssen aus den „Panama Papers“ Konsequenzen gezogen werden, die auf nationaler Ebene umzusetzen sind. Dadurch soll die völlige Anonymität von Nutznießern von Offshore-Firmen durch eine weitreichende Transparenz ersetzt, die gerechte Besteuerung von Einkommen und Gewinnen gesichert und Banken für unlautere Praktiken zur Verantwortung gezogen werden.

Die Veröffentlichungen der „Panama Papers“ weisen aber auch darauf hin, dass der Boom sogenannter Steueroasen ein massives Problem der Verteilungsgerechtigkeit ist. Zuletzt wies der Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman darauf hin, dass in Steueroasen weltweit Vermögen von 7,6 Billionen US Dollar versteckt werden. Den Staaten gingen dadurch Einnahmen von jährlich 190 Milliarden US Dollar verloren. Allein für Europa beziffert Zucman die jährlichen Steuerverluste auf 75 Milliarden Euro. Geld, das fehlt, um öffentliche Einrichtungen und Investitionen zu finanzieren, die der Allgemeinheit zu Gute kommen.

Möglich ist dies aber nicht nur aufgrund unzureichender Steuergesetzgebung, sondern auch aufgrund der zunehmenden Konzentration von Vermögen.

Neben der Steuerehrlichkeit ist aber auch die Frage der Steuergerechtigkeit dringend neu zu regeln. Eine Reihe von Veröffentlichungen und Studien haben in den letzten Jahren vermehrt deutlich gemacht, dass die Verteilung von Einkommen – aber besonders von Vermögen weltweit – besonders in Deutschland sich zunehmen zu Ungunsten der Mehrheit der Bevölkerung verschiebt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt in einer neuen Studie, dass die Vermögensungleichheit in Deutschland noch viel größer ist als bisher angenommen. Demnach besitzen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung zwischen 63 und 74 Prozent der Vermögen. Das reichste Prozent der Deutschen hält rund ein Drittel der Privatvermögen, und die reichsten 0,1 Prozent rund 15 Prozent der Vermögen. Nicht zuletzt Thomas Piketty weist darauf hin, dass dieser weltweite Trend zur Vermögenskonzentration demokratiegefährdend ist.

Es ist daher unverständlich, dass der Bund nach wie vor nicht tätig geworden ist und seine Gesetzgebungskompetenz bei der Vermögenssteuer brach liegen lässt. Nach wie vor besteht zwar ein Vermögenssteuergesetz, allerdings ist es auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in seiner gegenwärtigen Form nicht mehr anwendbar. Dadurch unterbindet der Bund die Gesetzgebungskompetenz der Länder bei der Vermögenssteuer allein durch Unterlassen und entzieht ihnen so notwendige Einnahmen. Das Land soll daher im Bundesrat initiativ werden, um seiner Einnahmeverantwortung und der Maßgabe des Artikels 47 der Hessischen Verfassung zur Besteuerung von großen Vermögen gerecht zu werden.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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