Paradieshof für Project Shelter

Über die „Beratungsgesellschaft Stadterneuerung und Modernisierung mbH“ (BSMF) hat die Stadt Frankfurt am Main die leerstehende Liegenschaft Paradiesgasse 23, bekannt als Paradieshof, im November 2015 in einem zweistufigen Nutzerauswahlverfahren zur Nutzung ausgeschrieben. Das Quartier in Sachsenhausen müsse aufgewertet werden und „der neue Paradieshof“ solle als Leuchtturmprojekt die Attraktivität des Viertels steigern. Laut Presseberichten haben sich acht Projekte beworben.

Ich frage den Magistrat:

Hat der Magistrat gesondert Gruppen auf das Nutzerauswahlverfahren aufmerksam gemacht, und warum hat der Magistrat nicht das ihm bekannte Project Shelter dazu eingeladen?

Bürgermeister Olaf Cunitz:

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Kliehm!

Das angesprochene Nutzerauswahlverfahren ist am 10. November 2015 öffentlich im Amtsblatt, im Internet sowie in verschiedenen Tageszeitungen bekannt gemacht worden. Darüber hinaus wurde die Öffentlichkeit vom Magistrat mittels Pressemitteilung informiert. Im Vorfeld des Nutzerauswahlverfahrens für den Paradieshof haben zahlreiche Interessenten Kontakt mit dem Planungsdezernat aufgenommen und ihre Nutzungsvorstellungen dargelegt. Sämtliche dieser Interessenten wurden über den Beginn des Nutzerauswahlverfahrens informiert. Der Gruppe Project Shelter stand es frei, sich ebenfalls mit einer Interessensbekundung an dem öffentlich bekannt gemachten Verfahren zu beteiligen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Es gibt eine Zusatzfrage von Herrn Stadtverordneten Kliehm. Bitte!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

(Zusatzfrage)

Bei mir entsteht dennoch der Eindruck, dass dieser Prozess eher etwas für Insider ist, die sich mit diesen komplizierten bürokratischen Dingen auskennen. Die Argumentation, warum ich das gefragt habe, ist, dass die Stadt Frankfurt immer sagt, sie hat keine Räume.

(Zurufe)

Deswegen bin ich sehr froh, dass Sie das beantworten und nicht der Kulturdezernent.

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Herr Kliehm, bitte stellen Sie Ihre Zusatzfrage. Sie geben im Moment nur Kommentare ab.

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

(fortfahrend)

Wenn mich nicht ständig jemand unterbrechen würde, könnte ich auch meine Zusatzfrage stellen.

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Das stimmt nicht. Sie haben nur darauf abgezielt, einen Kommentar abzugeben. Bitte stellen Sie Ihre Zusatzfrage.

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

(fortfahrend)

Herr Bürgermeister, wie viele leer stehende Gebäude befinden sich denn zurzeit in Anmietung oder in Besitz der Stadt Frankfurt?

(Zurufe, Heiterkeit)

Bürgermeister Olaf Cunitz:

(fortfahrend)

Sie fragen, wie viele leer stehende Gebäude die Stadt Frankfurt angemietet hat?

(Zurufe)

Es würde mich wundern, wenn wir in nennenswerter Zahl leer stehende Gebäude anmieten.

(Heiterkeit)

Wenn Gebäude leer stehen, dann zum Beispiel aus dem Grund, weil eine Sanierung ansteht und sie deswegen leer gezogen wurden. Aber in der Regel und in der jetzigen Situation ist es eigentlich so, dass ich davon ausgehe, dass für alle Gebäude eine Nutzung vorgesehen ist und diese Gebäude in verschiedenen Stadien der Sanierung, Beplanung oder zukünftigen Nutzung sind. Ich glaube, die Frage zielte vielleicht darauf ab, ob es einen großen Fundus an leer stehenden Gebäuden gibt, die sofort nutzbar sind und für die es keine Nutzungsvorstellung durch die Stadt oder durch Dritte gibt. Die haben wir in der Form nicht.

(Beifall)

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Es gibt eine zweite Zusatzfrage von Frau Stadtverordneter Tafel-Stein von der FDP-Fraktion. Bitte!

Stadtverordnete Elke Tafel-Stein, FDP:

(Zusatzfrage)

Herr Bürgermeister, sind Sie mit mir der Meinung, dass sich auch das Project Shelter an gesellschaftliche Regeln zu halten hat und dass Hausbesetzungen kein adäquates Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen sind?

Bürgermeister Olaf Cunitz:

(fortfahrend)

Jede Gruppe, die in Frankfurt für ein bestimmtes Anliegen aktiv ist, muss eigenverantwortlich entscheiden, welche Maßnahmen sie für angemessen hält, um für ihr Vorhaben zu werben. Ich glaube allerdings, im Sinne einer fairen Gleichbehandlung von Gruppen, Initiativen und Vereinen, und davon haben wir zahlreiche, die in Frankfurt einen Bedarf an Räumen und Liegenschaften haben, ist es immer gut, wenn alle Initiativen, Gruppen und Vereine mit einem durchdachten Konzept an die Stadt herantreten und ein solches einer fachpolitischen Beurteilung unterliegt.

Dann werden Sie, wie es die Stadtverordneten immer machen, auf der Basis eines solchen Abwägungsprozesses entscheiden, welche Ressourcen die Stadt Frankfurt dafür zur Verfügung stellt. Alle, die ein Anliegen haben, sollten dann auch im Rahmen eines solchen Konzeptes an die Stadtverordneten herantreten, weil ich den Weg, sozusagen ans Liegenschaftsamt heranzutreten, ohne sich diesem inhaltlichen und damit auch demokratischen Diskurs zu stellen, für schwierig halte.

(Beifall)

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