TTIP-freie Zone Frankfurt

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Die Stadt Frankfurt unterzeichnet die „Barcelona-Erklärung“ vom 21. April 2016.
  2. Die Stadt Frankfurt setzt sich auf allen politischen Ebenen dafür ein, dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente CETA nicht ratifizieren und die Verhandlungen über die Abkommen TTIP und TISA gestoppt werden.
  3. Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main wird aufgefordert, sich dem Netzwerk, das in Barcelona gegründet wurde, anzuschließen und entsprechende Aktivitäten zu unterstützen.

Begründung

In der katalanischen Metropole Barcelona haben am 21. April 2016 Bürgermeister und Stadträte von insgesamt 40 Kommunen – darunter sind Köln, Wien und Birmingham – aus über neun europäischen Ländern die „Barcelona-Erklärung“ verabschiedet. Gleichzeitig gründeten sie ein paneuropäisches Netzwerk TTIP-freier Kommunen. In der gemeinsamen Erklärung wird darauf hingewiesen, dass diese Verträge intransparent ausgehandelt werden und damit nicht demokratische und partizipative Standards erfüllen. Diese Standards dürften nicht Handelsgeheimnissen geopfert werden. Diese Verträge sind kein Gewinn für die Gesellschaft.

Europa muss soziale und ökologische Rechte, ebenso wie Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stärken und nicht den Freihandel ausweiten. Gefordert wird deshalb in der „Barcelona-Erklärung“, die Verhandlungen über TTIP und TISA auszusetzen.

Die Marktzugangsverpflichtungen im TTIP (und allen weiteren Freihandelsabkommen) gefährden die kommunale Daseinsvorsorge und wirken sich damit nachteilig für die Menschen aus. Sie gefährden das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung. Die Stadt Frankfurt am Main sollte sich deshalb eindeutig gegen diese Abkommen aussprechen und sich dem Aufruf anschließen.

Erklärung von Barcelona

Wir, die Bürgermeister*innen und gewählten lokalen Vertreter*innen, die wir an dem ersten Paneuropäischen Treffen „Kommunen und die neue Generation von Freihandelsabkommen“ teilgenommen haben, erklären:

Die Europäische Kommission hat  auf Grundlage eines Mandats der Mitgliedstaaten die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über ein transatlantisches Handels- und Investitionsabkommen (TTIP), mit Kanada über ein umfassendes Wirtschaftshandelsabkommen (CETA), und über das Handels- und Dienstleistungsabkommen (TISA) aufgenommen. Diese Verträge werden intransparent ausgehandelt und erfüllen damit nicht die europäischen demokratischen und partizipativen Standards.

Wir glauben, dass Transparenz nicht Handelsgeheimnissen geopfert werden darf. Lokale und regionale Entscheidungsträger*innen müssen als integraler Bestandteil bei der Aushandlung der Mandate beteiligt sein.

Heute befindet sich Europa an einem Scheideweg. Die Krisen, die die EU gerade erlebt, erfordern eine politische Lösung. Daher sind wir der Meinung, dass Europa zentrale Werte wie Solidarität, die Achtung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt seiner Politik stellen muss. Es ist anzuzweifeln, dass diese neue Generation von Handelsabkommen für die Gesellschaft als Ganzes von Nutzen ist. Europa darf seine Wirtschaft nicht nur auf Freihandel aufbauen, sondern muss auch soziale und ökologische Rechte, ebenso wie Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stärken.

Wir sind zutiefst darüber besorgt, dass diese Verträge unsere legislativen Handlungsspielräume und unsere Möglichkeiten, öffentliche Mittel einzusetzen (einschließlich der öffentlichen Beschaffung) beschränken und uns außerdem stark in unserer Kernaufgabe behindern, Menschen in Fragen der Daseinsvorsorge zu unterstützen: Wohnen, Gesundheit, Umwelt, soziale Dienste, Bildung, lokale wirtschaftliche Entwicklung oder Ernährungssicherheit.

Darüber hinaus sind wir über die Tatsache beunruhigt, dass diese Abkommen demokratische Prinzipien gefährden, indem sie den politischen Rahmen wesentlich reduzieren und die öffentliche Entscheidungsfreiheit einschränken. Die Durchsetzung einer ganzen Reihe von Maßnahmen wird tiefgreifende Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung haben. Das betrifft insbesondere Instrumente wie das Investor-Staat Streitschlichtungsverfahren (ISDS) oder das Internationale Gerichtssystem (ICS), die Regulatorische Kooperation in TTIP, sowie Änderungen bei der Regelung öffentlicher Dienstleistungen und des öffentlichen Beschaffungswesens.

Wir erkennen die Bedeutung des Handels von Waren und Dienstleistungen für das Wohl der Bevölkerung an, aber wir betonen, dass Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum nicht die einzigen Kriterien bei der Verhandlung von Freihandelsabkommen wie TTIP, CETA und anderen (wie TISA) sein dürfen.

Wir glauben, dass internationaler Handel auf Kriterien basieren muss, die nicht bloß auf die Ausweitung von Freihandel beschränkt sind. Wir müssen einen Handel verteidigen, der fair und nachhaltig ist, und der Arbeitnehmer*innenrechte wahrt.

Wir halten es für unsere Pflicht als gewählte Vertreter*innen, lokale Gemeinschaften und demokratische Institutionen als Räume für Debatten und Entscheidungsfindungen zu erhalten, die öffentliche Verwaltung zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger  zu stärken, die Umwelt zu schützen, sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und die lokale Wirtschaft zu unterstützen.

Wir fordern, dass die derzeitigen Verhandlungen über TTIP und TISA so lange ausgesetzt werden, bis den Anliegen von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Ratifizierung eines jeden dieser Verträge in vollem Umfang Rechnung getragen wird.

Wir beglückwünschen die sozialen Bewegungen, die diese europäische Debatte ermöglicht haben, drücken unsere Anerkennung für ihren Beitrag aus und laden sie ein, ihre Arbeit fortzusetzen.

Vor diesem Hintergrund fordern wir, dass die derzeitigen Verhandlungen über TTIP und TISA ausgesetzt werden und ein neues Mandat unter Berücksichtigung der Forderungen derjenigen, die bisher nicht befragt worden sind, ausgehandelt wird. Desweiteren fordern wir das Europäische Parlament, den Europäischer Rat und die nationalen Regierungen auf, CETA nicht zu ratifizieren.

Diese Erklärung ist von allen anwesenden Städten verabschiedet worden und kann zukünftig von allen Kommunen und Landkreisen unterzeichnet werden, die sie unterstützen. Sie wird den Verantwortlichen in der Europäischen Union, den nationalen Regierungen und zuständigen Institutionen und Organisationen übergeben.

Barcelona, den 21. April 2016

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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