Geschlechtergerechtigkeit auf den Bühnen der Stadt Frankfurt am Main

Im Rahmen des internationalen Frauentages 2018 trafen sich erstmalig etwa 350 Theatermacherinnen. Sie kamen aus ganz Deutschland zur Konferenz Burning Issues in Bonn-Bad Godesberg zusammen, um sich über die ungleichen Chancen für Frauen in der Theaterbranche auszutauschen und eine Vernetzung zu starten. Die Initiatorinnen stellten die hierarchischen und patriarchalen Strukturen im deutschen Theater explizit heraus.

2016 wurde die Studie Frauen in Kultur und Medien. Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, Entwicklungen und Lösungsvorschläge vom Deutschen Kulturrat zur Geschlechtergerechtigkeit im deutschen Kulturbetrieb herausgegeben. 2017 folgte die von der damaligen Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters in Auftrag gegebene Studie Frauen in Kultur und Medien. Ein europäischer Vergleich. Mit den Daten lassen sich klare Fakten benennen und Defizite ausmachen. Durch diese Grundlage können Ziele formuliert und Wege bzw. Lösungsansätze entworfen werden.

So verweisen beide Studien darauf, dass es vor allem in Bezug auf die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen noch Nachholbedarf in Deutschland gibt – Deutschland ist Schlusslicht. Obwohl bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Fortschritte zu erkennen sind, lässt sich weiterhin erkennen, dass sich die Unvereinbarkeit besonders auf Frauen negativ auswirkt. Der Verein Pro Quote Bühne, eine wachsende Gruppe von Bühnen-Regisseur*innen und anderen Theaterschaffenden in Deutschland, die sich für eine paritätische Besetzung stark machen, prangert an, dass 78 Prozent der Theater von Direktoren und Intendanten geleitet werden, 70 Prozent aller Inszenierungen auf großen Bühnen von Regisseuren inszeniert und drei Viertel der Stücke von Männern geschrieben wurden, während Frauen eher die unsichtbare Arbeit übernehmen. So gibt es eine geschlechterparitätische Aufteilung lediglich bei den Regieassistenzaufgaben, und der Niedriglohnjob des Soufflierens ist sogar zu 80 Prozent weiblich besetzt.

Strukturell betrachtet fällt auf, dass gerade Frauen ab 45 Jahren und Frauen of Color kaum eine Rolle auf der Bühne, im Ensemble oder als Regie-Handschrift in den Inszenierungen spielen. Je älter sie ist, je weniger tritt die Frau in der Öffentlichkeit auf. Schwarze sind derart unterrepräsentiert, dass sie nicht selten von geschminkten Weißen gespielt werden – eine rassistische Praxis, die unter dem Namen „blackfacing“ bekannt ist. Die Erfahrungen und Lebenssichten dieser Frauen werden gering gespiegelt und vertreten. Sie sind weitestgehend unsichtbar.

Die Ungleichheit zwischen und innerhalb der Geschlechter findet auf personeller, struktureller sowie inhaltlicher Ebene statt. Dies lässt sich an Bühnen in ganz Deutschland und Europa feststellen. Diese Ungleichheit steht einem demokratischen Verständnis entgegen und verhindert im Kulturbetrieb die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, deren Förderung und Schutz 2005 in Paris von der UNESCO beschlossen wurde.

Frankfurt muss sich an Geschlechtergerechtigkeit und Förderung der künstlerischen Vielfalt ausrichten. Ein Überblick über die aktuelle Geschlechterverteilung in der Frankfurter Oper, dem Schauspiel, dem Mousonturm und der überwiegend öffentlich finanzierten Dresden Frankfurt Dance Company kann Auskunft über die aktuellen Verhältnisse geben.

Der Magistrat wird daher gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wie viele Stücke wurden in den letzten 5 Jahren von Männern, wie viele von Frauen inszeniert? Bitte für das jeweilige Haus und auch in Haupt- und Nebenspielstätten aufgegliedert sowie in Prozent angeben.
  2. Wie viele der Bühnenstücke aus den letzten 5 Jahren wurden von Männern, wie viele von Frauen geschrieben? Wo zutreffend bitte für das jeweilige Haus und auch für Haupt- und Nebenspielstätten aufgegliedert sowie in Prozent angeben.
  3. Wie ist in den jeweiligen Häusern der gesamte künstlerische Etat auf Männer und Frauen verteilt?
  4. Wie ist in den betreffenden Häusern die Summe der Regiehonorare auf weibliche und männliche Regiseur*innen und Regiegäste verteilt?
  5. Wie ist in den betreffenden Häusern der Geschlechterschlüssel in den darstellenden und musischen Berufsfeldern, also in den Ensembles und den Tanzgruppen sowie bei den Komponist*innen/ Dirigent*innen/ Repetitor*innen? Bitte auch für die Gäste in den jeweiligen Sparten angeben.
  6. Wie ist in den betreffenden Häusern der Geschlechterschlüssel in den Produktionsteams, insbesondere in der Regie, in der Dramaturgie, der Choreographie und bei den Autor*innen? Bitte auch für die Gäste in den jeweiligen Sparten angeben.
  7. Wie sind die verschiedenen Leitungsfunktionen der betreffenden Häuser nach Geschlecht gegliedert besetzt?
  8. Gibt es bei den Leitungsstellen, wie auch bei den Mitarbeiter*innen hinter der Bühne bzw. in den Produktionsteams, einen Gender-Pay-Gap und wenn ja, wie groß ist dieser in den jeweils einzelnen Arbeitsbereichen innerhalb der Häuser?
  9. Welche Maßnahmen wurden und werden in den betreffenden Häusern unternommen, um für alle Mitarbeiter*innen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, vor allem in Hinblick auf Angebote zur Kinderbetreuung und familienfreundliche Probe- und Arbeitszeiten zu fördern?
  10. Welche Maßnahmen wurden und werden in den betreffenden Häusern unternommen, damit die Bühnen die Belange aller Menschen widerspiegeln, damit gesellschaftliche Rollenbilder thematisiert und hinterfragt werden?
  11. Wie waren bislang die Kommissionen nach Geschlecht gegliedert besetzt, in deren Verantwortung die Besetzung der Intendanzen/ Direktionen fällt? Gibt es Bestrebungen, diese paritätisch zu besetzen?
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