Produktbereich: 16 Nahverkehr und ÖPNV
Projektgruppe: 16.11 Förderung Öffentlicher Personennahverkehr
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Eine Quartiersbuslinie, beispielsweise die Linie 42 in Bergen-Enkheim oder die Linie 29 im Frankfurter Norden, wird als Pilotprojekt entgelt- und fahrscheinlos betrieben. Die Fahrgastentwicklung während des Pilotbetriebes wird durch Zählungen dokumentiert und die Auswirkung auf den Stadtteil wissenschaftlich begleitet. Nach einem Jahr erfolgt ein Bericht an die Stadtverordnetenversammlung, die über eine Fortführung, eine Ausweitung oder das Ende des entgeltfreien Pilotprojektes beschließt.
Begründung
Gesellschaftliche Teilhabe ist im hohen Maße auch von einer hinreichenden Mobilität der Einwohnerinnen und Einwohner abhängig. Gerade am Stadtrand stellt der motorisierte Individualverkehr oft noch eine attraktivere Option dar. Es ist für viele einfacher und schneller, mit dem eigenen Auto zu fahren, sofern sie es sich leisten können.
Die Umstellung der Quartiersbuslinie auf einen entgeltfreien Betrieb steigert unmittelbar die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs. Insbesondere Bevölkerungsgruppen, die nicht selbst ein Fahrzeug führen können – Kinder, Jugendliche und Senioren – werden so mobiler und in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe z.B. in Sportvereinen gestärkt. Für andere wird es einfacher und stressfreier, das eigene Fahrzeug stehen zu lassen. Die zunehmende gewohnheitsmäßige Nutzung der öffentlichen Alternative wird zur dauerhaften Verhaltensänderung beitragen. Die Quartiersbuslinien 42 und 29 erschließen dabei nicht nur die Stadtteile, sondern sind auch an überregionale Einkaufszentren angebunden, weswegen sie sich besonders eignen.
Das Konzept des entgeltlosen Nahverkehrs wurde international bereits mehrfach erprobt. Welche Vorteile der innerstädtische Nulltarif mit sich bringt, zeigt das Beispiel der belgischen Stadt Hasselt. Vor der Installation des kostenfreien Systems gab es dort auf zwei Linien nur acht Stadtbusse mit 360.000 Fahrgästen pro Jahr. Nach der Umstellung im Jahr 1996 stieg die Zahl der Fahrgäste innerhalb von zwölf Monaten auf 2,7 Millionen. Zehn Jahre später nutzten etwa 4,5 Millionen die 46 Busse auf elf Linien. Die Stadtverwaltung wertet das geschaffene Angebot als Erfolg. Vierspurige Straßen konnten auf zwei Spuren zurückgebaut werden, weil die breiten Verkehrsadern nicht mehr benötigt werden. Die Einkaufsstraßen wurden autofrei, die Innenstadt ist heute verkehrsberuhigt, und es gibt weniger versiegelte Oberflächen. Die Umsetzung dieses Verkehrskonzeptes hat außerdem dazu geführt, dass bis zu 30% mehr Menschen in die Stadt kommen und die Umsätze des Einzelhandels seit der Umgestaltung stiegen.
Ein aktuelles Beispiel ist auch die estnische Hauptstadt Tallinn (Bevölkerung: 423.000), die zu Beginn des Jahres 2013 den entgeltlosen Nahverkehr eingeführt hat.
Da die Umstellung des Nahverkehrs einer Großstadt wie Frankfurt in einer Metropolregion und in einem Verkehrsverbund nicht mit einer Kleinstadt wie Hasselt vergleichbar ist, sprechen wir uns für einen ersten Schritt in zeitlich und räumlich begrenztem Umfang aus. Die Quartiersbuslinien am Stadtrand bieten sich dafür besonders an, da sie keine Tarifgrenzen überschreiten und direkt Auswirkungen auf den Stadtteil beobachtet werden können.
Antragsteller
Stadtv. Herbert Förster
Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Luigi Brillante
Pingback: “Entgeltfreie Quartiersbuslinie” | Nachrichten aus dem Frankfurter Römer