Gebührenkatalog der Bundespolizei

Kontext: Wortprotokoll über die 40. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, den 27. Fabruar 2020 (16.00 Uhr bis 23:16 Uhr), TOP 3, 38. Fragestunde.

Stadtverordneter Martin Kliehm, Fraktion DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrte Damen und Herren!

„Bezahlte Repression“, „Aushöhlung der Freiheitsrechte“, das sind nur zwei von vielen Überschriften, die im Zusammenhang mit der neuen Gebührenordnung der Bundespolizei zu lesen waren. Es geht da, auch wenn die Bundespolizei in Koblenz es anders sieht, im Wesentlichen um Frankfurterinnen und Frankfurter, und deswegen geht es auch uns als Stadtverordnetenversammlung etwas an.

Ich möchte ein Beispiel nennen: Fußballvereine. Bei der Anreise zu Fußballspielen werden regelmäßig Fußballfans eingekesselt. 250 Fans von St. Pauli, 179 Fans von Werder Bremen, 600 Fans vom KSC. Da reicht es, wenn eine einzige Person ein Bengalo zündet, dass dann 200 Leute eingekesselt werden. Nach der neuen Gebührenordnung der Bundespolizei kostet eine Identitätsfeststellung nebst Platzverweis 98,40 Euro. Ich dachte, dafür zahlen wir Steuern. Aber nein, die Bundespolizei möchte dafür jetzt eigene Gebühren erheben. Das wird als die Strafe vor der Strafe bezeichnet. Kein Gericht hat festgestellt, dass irgendjemand von diesen Personen straffällig geworden ist, und dennoch erhalten sie eine Rechnung von 98,40 Euro.

Ich lese einmal die anderen Sachen vor: Identitätsfeststellung 53,75 Euro, Ingewahrsamnahme 74,15 Euro, 15 Minuten Fahrt auf die Wache kosten 15,69 Euro, erkennungsdienstliche Behandlung 59,50 Euro, 15 Minuten in Gewahrsam 6,50 Euro und ein Platzverweis 44,65 Euro. Wenn Sie jetzt weitergehen: Abschiebungen sollen in Rechnung gestellt werden. Ein Flug nach Kabul dauert etwa acht Stunden, zwei begleitende Polizeibeamte sind dabei, das macht 1.600 Euro, und die Flugkosten sind noch nicht einmal enthalten.

Racial Profiling an Bahnhöfen ist gang und gäbe. Rassistische Kontrollen, von denen uns immer gesagt wird, die gäbe es nicht, finden aber nun einmal statt, nun auch auf Kosten der Diskriminierten. Ebenso in Frankfurt. Das betrifft auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts. Ich erinnere an den Naziaufmarsch vom 1. Mai 2013, als 800 Personen mehrere Stunden eingekesselt wurden, wobei am Ende nur sehr wenige Klagen herauskamen. Jeder von denen hätte mehrere Hundert Euro an Kosten auferlegt bekommen. Anwälte raten daher zu Einspruch und Klage. Ich rate ebenfalls zur Beratung durch die Rote Hilfe für alle von Repressionen betroffenen Personen.

Vielen Dank!

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