Die Opfer nicht zusätzlich bestrafen – Wohnraum für Zwangsgeräumte

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der Magistrat wird beauftragt, zukünftig in Fällen von Zwangsräumungen den Betroffenen geeigneten Wohnraum anzubieten.
  2. Der Magistrat soll prüfen und berichten, welche leerstehenden Wohn- und Bürogebäude in geeigneten Wohnraum zur Unterbringung von Menschen, die von Zwangsräumung bzw. Obdachlosigkeit betroffen sind, genutzt bzw. umgewandelt werden können.

Begründung

Das Amt für Wohnungswesen hat die gesetzliche Räumungsfrist für die Bewohnerinnen und Bewohner der überbelegten Liegenschaft in der Friedberger Landstraße 98 bis zum 12. Dezember 2014 verlängert, weil die Aussicht bestand, dass das Sozialdezernat bis dahin alle Betroffenen anderweitig unterbringen kann. Dieses Engagement ist begrüßenswert. Bisher wird jedoch nicht den spezifischen Anforderungen und Bedürfnissen beispielsweise von Großfamilien Rechnung getragen. Die Roma-Familien werden auseinander gerissen und in verschiedenen Unterkünften (z.B. Hotels) getrennt untergebracht.

Dem Förderverein Roma e.V. sind noch weitaus prekärere Fälle bekannt. Die Romafamilien aus der Friedberger Landstraße 98 hatten alle eine Anbindung an Arbeit und dadurch eine Anspruchsberechtigung auf ALG II und deswegen auch auf Unterbringung. Außerdem gibt es einen regulären Mietvertrag, d.h. dass der rechtliche Status weitaus besser ist als für die Menschen, die obdachlos sind, sich noch nie anmelden konnten und für die zur Zeit überhaupt keine Unterbringungen erreicht werden kann. Das betrifft Menschen, die in irgendwelchen Gartenhütten, leeren Häusern oder tatsächlich auf der Straße oder B-Ebene nächtigen.

Auch die Räumung des bewohnten Firmengeländes im Gutleutviertel (Bericht in der Frankfurter Neuen Presse vom 28. November 2014) macht ein zwingendes Handeln für die Menschen erforderlich. Die Betroffenen sind nun auch wie andere Obdachlose darauf angewiesen, einen Übernachtungsplatz in der B-Ebene zu ergattern oder in der Notunterkunft im Ostpark zu übernachten.

Dramatisch ist der Fall einer 77-jährigen Romni, die im August 2012 verstarb. Das Gesundheitsamt hatte im Sommer 2012 empfohlen, die wohnsitzlose Frau in einer Einzelunterkunft unterzubringen, weil sie eine hoch infektiöse Verletzung hatte. Das Sozialamt hat damals die Unterbringung in einem Einzelzimmer verweigert. Der Frau wurde lediglich ein Rückreiseticket nach Rumänien angeboten. Die Obdachlose hat dieses Angebot nicht angenommen und war zwischenzeitlich aber in der Obdachlosenunterkunft im Ostpark untergebracht. Auch andere Träger, die mit Obdachlosen arbeiten, haben berichtet (siehe Frankfurter Rundschau vom 4. Dezember 2014) dass in ähnlichen Fällen auch keine adäquate Unterkunft zur Verfügung gestellt werden konnte.

Einer reichen Stadt wie Frankfurt steht es nicht gut an, den Betroffenen keinen geeigneten Wohnraum zur Verfügung zu stellen und ihnen damit jegliche Perspektive zu entziehen. Zumindest für ausreichend geeigneten Wohnraum könnte kurzfristig gesorgt werden, es stehen genügend Liegenschaften und Bürogebäude leer, die in geeignete Wohnungen umgewandelt werden können. Mit unserem Antrag „Obdachlosen kurzfristig Wohnraum zur Verfügung stellen“ (NR 777/2014) haben wir im Januar 2014 gefordert, dass ein leerstehendes städtisches Gebäude zur Zwischennutzung als Wohnraum für Obdachlose zur Verfügung gestellt werden soll oder, falls dies nicht möglich ist, auf private Eigentümer zuzugehen, um eine geeignete Liegenschaft zu finden. Dieser Antrag wurde von Schwarz-Grün abgelehnt.

Auch aufgrund des enormen Drucks durch die öffentliche Berichterstattung über die Verhältnisse in der Friedberger Landstraße 98 sind die städtischen Ämter in Bewegung gekommen. Die generelle Praxis der Stadt Frankfurt, nur minimalste Hilfen zu leisten, muss kritisiert werden. Nicht das, was menschlich geboten ist, wird gemacht, sondern nur das, wofür eine rechtliche Verpflichtung besteht.

Antragsteller*innen

  • Stadtv. Carmen Thiele
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Lothar Reininger
  • Stadtv. Luigi Brillante
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Dr. Peter Gärtner
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