Gentrifizierung des Bahnhofsviertels

Kontext: Wortprotokoll über die 49. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, dem 25. Februar 2016 (16.00 Uhr bis 21:44 Uhr), TOP 3, Aktuelle Stunde

Stadtverordneter Martin Kliehm, DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrter Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren!

Wir haben im Bahnhofsviertel schon eine sehr starke Gentrifizierung, und meines Erachtens regt der Magistrat durch diese Maßnahmen, wie sie in der Frage genannt wurden, wie beispielsweise das TAB, die Gentrifizierung noch weiter an. Eine Zeitung nannte das TAB eine „Oase der Gutsituierten“. Herr Frank, wenn Sie nicht nur zu solchen Events gehen würden, sondern auch sonst einmal schauen würden, würden Sie sehen, dass man junge Leute nicht ins Bahnhofsviertel bringen muss. Da sind bereits sehr viele, die sich dort auskennen. Es gibt eine Vielzahl an Kultur und Musikclubs, bei denen gerade ein Angebot für jüngere Menschen besteht. Das heißt, man muss eigentlich in bestimmten Kreisen keine Werbung mehr dafür machen. Zu den anderen, die es nötig haben, dafür Werbung zu bekommen und dann After Work so eine Elendstour zu machen: Da weiß ich nicht, ob das dem Bahnhofsviertel unbedingt guttut. Ich denke, wir wären gut damit beraten, wenn das Bahnhofsviertel kein zweiter Prenzlauer Berg wird mit den ganzen Umständen, die wir dort haben.

Insofern wundert mich das eigentlich auch nicht, dass manche dann nicht von einer Aufwertung, sondern vom Niedergang des Bahnhofsviertels in diesem Zusammenhang sprechen. Denn meines Erachtens brauchen wir dort nicht mehr Urbanität, dort ist bereits Urbanität. Das Bahnhofsviertel ist das bunteste und multikulturellste Viertel, das wir in der Stadt haben. Meines Erachtens ist es auch kein Ersatz, wenn vielleicht in Zukunft in der Kaiserpassage eine Lebensmittelkette aufmacht anstelle der althergebrachten Kleinbetriebe mit migrantischem Hintergrund. Auch die internationale Gastronomie haben wir bereits im Bahnhofsviertel. Wenn dort jetzt an jeder Ecke Starbucks- und Burgerläden aufmachen würden, wäre das für mich nicht unbedingt die Aufwertung, die ich in meiner Stadt sehen möchte.

(Beifall)

Die bisherige Kultur war vielleicht unterhalb Ihres Radars, ich finde es aber bezeichnend – Frau Purkhardt hat das gerade gesagt –, dass, wenn dann einmal so etwas wie das Yok Yok kommt, Frankfurts erstes richtiges Späti, gleich das Ordnungsamt auf der Matte steht. Da müsste Frankfurt noch ein bisschen mehr urban werden.

Zur Videoüberwachung vielleicht nur kurz, ich hatte das auch im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit gesagt, sie verhindert keine Gewalt. Wir sehen eine Verdrängung in die Taunusstraße. Wir brauchen nicht an jeder Ecke irgendwelche Kameras. Wir brauchen mehr sichtbare Polizei auf der Straße, die dort auch mobil ist und nicht nur, wie es Herr Bereswill im Ausschuss gesagt hat, irgendwo an der Ecke steht und grimmig guckt. Polizei und Sozialarbeit auf der Straße, das wäre die Lösung für dieses Viertel. Wir müssen der dortigen Problematik mit sehr viel Sensibilität begegnen. Vielen Dank!

(Beifall)

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