Funktionsunfähigkeit der Ausländerbehörde

Die Frankfurter Ausländerbehörde ist immer wieder in der Kritik, weil Menschen die Behörde nicht erreichen können. Es ist immer wieder zu hören, dass telefonische Anfragen an die Behörde nicht gerichtet werden können, weil niemand abhebt. Menschen werden nach langen Wartezeiten wieder weggeschickt, weil die Sprechstunden zu Ende sind. Dem Magistrat wurden diese Zustände schon vorgetragen. Er verwies im Mai 2016 auf die DIN ISO 9001 Zertifizierung der Behörde und sah keinen Handlungsbedarf.

Ich frage den Magistrat:

Wie erklärt sich der Magistrat die Diskrepanz zwischen DIN Zertifizierung und realen Erfahrungen?

Stadtrat Markus Frank

Frau Vorsteherin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Ayyildiz!

Zunächst möchte ich einmal festhalten, dass wir natürlich begrüßt haben, dass die Ausländerbehörde vor zehn Jahren angefangen hat, sich zertifizieren zu lassen. Dieser Zertifizierungsprozess hat dazu geführt, dass man von außen auf die Behörde geschaut und tatsächlich viele Verbesserungsmöglichkeiten umgesetzt hat.

Das Zweite ist, ich habe im Mai erwähnt, dass wir zertifiziert sind. Ich habe aber nicht gesagt, dass es keinen Handlungsbedarf gibt, sondern wir hatten zu diesem Zeitpunkt schon viele neue Stellen über das POA angefordert. Ich werde Ihnen jetzt noch einmal beleuchten, was wir in der Zwischenzeit alles gemacht haben, wo Handlungsbedarf bestand und aktuell noch immer besteht. Aber hinsichtlich der Zustände, wie wir sie vor eineinhalb Jahren hatten und jetzt haben, gibt es eben große Unterschiede und das bedeutet, dass unsere Ausländerbehörde zurzeit sehr viel zu tun hat.

Die Frankfurter Ausländerbehörde, meine Damen und Herren, ist eine der größten Ausländerbehörden in Deutschland. Die Mitarbeiter der Ausländerbehörde sind extrem wichtig für uns. Frankfurt am Main ist eine internationale Stadt. Wir leben auch davon, dass Menschen aus vielen Kontinenten hier in Frankfurt einen guten Start bekommen, und diese Menschen unterstützt die Ausländerbehörde. Gleichwohl ist zu sagen, dass die Ausländerbehörde gerade in den letzten Jahren sehr viel zusätzliche Arbeit bekommen hat. Seit dem Jahr 2011 ist allein das Aufenthaltsgesetz 27-mal gravierend verändert worden. Das bedeutet für die Mitarbeiter, die Spielregeln immer wieder neu zu erfassen und zu erlernen. Wir haben in den letzten fünf Jahren durch die zusätzlichen Aufgabenstellungen, wie zum Beispiel die Einführung des elektronischen Aufenthaltstitels, einen zusätzlichen Personalbedarf von über 18 Stellen festgestellt, haben diesen angemeldet und mittlerweile auch umsetzen können.

Wenn ich mir die Veränderung des Ausländerzentralregisters von 2011 bis heute anschaue, dann haben wir 173.000 ausländische Staatsangehörige im Jahr 2011 zu verzeichnen gehabt, mittlerweile sind es 213.000 ausländische Staatsangehörige. Das ist ein gutes Bild. Das heißt, Frankfurt ist auch für die Menschen attraktiv, die nicht aus Deutschland kommen, aber das bedeutet auch 25 Prozent mehr Kundschaft für die Ausländerbehörde. Die Situation seit September des letzten Jahres ist Ihnen auch hinlänglich bekannt. Wir haben mit Hilfe von vielen hier in diesem Raum dafür gesorgt, dass wir viele Menschen aufnehmen konnten. All die Menschen, die zu uns gekommen sind, sind auch zusätzliche Fälle für die Ausländerbehörde und oft keine einfachen, sondern komplexe Fälle. All das zusammen bedeutet, dass sich die Arbeitssituation in der Ausländerbehörde grundlegend verändert hat und die Ausländerbehörde zusätzliche Unterstützung benötigt. Wir haben, wie gesagt, in den letzten Jahren ordentlich zusätzliche Stellen geschaffen. Aber die Problematik ist, die richtigen Leute für diese Stellen zu finden. Wir erleben auf der einen Seite Zuwanderung, auf der anderen Seite spüren wir auch den Fachkräftemangel. Insbesondere bei Behörden wie der Ausländerbehörde und bei der Zulassungsstelle haben wir ein ähnliches Problem. Kollege Schneider spürt diesen Mangel im Bürgeramt, Daniela Birkenfeld in weiten Bereichen überall dort, wo wir an der vordersten Linie stehen. Dort, wo die Sachverhalte schwieriger werden, hat die Stadt zurzeit große Probleme, diese Stellen tatsächlich zu besetzen. Wir sind gerade dabei und machen das schon seit September des letzten Jahres, alle organisatorischen Maßnahmen durchzuführen, um für Abhilfe zu sorgen. Das bedeutet, dass wir eine große Anzahl externer Kräfte aktiviert haben, um die guten Mitarbeiter, die wir in der Ausländerbehörde haben, weiter zu unterstützen. Wir haben Leute engagieren können, die jetzt zusätzlich auch Hilfsarbeiten leisten, um die Entscheider von solchen Arbeiten zu entlasten. Die neuen Stellen, die wir geschaffen haben, konnten wir schon besetzen, aber wir sind noch mitten in der Ausbildungsphase. Das bedeutet, wir werden noch viele Monate brauchen, um zu dem Standard zurückzukommen, den wir gerne bei unserer Ausländerbehörde hätten. Das führt dazu, dass manche Bereiche eingeschränkt arbeiten müssen.

Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Dr. Renate Wolter-Brandecker

Vielen Dank! Es gibt eine Zusatzfrage von Herrn Kliehm. Bitte schön!

Stadtverordneter Martin Kliehm, DIE LINKE. im Römer

Herr Frank, vielen Dank für die Aussicht, dass in Zukunft mehr Mitarbeiter bei der Ausländerbehörde arbeiten werden. Wenn wir allerdings hören, wie jetzt in der Eingabe des Magistrats, die Sie sicherlich auch kennen, dass zum Teil schon um 4.00 Uhr morgens Menschen vor der Ausländerbehörde stehen, damit sie vielleicht um 8.00 Uhr reinkommen, dass um 7.00 Uhr schon so lange Schlangen sind, dass man zwei Stunden warten muss, um dann nach zwei Stunden vor der Tür noch einmal zwei Stunden zu warten, um dranzukommen, weil es keine Wartenummern mehr gibt, dann stellt sich mir die Frage, und diese richte ich an Sie: Wann werden wir bei der Ausländerbehörde das erreichen, was wir zum Beispiel bei dem Zentralen Bürgeramt haben, nämlich dass 80 Prozent der Menschen maximal 15 Minuten warten müssen. Wie viel Personal brauchen Sie dafür?

(Zurufe)

Stadtrat Markus Frank

(fortfahrend)

Das Personal, das wir benötigen, haben wir angemeldet. Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich beim Magistrat bedanken. Der neue Personaldezernent ist einer, der sich intensiv um die Dinge kümmert und uns als Ordnungsbehörde auch stark unterstützt hat. Vielen Dank noch einmal dafür, lieber Herr Majer. Aber wie gesagt, auf der anderen Seite müssen wir die richtigen Leute finden, die eben auch in der Lage sind, diesen schwierigen Job am Ende umzusetzen. In dem Bereich muss man sehr viel Know-how haben und gut ausgebildet sein. Wir haben auf dem Stellenmarkt einen großen Engpass. Wir sind dabei, mit sehr viel kreativen Mitteln dafür zu sorgen, dass wir die guten Mitarbeiter, die wir bisher haben, und die im direkten Kundenkontakt stehen, von allen anderen Arbeiten entlasten und dazu werden alle organisatorischen Maßnahmen durchgeführt, die man sich vorstellen kann. Aber wir brauchen dazu einige Monate. Die Situation hat sich im letzten Jahr komplett verändert. Ich habe Ihnen eben die Zahlen dargelegt. Die Kundschaft hat sich um 25 Prozent vergrößert, dazu kommen noch einmal die Menschen, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind. Das sind keine einfachen Fälle, das sind oft verzwickte Fälle. Da ist das gesamte Know-how der Mitarbeiter gefragt und das führt dazu, dass wir zurzeit einen Engpass haben.

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