Quote der Auszubildenden mit Migrationshintergrund

Die Erhöhung der Beschäftigten mit Migrationshintergrund spiegelt die Fortschritte bei den Integrationsbemühungen wider.

Auch in diesem Jahr haben viele Jugendliche eine Ausbildung innerhalb der Gemeindeverwaltung aufgenommen. Die Anzahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund zu erhöhen, ist ein Ziel der Stadtpolitik. Dies ist ein wichtiger Indikator für die Integrationspolitik der Stadt. Daran lässt sich messen, ob die Integration in Frankfurt fortschreitet.

Daher frage ich:

Wie hoch ist die Quote der Auszubildenden mit Migrationshintergrund, die bei der Stadt im Bereich der Verwaltungs- und fachspezifischen Berufe tatsächlich eine Lehrstelle angetreten haben, und welche Nationalität besitzen die Auszubildenden ohne deutschen Pass?

Antwort des Magistrats:

Stadträtin Dr. Manuela Rottmann:

Sehr geehrter Herr Stadtverordneter Brillante, ich verstehe Ihr Interesse an dieser Frage, ich werde sie aber nur eingeschränkt beantworten können. Ich hoffe, Sie werden verstehen, warum.

Im Bericht des Magistrats vom 21.06.2011, B 299, wurde ausgeführt, dass die fehlende allgemeinverbindliche und unverwechselbare Definition des Begriffes „Migrationshintergrund“ und die vorhandenen personenbezogenen Daten in den städtischen Personalverwaltungssystemen nur sehr begrenzt die Frage nach einem Migrationshintergrund beantworten lassen. Auch wurde ausgeführt, dass die Faktoren Staatsangehörigkeit und Geburtsort/Geburtsland, die einen entsprechenden Rückschluss zulassen, in der nachwachsenden Generation immer weniger aussagekräftig sind.

Für Auszubildende gilt gleichermaßen, dass personenbezogene Daten von Bewerberinnen und Bewerbern nur insoweit erhoben werden dürfen, wie sie für das Ausbildungsverhältnis von unmittelbarer Relevanz sind. Mit einem durchaus hohen manuellen Aufwand wurde versucht, eine Antwort auf die Frage zu geben, insbesondere wurden Namensangaben und Angaben zu einer Muttersprache aus den Einstellungsunterlagen herangezogen, die eindeutig auf einen Migrationshintergrund schließen lassen. Insoweit kann mitgeteilt werden, dass von den 109 Auszubildenden, die am 01.09.2011 in den Verwaltungs- und kaufmännischen Berufen oder als Fachinformatikerin oder Fachinformatiker ihre Ausbildung beim Personal- und Organisationsamt beginnen, mindestens 26 einen Migrationshintergrund haben. Das sind 24 Prozent, mindestens auf der Grundlage der offenkundigen Merkmale. Die Nationalitäten der neun neuen Auszubildenden ohne deutschen Pass verteilen sich wie folgt: bosnisch-herzegowinisch, griechisch, italienisch, kroatisch, litauisch, polnisch, spanisch und türkisch. Prinzipiell können genauere Angaben über den Status Migrationshintergrund nur durch die persönliche Befragung der Auszubildenden gewonnen werden. Der Magistrat hält aber die Gewinnung von derlei persönlichen Daten, auch vor dem Hintergrund der Datensparsamkeit, für datenschutzrechtlich bedenklich. Darüber hinaus ist eine solche Befragung von Auszubildenden aus unserer Sicht nicht dazu geeignet, das Vertrauen in eine diskriminierungsfreie Umgebung zu stärken, wenn eine der ersten Fragen im Dienstverhältnis nach einem ausländischen Elternteil beziehungsweise deren Einbürgerung lautet. Vor diesem Hintergrund können wir nur diese andeutungsweisen Zahlenangaben machen.

(Beifall)

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Vielen Dank, Frau Dr. Rottmann! Es gibt eine Zusatzfrage von Herrn Brillante.

Stadtverordneter Luigi Brillante, Bunte:

(Zusatzfrage)

Frau Rottmann, das ist verwunderlich. Schon im letzten Jahr wurde uns von Herrn Frank gesagt, dass man das Merkmal Migrationshintergrund überhaupt nicht mehr feststellen kann. Daher frage ich: Für wen waren diese gesamten Bemühungen? Ich erinnere daran, dass es auf Initiative der GRÜNEN war, dass die Stadt sehr viele Beschlüsse gefasst hat, die zum Ziel haben, den Anteil der Migranten in der Stadtverwaltung zu erhöhen. Wie soll man denn diesen Anteil erhöhen, wenn man Azubis mit Migrationshintergrund nicht einstellt? Deswegen frage ich: Was soll man machen, dass ganz bestimmte Faktoren, die auf Migranten zugeschnitten wurden, berücksichtigt werden, zum Beispiel das internationale Knowhow, und dass Migranten nicht dadurch, dass sie schlechter Deutsch sprechen als andere, benachteiligt werden? Wie soll man das erreichen, wenn Sie sagen, Migranten kann man nicht mehr ermitteln?

Stadträtin Dr. Manuela Rottmann:

(fortfahrend)

Herr Brillante, ich will Ihnen Folgendes antworten: Diese eingeschränkte Antwort bedeutet ja nicht, dass wir dieses Ziel, wie erhöhen wir den Anteil von jungen Migrantinnen und Migranten in der Stadtverwaltung, infrage stellen, und zwar schon allein aus dem Grund, weil wir diese jungen Leute brauchen, nicht nur aus Gründen der Gleichbehandlung und der Fairness, sondern wir brauchen diese jungen Leute überhaupt. Insofern wird es eine wesentliche Aufgabe sein, noch einmal nachzuforschen, was die Zugangshindernisse für junge Migrantinnen und Migranten sind.

Ich bin noch nicht so lange dafür zuständig. Ich kann Ihnen aber versichern, dass es ein Hauptdiskussionsthema bei uns ist, wie wir vermeintliche Schwellen für den Eintritt in die Stadtverwaltung überwinden, die ich für eine sehr attraktiven Arbeitgeberin für Migrantinnen und Migranten, für Kinder der ersten, zweiten und dritten Einwanderergeneration halte. Ein praktisches Beispiel sind die Schülerpraktika. Meine Erfahrung zeigt mir, dass die Schüler dort Praktika machen, wohin ihre Eltern irgendwelche Verbindungen in den Betrieb haben. Wenn es eine Elterngeneration gibt, die zu dem Arbeitgeber Stadtverwaltung keine Beziehung hat, dann ist das ein wesentlicher Trichter, durch den sie nicht durchkommen.

Dieses Ziel erfordert aber aus meiner Sicht nicht, dass man es misst. Natürlich sind wir immer froh, wenn wir Erfolge unserer Politik messen können, aber in dem Fall möchte ich sagen, dass ich die diskriminierende Ausstrahlung einer solchen Messung relativ hoch einschätze. Es geht nicht darum, irgendetwas zu verschleiern. Selbst die offenkundigen Daten, 24 Prozent, sind nicht so schlecht.

Ich will eigentlich, dass wir dazu kommen, dass es egal ist, ob jemand Migrationshintergrund hat oder nicht. Die Tatsache, die dazu geführt hat, dass es immer weniger offenkundig ist, nämlich die Veränderung des Staatsangehörigkeitsrechts in Deutschland, halte ich für einen großen Fortschritt in Richtung einer diskriminierungsfreien Gesellschaft. Das will ich auch nicht dadurch zurückdrehen, dass ich sage, du hast zwar den deutschen Pass, aber ich halte dich trotzdem für einen Sonderfall.

(Beifall)

Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 92

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Wir kommen zur vierten aktuellen Stunde, angemeldet von der Bunten. Das Wort hat Herr Stadtverordneter Brillante.

Stadtverordneter Luigi Brillante, Bunte:

Herr Vorsteher, meine Damen und Herren!

Die Migranten sind kaum repräsentiert in der Stadtverwaltung. Mit dem Satz: Genug der schönen Worte, konkrete Maßnahmen sind gefragt, sollte dieser Missstand behoben werden. Wir schrieben das Jahr 2004, angeblich hatten wir damals noch Migranten in dieser Stadt, heute ist es nicht mehr so. Frau Integrationsdezernentin, halten Sie das fest, ich weiß nicht wofür Ihre Arbeit dann steht.

Mit diesem Antrag der GRÜNEN wollte man, wie gesagt, diesen Missstand beheben, und die Stadt machte es sich zur Aufgabe, den Anteil der Migranten bei der Stadt zu erhöhen. Am 07.07.2005 wurde die Vorlage durch die NR 1009 ersetzt, die frühere NR wurde über ein Jahr lang immer zurückgestellt, und zwar von der CDU. Daran kann man erkennen, wie wichtig dieses Thema für die CDU ist. Es sind jetzt sieben Jahre vergangen, und was ist geschehen? Gar nichts.

Wir hatten im September 2005 beschlossen, dass das zur Hauptaufgabe der Stadt gemacht werden soll. Die Stadt sollte unter anderem berichten, wie die Zahl der Migranten in der Stadtverwaltung sich in dieser Zeit erhöht hat. Wir haben den letzten Bericht B 299 vom Juni 2011, darin heißt es – wir haben es vorhin gehört –, dass Auszubildende mit Migrationshintergrund sehr schwer auszumachen sind. Im letzten Jahr hat es Herr Frank ganz klar gesagt, Zitat: „Die Erhebung eines Merkmals Migrationshintergrund erfolgt nicht.“ Immerhin, wenn wir uns diesen Bericht B 299 ansehen, stellen wir fest, dass die Zahl der Migranten sich in sieben Jahren nicht nur nicht erhöht hat, sondern zurückgegangen ist.

Zum einen wird gesagt, dass die Migranten in Rente gehen. Gut, wenn weitere Jahre ins Land gehen, haben wir überhaupt keine Migranten mehr in der Stadtverwaltung. Dann wird gesagt, dass der Migrationshintergrund eben sehr schwer auszumachen sei. Dabei weiß die Stadtverwaltung angeblich nicht, dass der Begriff Migrationshintergrund von der Stadt selbst ausformuliert wurde. Ich zitiere, Frau Rottmann, vielleicht schreiben Sie das auf: „Einen Migrationshintergrund erkennt man bei einem Ausländer, einem Eingebürgerten, einem Aussiedler, Kindern von Ausländern, Eingebürgerten und Aussiedlern, sofern mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde.“ Jetzt frage ich mich, wenn wir einen Begriff haben, der auch von der Stadt getragen wird und man diesen Auftrag bekommt, nämlich zu berichten, wie viele Auszubildende einen Migrationshintergrund haben, warum man das dann nicht festhalten und ganz klar und eindeutig berichten kann, anstatt zu sagen: Wir wissen das nicht.

(Beifall)

Ihre ganzen Integrationsbemühungen stellen sich als eine Farce dar. Das werden wir aufdecken und wir werden nicht ablassen von dieser Kritik.

(Beifall)

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Vielen Dank, Herr Brillante!

Es liegt eine Wortmeldung von der SPD vor. Das Wort hat Herr Stadtverordneter Yüksel.

Stadtverordneter Turgut Yüksel, SPD:

Sehr geehrter Herr Vorsteher, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Alle Jugendlichen haben einen Anspruch auf eine gute Lebensperspektive, und Voraussetzung dafür ist eine gute Bildung und Ausbildung. Bildung und Ausbildung sind die wichtigsten Voraussetzungen für Integration, denn ohne sie kann Integration nicht gelingen. Wir haben auch gesehen, zu was die Perspektivlosigkeit in London und auch in den letzten Jahren in Paris geführt hat. Deshalb ist es eine der wichtigsten Aufgaben, dass wir der Jugend in Frankfurt eine Zukunft bieten, und es darf nicht sein, dass wir seit 15 Jahren vom Magistrat ritualisierte Antworten bekommen.

Frau Rottmann, als ehrlichste Dezernentin würde ich Sie darum bitten, dass Sie alle anderen Antworten, die wir bis jetzt zu diesem Thema bekommen haben, einmal studieren. Sie werden feststellen, dass Ihre Antwort heute sich von anderen kaum unterscheidet. Ich erwarte, dass die Stadtverwaltung beispielhaft vorangeht und nicht nur für Migranten sondern mit Migranten etwas macht. Wenn wir von dem Konzept Integration und der Vielfältigkeit reden, dann sollte das auch in der Stadtverwaltung verwirklicht werden, sonst bleibt es eine Farce, danke schön!

(Beifall)

Parlis: Frage F 92/2011

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