Einführung des anonymen Bewerbungsverfahrens in der Stadtverwaltung und bei den städtischen Gesellschaften

Gleiche Qualifikation, ungleiche Chancen

Die Stadt Frankfurt wartet nicht. Die Stadt Frankfurt nimmt eine Vorreiterrolle in der Integrationspolitik in Deutschland und bei der Einführung von anonymen Bewerbungen ein.

Der Anteil der Beschäftigung von Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadtverwaltung und in den städtischen Betrieben und Gesellschaften hat sich „trotz guter Absichten“ in den letzten sieben Jahren nicht erhöht, sondern ist sogar zurückgegangen, wie die Berichte des Magistrats zeigen.

„Genug der schönen Worte: Taten sind notwendig.“ Das Verfahren der „anonymen Bewerbung“ kann Hilfe herbeiführen und kommt nicht nur den MigrantenInnen zu Gute sondern auch Frauen, älteren MitbürgerInnen und Menschen mit Behinderungen, wie die Erfahrung in den Nachbarländern zeigen. Es braucht nicht mehr auf „Modellprojekte zum anonymisierten Bewerbungsverfahren“ gewartet werden!  Diese hat es schon längst gegeben. In Ländern wie den USA oder Kanada sind anonymisierte Bewerbungen längst die Regel. Auch in Belgien wird das Verfahren inzwischen im öffentlichen Sektor längst angewandt. Langjährige Modellversuche in Schweden haben gezeigt, dass dieses Verfahren sich gegen Diskriminierungen und Vorurteile besonders gut eignet.

Eine Diskriminierung bei einer Bewerbung soll von Vornherein ausgeschlossen werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass Angehörige bestimmter Bevölkerungsgruppen bei gleicher Qualifikation aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit ungleich behandelt werden. Dimensionen, die in dieser Hinsicht eine besondere Rolle spielen, sind ohne Zweifel das Geschlecht, das Alter, eine Behinderung und die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit. Daneben gewinnen jedoch weitere Dimensionen, wie etwa die sexuelle Orientierung oder gesundheitliche Einschränkungen an Bedeutung.

Eine beim Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Auftrag gegebene Studie hat belegt, dass allein die Angabe eines türkischen Namens ausreicht, die Chance auf ein Vorstellungsgespräch um 14% zu senken, in kleineren Unternehmen sogar um 24%.

Lässt man persönliche Angaben weg, haben, wie bereits vorgetragen, Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch ältere ArbeitnehmerInnen und Menschen mit Behinderungen deutliche bessere Einstiegschancen. Deutschland hinkt hier bislang hinterher. Worauf sollte man also noch warten?

Bei anonymisierten Bewerbungen wird kein Foto beigefügt, ebenfalls fehlen Adresse, Geburtsdatum, Familienstand, Geschlecht oder die Herkunft des Bewerbers. Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch sollte allein aufgrund der persönlichen Qualifikation erfolgen. Erst in der zweiten Phase, wenn die Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgt ist, erhalten die PersonalmanagerInnen die vollständigen Unterlagen mit den übrigen persönlichen Daten.

Natürlich bietet dieses Verfahren keinen totalen Schutz vor Benachteiligungen, aber sie können dabei helfen, wenigstens graduell Diskriminierungen abzubauen. Statistisch gesehen findet so eine Diskriminierung vor allem in der ersten Phase der Bewerbung statt, also vor der Einladung zum Bewerbungsgespräch. Bekommen jene Bewerber jedoch die Chance zu einem Vorstellungsgespräch, verliert manches Vorurteil an Kraft. In dem genannten Verfahren geht es also explizit um die erste Chance.

Dies vorausgeschickt, möge die Stadtverordnetenversammlung beschließen:

Der Magistrat wird aufgefordert:

  1. das anonymisierte Bewerbungsverfahren zeitnah für die Stadtverwaltung und für alle städtischen Gesellschaften und Betriebe einzuführen. Auch für die Einstellung der Auszubildenden ist dieses Verfahren anzuwenden.
  2. Der Magistrat startet eine Kampagne, um auch die Betriebe der Privatwirtschaft dafür zu gewinnen, dieses Verfahren anzuwenden.
  3. Der Magistrat berichtet jährlich über die Ergebnisse dieses Verfahrens, insbesondere in Bezug auf die Einstellung von Menschen mit Migrationshintergrund.
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