Produktbereich: 20 Bildung
Produktgruppe: 20.03 Trägerübergreifende Kita-Aufgaben Tagespflege
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Die Beitragspflicht für Kinderbetreuungseinrichtungen wird in Frankfurt vollständig aufgehoben.
Begründung
Beitragsfreie Frühförderung bedeutet Frühförderung für alle Kinder. Frühförderung bedeutet allerdings auch, dass alle Kinderbetreuungseinrichtungen zu Bildungsstätten umgeformt werden: Denn es ist die Aufgabe unserer Erzieherinnen und Erzieher, Defizite und Nöte frühzeitig zu erkennen, zu beheben und nicht etwa bis zum Schuleintritt der Kinder aufzuschieben. Frühzeitige Förderung in Kinderbetreuungseinrichtungen gewährleistet reibungsloses Lernen und reibungslose Übergänge in die Schule.
Die Beitragspflicht für Kinderbetreuungseinrichtungen fördert die Entstehung von Bildungsdiskrepanzen zwischen Kindern unterschiedlicher Herkunft und sozialer Zugehörigkeit noch vor dem Schuleintritt, denn der Beitrag überfordert viele einkommensschwächere Familien. Viele Frankfurter Familien sind nach dem neuesten Frankfurter Sozialbericht, Teil X – Familien in Frankfurt am Main – als armutsgefährdet einzustufen, d. h. jede dritte befragte Familie verfügt nur über ein geringes Einkommen.[1] Folglich müssen die betroffenen Kinder auf den Besuch des Kindergartens und ihr Recht auf frühe Bildung verzichten. Bei Familien, die sich aus finanziellen Gründen gegen die Betreuung ihrer Kinder in Kindergärten oder Kitas entscheiden, wird der Wiedereintritt des betreuenden Elternteils, in der Regel Mütter, ins Erwerbsleben erschwert. Somit baut die Aufhebung der Beitragspflicht für diese Familien auch strukturelle Diskriminierung ab.
Als einen weiteren Kritikpunkt in diesem Zusammenhang sehen wir die Einführung der „Herdprämie“. Eine Studie der OECD von 2012 belegt, dass die eingeführte „Herdprämie“ nicht nur Frauen vom Arbeitsmarkt fernhält, sondern die Integration von Frauen mit Migrationshintergrund erschwert.
DIE LINKE hat das unsoziale und lebensferne Projekt stets scharf kritisiert, weil es ein Familienbild längst vergangener Zeiten propagiert und Frauen ins gesellschaftliche Abseits drängt. Die Gelder, die die „Herdprämie“ verschlingt, wären viel nutzbringender in den Ausbau von Kindertagesstätten und die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern angelegt. Und einer positiven Wirkung auf die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund kann bei der Aussicht auf gemeinsames Spielen und Lernen niemand widersprechen.
Des Weiteren wird durch die geforderte Aufhebung des Elternentgeltes der Verwaltungsaufwand geringer. Die Entgelte für Kindertagesstätten-, Krippen- und Hortplätze sowie die Entgeltübernahmen von Sozialrathäusern schlagen im Jahresabschluss 2012 von Kita Frankfurt sowieso nur mit einer Summe von 8.422.382,65 Euro zu Buche. Der städtische Zuschuss für den Eigenbetrieb Kita soll im Haushaltsjahr 2015 von 107 auf 113 Millionen Euro und im Haushaltsjahr 2016 von 113 Millionen Euro auf 119 Millionen Euro erhöht werden. Die Aufhebung der Beitragspflicht erfordert also nur eine geringe Erhöhung des städtischen Zuschusses.
[1] Frankfurter Sozialbericht, Teil X: Familien in Frankfurt am Main – Lebenswirklichkeit und Unterstützungsbedarfe – Ergebnisse einer empirischen Erhebung unter Frankfurter Müttern und Vätern mit minderjährigen Kindern, Reihe Soziales und Jugend 41, Hrsg. Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht, Stadt Frankfurt am Main, S. 168