Produktbereich: 18 Soziales
Produktgruppe: 18.01 Leistungen des Jugend- und Sozialamtes
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
- Die Kürzungen beim Beförderungsdienst für Frankfurterinnen und Frankfurter mit außergewöhnlicher Gehbehinderung werden zurückgenommen.
- Die Mittel werden ohne Einkommensprüfung zur Verfügung gestellt.
Begründung
In der Einleitung des ersten Staatenberichts der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Rechte von Menschen mit Behinderungen, der am 3. August 2011 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, heißt es:
Das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-Behindertenrechtskonvention – BRK)“ vom 13. Dezember 2006 ist seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlich. Die BRK ist seither geltendes Recht und eine wichtige Leitlinie für die Behindertenpolitik in Deutschland. Bund, Länder und Gemeinden sowie Sozialleistungsträger und andere Institutionen, die sich mit der Situation behinderter Menschen beschäftigen, arbeiten unter dem Dach der BRK an der Weiterentwicklung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. In diesen Prozess ist die Zivilgesellschaft mit eingebunden und leistet einen wertvollen Beitrag. […] Menschen mit Behinderungen sind längst nicht mehr Objekte staatlicher Bevormundung und Fürsorge. Die Verwirklichung eines menschenwürdigen und selbstbestimmten Lebens in einer inklusiven Gesellschaft ist das Ziel einer modernen Behindertenpolitik in Deutschland und entspricht damit dem Kern der BRK.
Vor diesem Hintergrund sollte der Beförderungsdienst für außergewöhnlich gehbehinderte Menschen nicht als „freiwillige soziale Leistung“ der Stadt betrachtet und verbucht werden. Vielmehr sollten die Mobilitätsrechte behinderter Menschen im Sinne der BRK ein selbstverständlicher Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) der Stadt Frankfurt sein.
Darüber hinaus trat die Stadt Frankfurt am Main 2003 (M 70/2003) der „Erklärung von Barcelona – Die Stadt und Menschen mit Behinderungen“ – bei, die jedoch schon im März 1995 verabschiedet und seitdem von der Stadt Frankfurt unterstützt wurde. Dort heißt es beispielsweise unter Punkt XI:
Die Kommunen ergreifen die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass sich Personen mit Behinderungen ohne Einschränkung ihrer Mobilität in der Stadt bewegen können. Das besondere Augenmerk gilt dabei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Hier sollen Personen, die aufgrund von Behinderungen von der Nutzung ausgeschlossen sind, alternative Leistungen und spezielle Vergünstigungen erhalten, die ihre Mobilität vor dem gleichen Hintergrund gewährleistet, wie sie dem Rest der Bevölkerung zugutekommt.
Rund 20 Jahre nach Verabschiedung der Erklärung von Barcelona wurden die Finanzmittel im Beförderungsdienst für außergewöhnlich Gehbehinderte drastisch gekürzt. Und das, obwohl auch im Bericht des Magistrats vom 24. Januar 2014 (B 20/2014) deutlich wird, dass der ÖPNV in Frankfurt keineswegs barrierefreie Nutzung gewährleistet. Solange der ÖPNV in Frankfurt nicht vollständig barrierefrei ist, muss der Beförderungsdienst als Ersatzleistung zur Verfügung gestellt werden. Vor diesem Hintergrund müssen die Kürzungen und Neuregelungen im Beförderungsdienst für außergewöhnlich Gehbehinderte zurückgenommen werden. Allerdings werden auch bei vollständiger Erreichung von Barrierefreiheit im ÖPNV einige Menschen auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein. Insofern ist auch bei einem vollständig barrierefreien ÖPNV ein Beförderungsdienst für behinderte Menschen, die nicht selbstständig die Haltestellen erreichen können, als Ergänzungsleistung erforderlich.
Mobilität für alle ist keine Frage der Freiwilligkeit, sondern Ausdruck einer inklusiven Stadtgesellschaft.