Bleiberecht für alle!

Kontext: Rede von Martin Kliehm; Wortprotokoll über die 26. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, dem 14. November 2013, TOP 4, Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 1129

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Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Frankfurt geht es wirtschaftlich sehr gut, auch wenn uns der Kämmerer manchmal anderes glauben machen möchte. Prosperierende Städte ziehen nun einmal Menschen magnetisch an. Ob es Ihnen passt oder nicht, Frankfurt ist eine wohlhabende Stadt. Es kommen Menschen hierher, die ihr Glück suchen. Ich denke, dieser Realität müssen wir uns stellen. Wir können dabei nicht die Verantwortung auf den Bund oder auf das Land oder gar auf Europa abwälzen und sagen, Europa muss das Dublin II- oder ab nächstem Jahr das Dublin III-Abkommen ändern und die Bundesregierung muss eine andere Einwanderungspolitik einführen. Das muss alles geschehen. Wir müssen uns in den zuständigen Gremien, im Städtetag und anderen dafür einsetzen, dass zum Beispiel das Bleiberecht in Deutschland geändert wird, damit nicht zu einem bestimmten Stichtag eine Aufenthaltsdauer zählt, sondern ein Aufenthaltsrecht ab einer gewissen Anwesenheit in diesem Land gilt. Auch das Bleiberecht muss von unrealistischen Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung entkoppelt werden.

Wir haben zum Beispiel momentan die Situation, dass Menschen, die hier arbeiten und denen es wirtschaftlich gut geht, ein Aufenthaltsrecht haben. Aber in dem Moment, in dem sie alt, krank oder behindert werden, Angehörige pflegen, Kinder erziehen, geringverdienend, in einer Qualifizierungsmaßnahme, in einer Ausbildung oder in unverschuldeter Arbeitslosigkeit sind, wird ihr Aufenthaltsrecht auf einmal infrage gestellt. Es ist nicht so, dass Menschen, die in Italien ein Aufenthaltsrecht haben, dadurch automatisch ein Aufenthaltsrecht in ganz Europa erhalten und Freizügigkeit genießen. Wir können sie eben nicht wie Italiener behandeln, die hier nach Frankfurt kommen.

In dieser ganzen Diskussion – wir haben es heute zu Genüge gehört – werden immer Probleme angesprochen. Am Ende geben wir den Menschen ein Rückreiseticket. Es ist die Rede von Obdachlosenunterkünften und der Kleiderkammer, die die Menschen in Anspruch nehmen können. Dann folgt diese ganze Stigmatisierung mit Schlepperbanden und Bettelei und diesen ganzen negativen Worten. Herr Hübner hat es gerade noch auf die Spitze getrieben, schürt Ängste und kreiert ein Szenario mit Mord und Totschlag.

Ich denke aber, wir können dem positive Konzepte entgegensetzen, in dem wir zum Beispiel dafür sorgen – ob es nun rechtlich vorgeschrieben ist oder nicht, vielleicht auch freiwillig von der Stadt –, den Menschen unsere Sprache beizubringen, Qualifizierungsmaßnahmen zu treffen, sie in Arbeit zu bringen, ihnen eine Unterkunft zu vermitteln und unseren Reichtum mit diesen Menschen zu teilen. Menschen kommen in Städte, nicht nur nach Frankfurt. Wir sehen es beispielsweise auch in Wien und in Paris. Wir müssen uns mit dieser Situation arrangieren und dafür positive Konzepte schaffen.

Vielen Dank!

(Beifall)

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