Am Donnerstag tagte der Akteneinsichtsausschuss zum Campus Bockenheim bereits zum dritten Mal, ergebnislos. Die SPD-Fraktion hatte den Ausschuss beantragt, um in Erfahrung zu bringen, welche vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Stadt, dem Land Hessen und der ABG Frankfurt Holding GmbH zur künftigen Gestaltung des Areals getroffen wurden.
Hier wurde öffentliches Eigentum des Landes Hessens „im Namen der Stadt“ an einen stadteigenen Betrieb verkauft (die ABG gehört zu 99,99% der Stadt Frankfurt) unter Vermittlung der Oberbürgermeisterin Petra Roth. Das Pikante daran: die Verträge sind geheim.
Die Öffentlichkeit, insbesondere in Bockenheim, kann darum über die Zukunft des Campus nur spekulieren, denn die Aussagen der Beteiligten sind widersprüchlich. Im Letter of Intent vom März 2011 wird der Abriss der denkmalgeschützen Gebäude des Studentenwohnheims, des Studierendenhauses und des Philosophicums gefordert. Die Oberbürgermeisterin und Stadtverordnete der schwarz-grünen Koalition sicherten jedoch in Veranstaltungen den Erhalt des Studierendenhauses zu und sprachen sich für eine Nutzung des Philosophicums für alternative Wohnprojekte aus. Maßgeblich ist letztlich aber nur die im August 2011 vertraglich vereinbarte Zukunft der Gebäude.
Die ABG verweigert dem Ausschuss dreist die Einsicht dieses Vertrages: „in Erledigung Ihres o.g. Schreibens teilen wir Ihnen mit, dass wir keinerlei Akten dem Akteneinsichtsausschuss zur Verfügung stellen werden.“ Als Begründung führt die ABG an, dass sich die Hessische Gemeindeordnung (HGO) ausschließlich auf Akten bezieht, die in der Stadtverwaltung geführt werden, nicht auf stadteigene Betriebe. Ferner sei der Vertrag zwischen Land und ABG geschlossen worden, die Stadt sei daran nicht beteiligt.
Dies zeigt nur einmal mehr, warum wir ein hessisches Informationsfreiheitsgesetz brauchen oder in Ermangelung dessen eine kommunale Informationsfreiheitssatzung, wie wir sie im Januar forderten, und warum diese stadteigene Betriebe mit einschließen müssen.
Der Ausschuss hat die Oberbürgermeisterin und den Magistrat bereits zum zweiten Mal aufgefordert, die ABG darum zu bitten, den Vertrag einsehen zu können. Nicht auf Basis der HGO, sondern auf Basis einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Gibt’s anscheinend nicht.
Das Bundesverwaltungsgericht stellte zudem im August 2011 fest (BVerwG 8 C 16.10), dass der Gemeindevorstand ein Weisungsrecht gegenüber Vertretern der Gemeinde in Aufsichtsräten besitzt, eine analoge Regelung findet sich auch in § 125 HGO. Die Oberbürgermeisterin ist Aufsichtsratsvorsitzende, auch der grüne Fraktionsvorsitzende Olaf Cunitz ist Mitglied im Aufsichtsrat der ABG. Bisher hat der Magistrat noch nicht dazu beigetragen, den Vertrag einsehen zu können.
Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Sprecher der Oberbürgermeisterin in einer Pressemitteilung große Detailkenntnis des Vertrages erkennen lässt. Der Magistrat hätte eine im Büro der Oberbürgermeisterin vorhandene Vertragskopie dem Akteneinsichtsausschuss zur Einsicht geben müssen. Das ist nicht geschehen. Transparenz und eine gläserne Verwaltung sehen anders aus, liebe Koalition!