Zwischennutzung von städtischen Liegenschaften für das IvI

Zugehörige Vorlagen: NR 308 (Piraten), NR 329/2012 (SPD)

Kontext: Wortprotokoll über die 19. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, dem 28. Februar 2013 (16.02 Uhr bis 23.28 Uhr), TOP 4, 18. Fragestunde, Frage 774

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Das Landgericht Frankfurt hat am 15. Februar 2013 der Räumungsklage gegen das Institut für vergleichende Irrelevanz (ivi) stattgegeben. Die Solidaritätsbekundungen aus dem Hochschulumfeld und der Stadtgesellschaft sowie das Programm im Sigmund-Freud-Institut zur kritischen Psychologie belegen die Notwendigkeit eines selbstverwalteten Raums für den kritischen Diskurs.

Dies vorausgeschickt frage ich den Magistrat:

Könnte sich der Magistrat vorstellen, eine städtische Liegenschaft zur Zwischennutzung, die das Konzept „Theorie, Praxis, Party“ mit gemeinsamem Wohnen, Leben und Lernen ermöglicht, den Nutzerinnen und Nutzern des ivi ersatzweise, auch für eine symbolische bis moderate Miete, zur Verfügung zu stellen?

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Gert Trinklein:

Es antwortet Herr Bürgermeister Cunitz. Bitte!

Bürgermeister Olaf Cunitz:

Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Dr. Gärtner, Herr Kollege Kliehm!

Die Frage hat die Stadtverordnetenversammlung schon selbst beantwortet, denn sie hat bereits in der 17. Sitzung im Dezember 2012 mit Beschluss zur Vorlage NR 329, § 2488, und zur Vorlage NR 308, § 2487, abgelehnt, Ersatzräumlichkeiten für das Institut für vergleichende Irrelevanz zur Verfügung zu stellen. Der Magistrat sieht aufgrund dieser Beschlusslage keine Möglichkeit, Liegenschaften für den entsprechenden Zweck zur Verfügung zu stellen.

(Beifall)

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Gert Trinklein:

Es gibt eine Zusatzfrage von Herrn Kliehm. Bitte!

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

(Zusatzfrage)

Soweit ich das in Erinnerung habe, war die Hauptargumentation damals, dass die Stadt Frankfurt am Main kein Geld dafür hat, kostenlos Räume zur Verfügung zu stellen. Zumindest bezog sich unser Antrag darauf. Jetzt ist die Ausgangsstellung aber eine andere, nämlich Leerstand der Stadt Frankfurt gegen Miete zur Verfügung zu stellen. Insofern sehe ich da keine Deckung. Als Frage formuliert: Sehen Sie, dass hier jetzt eine andere Situation als die kostenlose Nutzung gegeben ist, und sehen Sie die Möglichkeit, gegen einen Mietobulus dem ivi Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen?

Bürgermeister Olaf Cunitz:

(fortfahrend)

Die Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung sieht in dieser Hinsicht keinerlei Differenzierung vor. Wenn die Stadtverordnetenversammlung mehrheitlich zu einer anderen Beschlussfassung kommt, wird der Magistrat entsprechend, wie es auch Ihre Erwartungshaltung ist, die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung ausführen.

Ich gebe allerdings einen Aspekt zu bedenken: Der Abschluss eines Vertragsverhältnisses oder die Überlassung von städtischen Räumlichkeiten setzt natürlich voraus, dass es eine rechtlich strukturierte Organisationsform gibt, mit der das abgeschlossen werden kann. Die Stadt Frankfurt macht das in vielen Fällen, das geht vom Karnevalsverein bis zum sozialen Projekt. Alle, die Räume brauchen und denen wir helfen können, die eine rechtlich organisierte Struktur haben, haben auch die Möglichkeit, in einen Dialog mit der Stadt Frankfurt zu treten. Es ist halt schwierig, wenn sich niemand bereit erklärt, mit seiner Person auch Verantwortung zu übernehmen. Wir setzen natürlich voraus, dass das bei jeder Gruppe, bei jedem.

(Beifall)

Ich freue mich über jeden Applaus, aber das ist eine Selbstverständlichkeit, die jeder Partner der Stadt Frankfurt erfüllen muss. Wir haben das auch in Fällen gemacht, die vielleicht etwas ungewöhnlich sind. Wir haben zum Beispiel was Künstler und Kreative angeht, dem Verein BASIS e. V. Ateliers zur Verfügung gestellt. Da gibt es Personen, die sich entsprechend organisiert haben und für uns Ansprech- und Vertragspartner sind. Wir haben zum Beispiel den Fall des Vereins Besser Wohnen e. V. Das sind Leute – sicher auch etwas ungewöhnlich –, die in einem Bauwagendorf leben. Die haben dort ein alternatives Wohnprojekt und einen Verein gegründet und können damit Vertragspartner der Stadt Frankfurt sein. Wir haben den Verein Faites votre jeu!, der startete einmal mit einer Besetzung, und macht jetzt sein kulturelles Projekt im Klapperfeld.

Die Stadt Frankfurt ist immer offen, aber es kann nicht eine Erwartungshaltung an die Stadt Frankfurt aus einer anonymen Gruppe heraus geben, ohne das sich jemand bereit erklärt, rechtlich verbindliche Verantwortung zu übernehmen. Deswegen, glaube ich, ändert sich in diesem Fall nichts an den Grundlagen der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung.

(Beifall)

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Gert Trinklein:

Eine zweite Zusatzfrage kommt von Herrn Dr. Gärtner. Bitte!

Stadtverordneter Dr. Peter Gärtner, LINKE.:

(Zusatzfrage)

In der Presse wurde der Leiter des Liegenschaftsamtes mit der Bemerkung zitiert, dass er sich vorstellen könnte, dass die Stadt dem ivi bei entsprechendem Auftrag ein Gebäude zur Verfügung stellen könnte. Teilen Sie die Auffassung des Leiters des Liegenschaftsamtes?

Bürgermeister Olaf Cunitz:

(fortfahrend)

Alle Teile der Verwaltung fühlen sich uneingeschränkt an die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung gebunden. In diesem Fall ging es um die Gruppe im Hirschgraben, das Zitat war verkürzt, und nicht um das ivi selbst, auch wenn das Zitat in dieser Form so war. Es gab ein Gesprächsangebot an die jungen Leute im Hirschgraben, das sie allerdings nicht wahrgenommen haben. Wir hatten ihnen für Anfang dieser Woche angeboten, mit uns ins Gespräch zu kommen, da sich aber niemand bereit erklärte, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, wurde von diesem Gesprächsangebot kein Gebrauch gemacht.

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Gert Trinklein:

Die dritte Zusatzfrage kommt von Herrn Josef. Bitte!

Stadtverordneter Mike Josef, SPD:

(Zusatzfrage)

Herr Cunitz, ich teile Ihre Ausführung bezüglich der festen Ansprechpartner. Habe ich das richtig verstanden, vorausgesetzt, das ivi wäre bereit, sich als eingetragener Verein registrieren zu lassen, würde die Stadt auch bereit sein, in Gespräche mit dem ivi zu treten?

Bürgermeister Olaf Cunitz:

(fortfahrend)

Herr Josef, ich habe Ihnen die Beschlusslage erläutert. Die Stadtverordnetenversammlung hat nicht beschlossen, dass wir unter diesen oder jenen Voraussetzungen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, sondern sie hat ohne Einschränkung beschlossen, keine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie eine andere Beschlussfassung anstreben, ist Ihnen das natürlich unbenommen, Mehrheiten für Ihr Ansinnen einzuwerben.

Parlis: Frage F 774/2013

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