Videoüberwachung in Taxis

Zugehörige Vorlagen: NR 673 (Piraten)

Kontext: Rede von Martin Kliehm; Wortprotokoll über die 25. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, dem 10. Oktober 2013, TOP 9, Zulässigkeit von Videoüberwachung in Taxis

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir hatten in den Ausschüssen schon über diesen Antrag gesprochen. Letztlich wurde er von der Koalition mit Prüfen und Berichten votiert. Ich kann mir denken, in welche Richtung das geht, denn letzten Endes hoffen Sie darauf, dass auf diese Art und Weise dieser Antrag vom Magistrat abgelehnt wird. Unser Ordnungsdezernent Markus Frank hat bereits im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit angekündigt, dass der Magistrat in die unternehmerische Freiheit der Taxifahrer nicht eingreifen könne. Wir haben aber eine Taxiordnung für diese Dinge. In der Taxiordnung steht zum Beispiel, dass die Taxifahrer stets saubere und ordentliche Kleidung tragen sollen. Aussehen muss das Taxi innen und außen stets sauber, und der Kofferraum muss frei sein. Ich frage Sie, was ist denn jetzt wichtiger, dass der Kofferraum bis auf ein Warndreieck frei ist, dass der Fahrer saubere und ordentliche Kleidung trägt oder dass die Menschen in ein Taxi einsteigen können, ohne dass ihre Privatsphäre verletzt wird? Genau dort ist nämlich der Knackpunkt.

Die Frankfurter Taxivereinigung fordert zusammen mit dem Bundesverband der Taxifahrer regelmäßig jedes halbe Jahr die Videoüberwachung in Taxis, Sie können Gift darauf nehmen, dass gerade das vor Weihnachten wieder kommt. Da sagen sie, das fördert ein gesteigertes Sicherheitsgefühl der Fahrgäste, außerdem würde die Zahl der Überfälle zunehmen. Herr Homeyer, der immer herhalten muss für unbequeme Dinge – dann wird die Junge Union vorausgeschickt –, sagte auf der Website der CDU-Frankfurt wie auch auf seiner eigenen: „Die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Taxifahrer nimmt leider zu. Kameras, die im bestimmten Takt die Fahrgäste fotografieren, hätten auf Kriminelle eine abschreckende Wirkung. Außerdem erleichtern sie die Fahndung nach Gewalttätern erheblich.“ Das ist leider falsch.

Wir haben uns die Mühe gemacht und bei dem Polizeipräsidium Frankfurt nachgefragt, wie viele Gewaltdelikte gegenüber Taxifahrerinnen und Taxifahrern es im Jahr gibt. Die Polizei sagt, dass im Jahr 2012 durch das zuständige Kommissariat 12 insgesamt sieben Raubstraftaten zum Nachteil von Taxifahrerinnen und Taxifahrern bearbeitet wurden. Die Fallzahlen in diesem Deliktsbereich bewegten sich in den Jahren zwischen 2010 und 2012 auf gleichbleibendem Niveau. Es gibt keine Steigerung. Es waren sieben Gewaltübergriffe auf die Taxifahrerinnen und Taxifahrer. Jetzt sagt der Düsseldorfer Kreis der Datenschützer, dass Leben, Gesundheit und Freiheit der Taxifahrer hohe Rechtsgüter sind, die es nachhaltig zu schützen gilt. Da bin ich vollkommen bei Ihnen. Er sagt aber auch, dass eine Kameraüberwachung nach § 6b des Bundesdatenschutzgesetzes nur dann zulässig ist, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Genau da kommen wir zu den Einschränkungen. Zum einen ist eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz in vielen Fällen unzulässig. Eine Audioüberwachung geht schon einmal gar nicht. Das haben Sie bei den Lebensmitteldiscountern gemerkt.

(Zurufe)

Wir haben keine Audioüberwachung, Herr Frank, wir haben ein demokratisch gewähltes Parlament, das gerade seiner Transparenz nachkommt, indem ein Audiostream ins Internet kommt. Das ist etwas anderes als eine Überwachung am Arbeitsplatz.

Außerdem muss es verhältnismäßig sein. Ich habe bei der Taxivereinigung nachgefragt, wie viele Taxifahrten es im Jahr in Frankfurt gibt. Ich habe leider keine Antwort bekommen. Vielleicht liegt es daran, dass andere Quellen sagen, dass ein Fünftel der Taxifahrten schwarz durchgeführt werden. Ich gehe einmal davon aus, dass wir mehrere Millionen Taxifahrten pro Jahr haben. Dem gegenüber stehen sieben gewalttätige Übergriffe auf Taxifahrerinnen und Taxifahrer. Jeder einzelne von diesen sieben ist schlimm, aber wenn ich das ins Verhältnis zu den Millionen von Fahrgästen setze, in deren Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung eingegriffen wird, muss man das gegeneinander abwiegen. Da gewinnen für mich die Millionen von Fahrgästen.

Der Düsseldorfer Kreis sagte auch, dass es keineswegs vergleichbar mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bussen und Bahnen ist, denn in Bussen und Bahnen bin ich nicht der einzige Fahrgast. Wer soll mich als Fahrgast denn angreifen? Der Taxifahrer vielleicht? Brauche ich eine Kamera zum Schutz vor Taxifahrern? Das doch nicht. Wir müssen eine Verhältnismäßigkeit haben. Dazu hat der Düsseldorfer Kreis Dinge vorgeschrieben oder empfohlen, die dort einzuhalten wären, zum Beispiel keine anlassunabhängige Videoüberwachung, sondern zuerst sollte man sich überlegen, vielleicht einen Alarmknopf zu installieren.

Dass die Annahme von Herrn Homeyer, Kameras hätten auf Kriminelle eine abschreckende Wirkung, nicht zutrifft, hat uns zum Beispiel die Polizei in Norddeutschland gelehrt. In Bremen gibt es Kameras in Taxis. Da haben die Kriminellen ihre Strategie einfach geändert. Sie steigen nicht mehr ins Taxi ein, lassen sich irgendwo hinfahren und rauben dann die Leute aus, sondern sie bestellen das Taxi irgendwohin, sind maskiert und halten dem Taxifahrer von außen die Pistole vor die Brust. Das macht für den Taxifahrer überhaupt keinen Unterschied. Aber das bedeutet, man kann die Überfälle eben nicht durch die Kameras verhindern. Wir wissen, dass Kameras Menschen, die im Affekt handeln, die betrunken sind, davon nicht abhalten. Dass aber Menschen, die ein kriminelles Vergehen planen, natürlich auf andere Wege kommen, sollte eigentlich klar sein. Deswegen können wir nicht Millionen von Menschen überwachen, darum haben wir diesen Antrag gestellt.

Ich bin sehr wohl der Meinung, dass wir dies in die Taxiordnung aufnehmen können und müssen, um diese Menschen zu schützen. Ich widerspreche Herrn Frank, dass das nicht unsere Aufgabe ist. Wenn wir Warndreiecke und saubere Kleidung in die Taxiordnung hineinschreiben können, dann können wir auch so etwas wie „Videoüberwachung nicht zulassen“ ebenfalls dort hineinschreiben.

Vielen Dank!

(Beifall)

Dieser Beitrag wurde unter Reden abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
Nach oben