Mietspiegel und Wohnungsmarktbericht

Hier das Wortprotokoll meiner Rede zum Mietspiegel in der Stadtverordnetenversammlung am 06.09.2012:

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr verehrter Vorsitzender, sehr verehrte Damen und Herren!

Ich möchte mich zunächst einmal dem anschließen, was Herr Pawlik gesagt hat, und etwas lebendiger auch dem, was Herr Gärtner gesagt hat. Frau Tafel-Stein, Ihnen muss ich sagen, ich würde gerne Ihr Leid mildern, aber ich fürchte, das Leid der FDP kann nur der Wähler mildern, und zwar bei der nächsten Landtagswahl.

(Beifall)

Wir haben heute gelernt, das war mir neu, dass jede Wohnung in Frankfurt den Wohnungsmarkt etwas mildert, das gilt anscheinend auch für die Luxuswohnungen, die an der Taunusanlage gebaut werden. Das gilt ebenfalls für die Luxuswohnungen, die die ABG-Holding baut – zu einem Drittel immerhin –, wobei man sich immer noch fragen muss, weshalb die ABG-Holding Luxuswohnungen bauen muss.

Ich habe wohl die Worte der Dezernentin gehört. Ich glaube Ihnen, dass Sie das so meinen, aber es spiegelt nicht meine Realität wider. Sie sagen, Frankfurt ist eine soziale Stadt. Meiner Erfahrung nach ist Frankfurt für viele, viele Menschen eine unbezahlbare Stadt.

(Beifall)

Wir haben nicht nur den 700.000. Frankfurter zu feiern, sondern wir haben auch Wohnungsmarktberichte, in denen steht, dass jeder Fünfte, der aus Frankfurt wegzieht, gerne hier länger gelebt hätten, hätte er denn die Miete zahlen können. Dann hätten wir jetzt nicht 700.000 Einwohner, sondern vielleicht schon 725.000 Einwohner in Frankfurt. Fakt ist, dass viele Leute sich in Frankfurt die Miete nicht mehr leisten können. Wir haben beim Sozialmonitoring gesehen, wie die verschiedenen Stadtteile gegeneinander abschneiden. Wir haben im Gallus viele Leute, die sich zum Beispiel nur dort die Miete leisten können und nicht in Bornheim. Ich muss Ihnen auch widersprechen, ich habe sehr wohl mitbekommen, dass der Mietdruck in Frankfurt so stark ist, dass sogar die Leute in der Schloßstraße sehr hohe Mieten zahlen. Aber die Schloßstraße liegt nur beim Monopoly-Spiel neben der Parkallee. Die Schloßstraße und die Zeppelinallee sind nun einmal grundverschieden, und wenn diese in dem derzeitigen Mietspiegel gleich behandelt werden, als Innenstadtlage II mit Aufschlag, dann ist etwas falsch.

Wir haben in langen Diskussionen in den verschiedenen Ausschüssen auch schon festgestellt, dass zum Beispiel eine Einbeziehung der Lärmkartierung von Frankfurt diesem Rechnung tragen könnte. Wir haben in Hessen Lärmkarten, in denen der Straßenverkehrslärm, der Eisenbahnlärm und der Fluglärm abgebildet werden. Würde man die mit einbeziehen, dann hätten wir ganz unterschiedliche Verhältnisse zwischen der Schloßstraße und der Zeppelinallee.

Bemerkenswert fand ich auch Ihre Darstellung, dass es in der Mietspiegelkommission eben so sei, dass mal der eine und mal der andere den Mietspiegel ablehnt. Diesmal waren es überwiegend die Interessenvertreter der Mieter, und das finde ich schon bezeichnend. Ich finde es auch gar nicht so abwegig, die Stadtverordnetenversammlung darüber entscheiden zu lassen, so es denn rechtens ist, weswegen wir die Vorlage NR 346 ursprünglich mit Prüfen und Berichten votieren wollten, würde sie nicht ständig zurückgestellt.

Ich finde es gar nicht so abwegig, die Stadtverordnetenversammlung darüber entscheiden zu lassen, wenn die Mietspiegelkommission nicht zu einem Ergebnis kommt, so wie wir es diesmal hatten, und letzten Endes der Magistrat diesen Mietspiegel in Kraft gesetzt hat. Wir haben schon in den letzten eineinhalb Jahren sehr viele Kritikpunkte an dem Mietspiegel gehört. Komischerweise lenkt der Magistrat nach einem Jahr jetzt ein und sagt, ok, der wird neu ausgeschrieben. Ein qualifizierter Mietspiegel muss her. Ich frage mich, warum der Magistrat dies nicht bereits im Mai 2011 erkannt hat, dann hätten wir jetzt bereits einen neuen qualifizierten Mietspiegel, der aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen hergestellt worden wäre.

Sie sagten vorhin, ein schlechter Mietspiegel ist sinngemäß besser als gar keiner. Ich kann dem zustimmen und auch Herrn Pawlik, ein qualifizierter Mietspiegel ist auf jeden Fall besser für diese Stadt. Ich kenne die Situation in Berlin, wo es keinen qualifizierten Mietspiegel gibt, und wo der Markt, wie die CDU und die FDP es so gerne haben, komplett die Mieten bestimmt. Die Fortschreibung war leider viel zu spät, auch die Dokumentation, die den Mietspiegel erst zu einem qualifizierten gemacht hat, kam mit über einem Jahr Verspätung viel zu spät. Dass wir keine gentrifizierten Quartiere haben möchten, ist eher Wunschdenken, denn die Gentrifizierung ist Realität und voll in den verschiedenen Stadtteilen, nicht nur im Nordend und in Bockenheim, sondern zum Teil auch schon in Fechenheim im Gange. Im Bahnhofsviertel werden auf der einen Seite diese Lofts am Park gebaut, auf der anderen Seite sind da Leute wie Ihr ehemaliger Fraktionskollege Wolff Holtz, die dort jetzt die Mietpreise nach oben treiben und die Junkies vertreiben möchten.

Die Gentrifizierung ist voll im Gange und wir müssen tatsächlich auch dort gegen sie angehen, unter anderem eben mit einem gerechten Mietspiegel. Der Mietspiegel, so wie er momentan ist, bildet eben nicht die Situation ab, wie wir sie haben. Meines Erachtens ist es auch fehlerhaft, dass dort die Bodenrichtwerte mit einfließen. Bodenrichtwerte spielen eine Rolle, wenn Grundstücke verkauft werden. Wenn ich heute ein Grundstück kaufe, dann ist das eine Spekulation auf die Preisentwicklung in den kommenden Jahren, daher kann nicht der Bodenverkaufspreis von heute einfließen.

Wir müssen etwas gegen die steigenden Mieten tun. Es sind zwar jetzt nur 3,8 Prozent, aber wir haben seit 2007 eine Mietpreissteigerung in Frankfurt von 12,5 Prozent, wie es das linke Kampfblatt, die Frankfurter Neue Presse, sagt. Ich möchte Sie fragen, wer hat denn seit 2007 auch eine Lohnsteigerung von 12,5 Prozent erfahren? Ich nicht.

(Beifall)

Deswegen ist es wichtig, dass wir einen Mietspiegel haben, der tatsächlich die Lage abbildet, der differenziert genug ist, um die unterschiedlichen Lagen Frankfurts zu bewerten. Die Innenstadtlagen I und II waren ein großer Fehler. Das müssen wir in Zukunft ändern und zwar so schnell wie möglich. Vielen Dank!

(Beifall)

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