Wiederwahl von Stadtrat Markus Frank

Kontext: Wortprotokoll über die 36. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 20. November 2014 (16:02 Uhr bis 23:22 Uhr), TOP 7, Wiederwahl von Stadtrat Markus Frank als hauptamtliches Mitglied des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main

Stadtverordneter Martin Kliehm, DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir haben gerade gehört, was von Herrn Frank als Wirtschaftsdezernent zu halten ist. Das war auch in einigen Zeitungen nachzulesen. Aber Herr Frank hat noch andere Dezernate, nämlich einen ganzen Gemischtwarenladen, wie es die Frankfurter Allgemeine Zeitung so schön bezeichnet. Dazu gehört unter anderem eben auch das Ordnungsdezernat. Und an dieser Stelle muss ich Herrn zu Löwenstein widersprechen. Genau dort leistet er nämlich keine gute Arbeit, weswegen wir auch im Zuge der Forderung der Bürgerbeteiligungsplattform „Frankfurt fragt mich“ die Forderung aufnehmen, den Magistrat um eine hauptamtliche Dezernentenstelle zu reduzieren. Die Stelle von Herrn Schneider ist es nicht geworden, die Stelle von Herrn Frank wäre jetzt die nächste Stelle in der Reihenfolge.

Die FAZ schreibt, in punkto Sicherheit hält er sich inhaltlich zurück, denn er hat ja auch einen durchsetzungsstarken Feuerwehrchef, Herrn Professor Ries. Er hatte aber keinen durchsetzungsstarken Polizeichef, Herrn Dr. Thiel, der doch eher durch Führungsschwächen glänzte oder eben auch nicht glänzte. Die FAZ schreibt, dass man Herrn Frank dennoch bisweilen mehr Zeit und Mut für das Sicherheitsressort wünscht, das er eher nebenbei zu verantworten scheint.

Er verweist mit Vorliebe auf die Landespolizei. Das war auch der Tenor bei den meisten Anfragen und Fragen in der Fragestunde, die wir hier gestellt haben. Da hieß es immer, er sei nicht zuständig. Ich erwarte aber von einem Ordnungsdezernenten einer Großstadt wie Frankfurt, und genau da setzt meine Kritik an, dass er zuständig ist, dass er sich um die Belange der Bevölkerung kümmert und auch die Position der Bevölkerung gegenüber der Polizei durchsetzt und kritisch die Arbeit der Polizei begleitet. Genau das haben wir leider nicht erlebt.

(Beifall)

In der Welt von Markus Frank gibt es kein Racial Profiling. In der Welt von Markus Frank gibt es auch keine Polizeigewalt, diese existiert dort einfach nicht. Von daher kann man beobachten, dass sein Verhalten bestenfalls von Ignoranz geprägt ist, von Naivität oder Unlust, sich mit diesem Ressort zu befassen. Auffällig ist nur die Überschwänglichkeit, mit der er rund um die Uhr stets die Arbeit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten lobt.

Mein Verdacht ist eher, dass er dort genauso wie bei den Eröffnungen von Freiwilligen Feuerwehrstationen eher um Wählerstimmen bei den Sicherheitsbehörden wirbt. Ein Zitat von ihm, das wir sehr oft gehört haben: Ich habe keinen Grund, die Verhältnismäßigkeit eines polizeilichen Vorgangs infrage zu stellen. So seine Worte bei der Präventivgewalt, bei polizeilichen Übergriffen und bei der Räumung der Krifteler Straße. Die Aussagen der Personen, die bei uns im Sicherheitsausschuss waren – es waren sechs Personen, die übereinstimmend das Vorgehen der Polizei geschildert haben -, nannte er nachher Räuberpistolen. Er hat sie der Lüge bezichtigt. Genau das Gleiche sagte er auch im Fall Wevelsiep. Und er sagte es auch, als bei Blockupy im Jahre 2013 950 Menschen über mehrere Stunden festgehalten wurden. Er sagte es bei den Gleisblockaden gegen Nazis am 1. Mai 2013, und er sagt es, als Busse der VGF für Gefangenentransporte bei Blockupy 2012 benutzt wurden und als selbst die Neue Presse davon schrieb, dass Frankfurt sich in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt hat.

Er sagte es ebenfalls, als es um die Frage nach polizeilichen Gefahrengebieten ging, also wo Frankfurter Bürgerinnen und Bürger ohne konkreten polizeilichen Anlass überprüft werden können. Er sagte, der Magistrat habe nicht vor, Gefahrengebiete einzurichten. Das glaube ich ihm aufs Wort, und das ist auch Sache der Polizei. Aber ich würde doch erwarten, dass ein starker Ordnungsdezernent hinterfragt, wo man in Frankfurt ohne konkreten Anlass plötzlich kontrolliert werden darf. Denn das betrifft fast 50 Prozent der Frankfurter Bevölkerung mit einem Migrationshintergrund, die immer wieder Opfer von Racial Profiling werden.

(Beifall)

Politischen Fragen weicht er aus und er begegnet dem mit einem Rückzug auf Ordnungswidrigkeitstatbestände, etwa bei der Bewertung der Nazi-Blockaden. Da waren mehrere Hundert Menschen, die mutig am Ostbahnhof die Gleise blockierten und erst auf diese Art und Weise verhindert haben, dass Nazis anreisen konnten, die stattdessen in Hanau demonstrieren mussten.

(Zurufe)

Es war keine Straftat, es war eine Ordnungswidrigkeit. Es sind nämlich noch nicht einmal Straftatsbescheide ergangen, sondern nur Ordnungswidrigkeitsbescheide.

Das heißt also, rechtlich war das total banal, aber er hat sich politisch nicht dementsprechend verhalten. Stattdessen werden lieber Lichterketten auf dem Römerberg gemacht und die bösen Nazis angeprangert, aber wenn dann tatsächlich Menschen etwas tun, dann findet sich niemand, der sich politisch vor sie stellt.

(Beifall)

Er hat bei Blockupy sowohl im Jahre 2012 als auch im Jahre 2013 angeprangert, dass dort Demonstrierende planen würden, die Innenstadt zu blockieren. Sie waren selbst hier. Sie haben gesehen, wer mehrere Tage lang die Innenstadt blockiert hat. Es war die Polizei. Die EZB war von NATO-Stacheldraht eingekreist und da möchten Sie mir sagen, dass ein paar Demonstrierende auf der Straße angeblich Menschen an der Aufnahme ihrer Arbeit behindert hätten.

Gleichzeitig, wenn es dann um Kernthemen der CDU wie zum Beispiel die nutzlose Videoüberwachung geht, vertritt er diese sehr stark und befürwortet die Ausweitung der Kameraüberwachung, ohne aber konkrete Nachweise der Wirksamkeit zu nennen. Das ist ein massiver Eingriff in die Privatsphäre und die informationelle Selbstbestimmung. Gleichzeitig werden aber beispielsweise bei den Verkehrsbetrieben und am Hauptbahnhof, wie auch bei der VGF die Speicherfristen erhöht, ohne zu hinterfragen, was das eigentlich bringt. Da werden unser aller Rechte eingeschränkt. Wenn wir da einmal, wie letztes Mal in der Stadtverordnetenversammlung, die Frage stellen, wie denn auf der anderen Seite den Pflichten nachgekommen wird, beispielsweise der Kennzeichnung, dann bekommen wir eine Antwort mit vielen Fragezeichen, wo er sich wieder nicht für zuständig erklärt oder wo er das Thema einfach nicht ernst nimmt.

Dass er das Thema nicht ernst nimmt, sieht man auch daran, dass er einmal im Zuge einer Diskussion über Videoüberwachung in Taxen hier in der Stadtverordnetenversammlung die Aussage tätigte, dass hier auch eine Audioüberwachung stattfindet. Genau das ist das Missverständnis. Dies hier ist eine demokratische Institution. Hier findet ein Streaming oder eben momentan gerade nicht statt, damit die Bürgerinnen und Bürger hören, was wir hier an Demokratie leisten. Demgegenüber ist eine Videoüberwachung oder eine Audioüberwachung eine Einschränkung unserer Bürgerrechte, und die muss in jedem Fall einzeln begründet werden.

(Beifall)

Markus Frank, dem so viel Fingerspitzengefühl in anderen Dingen nachgesagt wird, hat auch einfach im Winter, im letzten Jahr im November, die Räumung der Zelte von Flüchtlingsprotesten befohlen. Natürlich, da ergeht erst einmal eine Verfügung des Ordnungsamtes, gegen die man dann Rechtsmittel einlegen kann. Aber das verunmöglicht im Winter mehrtätige Mahnwachen, wie zum Beispiel um eben auf die Situation von Flüchtlingen in Europa aufmerksam zu machen, und im letzten November war es sehr kalt.

Ich bezweifle, dass er einen richtigen Überblick hat, was seine Versammlungsbehörde im Rahmen des Ordnungsamtes eigentlich macht. Wir haben gesehen, dass die Gefahrenprognosen der Versammlungsbehörde regelmäßig falsch sind. Entweder in die Richtung, dass bei Blockupy Gespenster an die Wand gemalt werden oder in die andere Richtung, dass die Betätigung von Salafisten bei Demos im Vorfeld nicht genügend gewürdigt wird, obwohl dort auch Nazis angekündigt haben, dass sie daran teilnehmen. Die Gefahrenprognosen sind einfach falsch. Ich würde vom Ordnungsdezernenten erwarten, dass er im Rahmen seiner Dienstaufsicht über die Versammlungsbehörde dort einen Überblick über die Großdemonstrationen bewahrt. Wir haben im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit nachgefragt, nachdem in dem Bericht zu Blockupy stand, dass noch keine Erkenntnisse vorhanden sind, wie denn eine Woche vor Blockupy, wo immerhin tausend Demonstrierende erwartet wurden, der aktuelle Kenntnisstand ist. Da hat er gesagt, es liegen keine aktuellen Erkenntnisse vor. Das heißt, entweder interessiert er sich für diese Sachen nicht oder es ist ihm einfach egal. Es ist aber auf jeden Fall ein Zeichen dafür, dass er ein sehr schwacher Ordnungsdezernent ist. Ich rufe jetzt nicht nach einem Law and Order Ordnungsdezernenten, sondern nach jemandem, der das mit Fingerspitzengefühl macht und dabei die Rechte der Frankfurter Bevölkerung beachtet.

Herr Oberbürgermeister, unter Umständen ist Herr Frank die falsche Person für das Amt des Ordnungsdezernenten.

Vielen Dank!

(Beifall)

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