Institut für vergleichende Irrelevanz

Hier das Wortprotokoll meiner Rede zu Ersatzräumen für das Institut für vergleichende Irrelevanz in der Stadtverordnetenversammlung am 25.04.2013:

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr verehrte Damen und Herren!

Ich wäre dafür, dass wir uns jetzt alle wieder abregen, denn wir haben schon seit über einem Jahr an einem Kompromiss gearbeitet. Ich habe, als die ersten Verkaufsgespräche, die ersten Gerüchte des Verkaufs ans Tageslicht kamen, den Dialog mit einem der Vizepräsidenten der Universität gesucht und ihn gebeten: Bitte bezieht das IvI mit ein, findet eine gemeinsame Lösung. Das hat leider nicht funktioniert. Ich glaube, der Vizepräsident ist daran nicht schuld.

Wir haben dann bereits am 29. Mai einen Antrag gestellt, dem IvI Ersatzräume zur Verfügung zu stellen. Die SPD hat am 12. Juni nachgezogen, und es hat dann bis Dezember letzten Jahres gedauert, bis Sie sich überwunden haben, diese Anträge abzulehnen. Wir hatten in der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses zahlreichen Besuch vom IvI, von dessen Sympathisanten und vom AStA. Eine Vertreterin des AStA bemängelte zu Recht die lähmende Untätigkeit der Koalition. Sie hat das noch mit vielen weiteren blumenreichen Metaphern beschrieben, dass Sie ein halbes Jahr lang gezögert haben und am Ende nichts dabei herausgekommen ist.

Jetzt wiederum, fast ein halbes Jahr später, haben wir den Schlamassel. Es gibt das rechtskräftige Urteil zur Räumung des IvI. Ich muss Ihnen sagen, der Zeitpunkt der Räumung war extrem unsensibel gewählt. Franconofurt hat gewartet, bis das Hilfsverfahren von Professor Hirsch abgelehnt wurde und hat dann sofort zugeschlagen. Das Ganze war vor dem 1. Mai, vor Blockupy und genau zu dem Zeitpunkt, an dem der Deutsche Städtetag in Frankfurt stattfindet. Der Kollege hat es gerade schon gesagt, das war ein extrem ungünstiger Zeitpunkt und ich habe großen Respekt vor unserem Oberbürgermeister, dass er in einer solchen Situation versucht zu vermitteln und darauf hinzuwirken, nicht ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt eine Räumung und damit eine Eskalation zu bewirken.

Ich erwarte eigentlich, dass Sie zu Ihrem Wort stehen und das Votum Prüfung und Berichterstattung jetzt nicht nur eine Ablehnung zweiter Klasse ist. Die Mitglieder des IvI haben sich klar dazu bekannt, dass sie bereit sind, einen Verein zu gründen und einen Ansprechpartner zu benennen. Es gibt bereits dem IvI nahe stehende Vereine, die zu solchen Verhandlungen bereit wären. In der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses hat der AStA auch geäußert, dass er gerne als Vermittler auftreten würde. Dort sind schon konkrete Personen benannt worden, mit denen Herr Cunitz in Zukunft dann verhandeln kann.

Gleichzeitig haben sie gesagt, dass ein Mietzins okay ist, sie zahlen die Nebenkosten bereits jetzt.

(Zurufe)

Da muss ich auch Herrn Schmitt widersprechen, der im Februar noch gesagt hat, das IvI würde Strom und Wasser entwenden. Dem ist nicht so. Einerseits hat die Universität das neun Jahre lang geduldet und bezahlt. Nachdem sie das nicht mehr getan hat, hat das IvI Abschlagszahlungen an die Mainova vorgenommen. Auch da muss ich Peter Feldmann danken, denn an dem Abend, an dem er in seinem Amt vereidigt wurde, hatte ich die Gelegenheit, mit Herrn Dr. Alsheimer zu sprechen und ihn zu fragen: Warum wollt Ihr dem IvI denn keinen Strom und kein Wasser geben? Daraufhin meinte er: Das wollen wir gerne, aber der Eigentümer möchte das nicht. Dann haben wir darüber nachgedacht, dass es auch andere Konfliktfälle zwischen Eigentümer und Mietern gibt, und uns gefragt, warum sich die Mainova denn Partei ergreifend für die eine oder andere Seite positionieren soll, denn der Mainova geht es letzten Endes nur darum, Strom, Wasser und Gas zu verkaufen. Genau das hat sie gemacht, und genau das tut sie seit einem Dreivierteljahr auch an das IvI.

Ich war auch auf der Demonstration vorgestern, die enorm groß war. Dort waren über 1.500 Leute, die friedlich demonstriert haben. Vom Kaisersack, über das Schauspiel Frankfurt, über die Hauptwache, wo der Geschäftsführer von Franconofurt am Rande stand. Davon haben sie sich nicht provozieren lassen, sie sind dann über die Alte Oper zum IvI gezogen und auch dort war es weiterhin friedlich. Die Demonstration ist friedlich zu Ende gegangen.

(Zurufe)

Zu einem Schaden in Höhe von 100.000 Euro sei es an der Universität gekommen, sagen Sie. Wir haben das Schreiben alle bekommen, aber ich denke, man kann dem IvI dort keinen Vorwurf machen, wenn …

(Zurufe)

Sehen Sie einmal, Sie müssen das im Kontext sehen. Die Universität hat sich dort auf dem Campus Westend verbarrikadiert. Sie hat weiterhin diesen großen Zaun, sie hat jetzt Überwachungskameras, sie hat die Flure für Studierende gesperrt und Sie glauben, es gibt keinen Protest, dass die Universität sich dort zur Festung macht, und die Schuld dafür möchten Sie jetzt allein dem IvI zuschieben? Seien Sie doch einmal realistisch.

(Beifall)

Ich wende mich explizit gegen Gewalt, und ich habe Ihnen gerade gesagt, dass die Demonstration vom Anfang bis zum Ende gewaltlos war. Sie müssten es einmal hinbekommen, Ihre Angst zu überwinden. Das ist schwierig, denn Angst ist ein Teil des Parteiprogramms und ein Teil Ihrer Landtagswahlstrategie. Sie haben einfach Angst vor den Linken, Sie kriminalisieren junge Leute. Ich habe dort junge Leute getroffen, die die Kinder von Freunden von mir aus den Neunzigern sind, und das sind bestimmt keine Kriminellen. Das sind Leute, die jetzt gerade an der Schwelle zum Erwachsenwerden stehen und keine kriminellen Menschen, auch wenn Sie es so darstellen möchten.

(Zurufe)

Nein, die werfen keine Steine. Das möchte uns die CDU und die FDP im Landtag auch vermitteln. Sie haben beispielsweise gesagt, das Vertrauen in den Rechtsstaat sei erschüttert, das war heute Teil des Antragstextes von CDU und FDP im Hessischen Landtag. Gemeint ist damit, dass Peter Feldmann vermittelnd eingreifen wollte. Also, das erschüttert das Vertrauen in den Rechtsstaat. Boris Rhein wurde heute zitiert, er hat das IvI als Unterschlupf für linke Krawallmacher bezeichnet.

(Beifall)

Und Peter Beuth hat noch einen draufgesetzt, es sei ein Nest von linksautonomen Rechtsbrechern.

(Beifall)

Das ist eine Diffamierung von jungen Erwachsenen, die ich so nicht zulassen kann.

(Beifall)

Peter Beuth hat übrigens auch gesagt, die Gängelung des Menschen ist Leitmotiv grüner Politik, auch in Hessen. Da sehen Sie, wessen Geistes dieser Mensch ist. Sie harmonieren hier mit Schwarz-Grün, aber im Hessischen Landtag herrscht Krieg, und die CDU feuert das noch an.

Wir haben also gesehen, das IvI ist dialogbereit. Ich hoffe sehr, dass Herr Cunitz das auch ist, dass Sie zu Ihrem Wort stehen und jetzt, wie Herr Gangel gesagt hat, eine der zahlreichen leer stehenden städtischen Liegenschaften, wovon wir wahrlich genug haben, auch im Grundbesitz der Stadt Frankfurt …

(Zurufe)

Dann wenden Sie sich an Herrn Cunitz, vielleicht hat er auch noch eine Liegenschaft für die FDP, die hat ja so wenig. Die FDP-Mitglieder leben unter der Brücke und brauchen noch mehr Möglichkeiten. Wenn die FDP in der Lage wäre, ein kulturelles Zentrum aufzubauen, das sich wissenschaftlich mit alternativen Lebensmodellen befasst, und nicht mit der Bereicherung Ihrer Klientel, dann wäre ich doch sehr froh und würde auch dies unterstützen. Das hat das IvI geleistet, und das kann die FDP nicht.

(Beifall)

Ich möchte Sie bitten, konstruktiv an die Sache heranzugehen, nicht weiterhin Ängste zu schüren und zu ignorieren, was die BILD-Zeitung sagt, die zwar von einem gefürchteten 1. Mai redet, aber leider nebenbei vergisst zu erwähnen, dass der 1. Mai in Frankfurt nur darum gefürchtet ist, weil die Nazis hier aufmarschieren werden. Ich hoffe, wir werden Sie alle auf dem Römerberg sehen und dass Sie insofern dem IvI jetzt auch konkrete Angebote machen können. Vielen Dank!

(Beifall)

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