Ausweitung der Umweltzone

Kontext: Wortprotokoll über die 11. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, den 23. Februar 2017 (16.02 Uhr bis 01.04 Uhr), TOP 3, Aktuelle Stunde zur Ausweitung der Umweltzone auf ganz Frankfurt

Stadtverordneter Martin Kliehm, Fraktion DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist an der Zeit, dass wir endlich auch einmal über Stickoxide sprechen, denn Stickoxide sind die Umweltgifte, die besonders gefährlich sind. Frau auf der Heide hat es gerade erwähnt, sie werden verantwortlich gemacht für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Atemwegserkrankungen und auch im Zusammenhang mit damit verbundenen Todesfällen. Es gibt Studien, die belegen, dass gerade im Umkreis von 50 bis 100 Metern von Hauptverkehrsstraßen diese Erkrankungen zunehmen, deswegen müssen wir etwas dagegen tun. Das bedeutet aber auch einen Paradigmenwechsel, wenn es zum Beispiel darum geht, ob wir eine Autobahn einhausen oder ob wir Wohnblöcke als Lärmschutzwand verwenden. Das geht nicht. Diese Menschen sind nicht nur Lärm-, sondern auch Umweltschadstoffen ausgesetzt, das heißt, wir brauchen Filteranlagen. Da müssen Sie umdenken.

(Beifall, Zurufe)

Dazu komme ich gleich.

Neuer als die Fraunhoferstudie ist tatsächlich eine Studie des Magistrats, die Ihnen vielleicht bekannt ist, das ist die Studie zur Wirksamkeit der Umweltzone in Frankfurt am Main vom Mai 2011. Darin wurde zum Beispiel gesagt, dass durch die Umweltzone an der Friedberger Landstraße der Ausstoß von Stickoxiden bereits damals um fünf Prozent gesunken ist. Es wurde für die Einführung der grünen Plakette, was dann 2011 geschehen ist, ein Minus von neun Prozent prognostiziert, nötig wäre aber ein Minus von 30 Prozent an der Friedberger Landstraße.

Sie sehen, das bisschen Umweltzone wird nicht reichen. Wir haben heute Morgen, ich habe es mir gerade auf der Internetseite des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie angesehen, ganz klar in Frankfurt-Ost und in Höchst sehen können, wie die Hintergrundwerte, nicht direkt an der Straße, im Berufsverkehr stark ansteigen. Wir hatten heute Morgen in Frankfurt-Ost Werte um die zehn Mikrogramm pro Kubikmeter. Die sind im Berufsverkehr ab 6.00/9.00 Uhr angestiegen auf fast 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. In Höchst haben wir interessanterweise auch nachts einen sehr hohen Hintergrundwert. Dort sind die Werte heute Nacht zwischen 2.00 Uhr und 3.00 Uhr jeweils bei 22 Mikrogramm geblieben. Sie sind im Gegensatz zu Frankfurt-Ost nicht abgesunken, das heißt, dass wir nachhaltig vorgehen müssen.

Klar, den größten Ausstoß erzeugen Dieselfahrzeuge, deren Anteil müssen wir reduzieren. In Höchst sehen wir aber auch, dass wir den Anteil der Industrieemissionen reduzieren müssen. Wir müssen nachhaltig vorgehen, den Lieferverkehr und den Busverkehr nach und nach auf Hybrid- und Elektrofahrzeuge umstellen. Wir müssen dann ein Durchfahrtsverbot, wie 2011 schon gefordert, für Dieselfahrzeuge oder Diesellieferverkehr in der Höhenstraße und in der Friedberger Landstraße durchsetzen, …

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Herr Kliehm, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Stadtverordneter Martin Kliehm, Fraktion DIE LINKE. im Römer:

(fortfahrend)

… den Dauerstau auflösen und den Umstieg auf den ÖPNV und Radverkehr erleichtern.

Vielen Dank!

(Beifall)

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Wildtierhaltung im Zirkus

Über siebzig Kommunen haben in Deutschland bereits Verbote und Beschränkungen für Zirkusunternehmen mit Wildtieren ausgesprochen.

Ich frage den Magistrat:

Welche Meinung hat der Magistrat zu Wildtierhaltung im Zirkus?

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Sanierungsstau im Rebstockbad

Teile der Westfassade des Rebstockbads sind seit Längerem eingerüstet. Dass das Bad von 1982 in den 35 Jahren seines Bestehens noch nie grundsaniert wurde, rächt sich jetzt. Durch das Sturmtief „Egon“ wurden weitere Teile beschädigt. Nun ist die Westfassade innen und außen komplett eingerüstet, die Whirlpools waren zeitweise und der Treppenaufgang zur Rutsche ist noch immer gesperrt.

Ich frage den Magistrat:

Wie konnte es zu einem derartigen Sanierungsstau kommen und wann steht das Rebstockbad wieder uneingeschränkt, ohne Baugerüste und Dauersanierungen, den Bürger*innen zur Verfügung?

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Veränderung der Luftschadstoffwerte während des Streiks der Busfahrer*innen

Frankfurt muss in Zukunft ein nachhaltiges Verkehrskonzept verfolgen, um den Klimawandel aufzuhalten. Eine Maßnahme ist die Umstellung der Linienbusse auf nachhaltige, elektrische und damit auch weniger lärmintensive Antriebstechnologien. In anderen Städten gehören Busse mit Hybrid- und Elektroantrieb schon jetzt zum Alltag.

Ich frage den Magistrat:

Inwiefern konnten während des zweiwöchigen Streiks der Busfahrerinnen und Busfahrer in Frankfurt Anfang Januar 2017 Veränderungen in den Luftschadstoffwerten im Stadtgebiet festgestellt werden unter Berücksichtigung vergleichbarer Wetterlagen in Vorjahren?

Schriftliche Antwort von Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne)

Die Fragestellerin stellt richtigerweise fest, dass bei Kurzzeitvergleichen unbedingt die Wetterlage berücksichtigt werden muss. Das Wetter hat einen starken Einfluss auf die Luftschadstoffbelastung, daher können wir den Effekt des Busstreiks auf die Luftschadstoffbelastung nicht bemessen. Der Januar wurde von einer ausgeprägten austauscharmen Wetterlage dominiert.

Der Wert für Stickstoffdioxid lag im Januar 2016 an der Messstation Höchst durchschnittlich bei 32 µg/m³ während im Januar 2017 – trotz Busstreik – ein Durchschnitt von 52 µg/m³ erfasst wurde.

Entsprechend hoch waren im Januar 2017 die tageweisen Konzentrationsschwankungen, sodass sich ein möglicherweise vorhandener Konzentrationsrückgang nicht an den Messwerten ablesen lässt.

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Investitionen in Infrastruktur des RMV

Die Frankfurter Neue Presse berichtet am 6. Februar 2017 über einen neuen Fahrgastrekord beim Rhein-Main Verkehrsverbund (RMV) im Jahr 2016. Die Fahrgastzahlen seien um 8 Millionen auf 735 Millionen gestiegen, das entspricht einem Zuwachs um 1,1 Prozent. Ohne Preiserhöhung müssten die Einnahmen im gleichen Zeitraum ebenso um etwa 1,1 Prozent gestiegen sein. Tatsächlich sind aber auch die Fahrpreise in Frankfurt um zusätzlich 3,6 Prozent gestiegen.

Ich frage den Magistrat:

Um wieviel Prozent sind im Vergleichszeitraum Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur gestiegen, welche die Stadt und der RMV in Frankfurt am Main getätigt haben?

Schriftliche Antwort von Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD)

Zunächst ist richtigzustellen, dass die durchschnittliche Tariferhöhung im RMV von 2015 auf 2016 lediglich 1,85% betrug.

Der Rhein-Main-Verkehrsverbund RMV besitzt keine eigene Infrastruktur, sodass auch keine Gesamtinvestitionshöhe in den Ausbau der Infrastruktur für das Jahr 2016 beziffert werden kann. Investitionen in die Infrastruktur werden hier indirekt über die Bestellerentgelte getätigt. Für den Ausbau, den Erhalt und die Bewirtschaftung der ÖPNV-Infrastruktur im lokalen Frankfurter Busverkehr erhöhten sich die Investitionen im Jahr 2016 gegenüber 2015 um rund 4,4 %.

Betrachtet man die Entwicklung der getätigten Investitionen der VGF so erhöhen sich diese in 2016 gegenüber dem Vorjahr um 14,8 Millionen Euro, das entspricht 46,2 %. Ursächlich für diese Steigerung sind im Wesentlichen folgende Maßnahmen: barrierefreier Umbau der Bestandshaltestellen U5, Haltestellenumbauten Linie 12 und Verstärkung der Fahrstromversorgung.

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Mit dem Rad: Schnell und sicher um den Anlagenring

Geschützter Radstreifen in Boston

Quelle: Jessi Flynn, Boston Cyclists Union.


Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt,

  • eine Fahrspur des Anlagenrings ausschließlich dem Radverkehr zu widmen,
  • diese Fahrspur durch farbliche Markierung optisch abzuheben und sie durch einen Überfahrschutz vor motorisierten Fahrzeugen zu schützen.

Begründung

In anderen Ländern sind so genannte „Protected Bike Lanes“ ein häufig genutztes Instrument im Radverkehr: Durch eine Bodenschwelle oder festinstallierte Pfosten werden die Radschutzstreifen vom motorisierten Verkehr getrennt. Solche geschützten Radfahrstreifen steigern die Sicherheit beim Fahren und tragen damit erheblich zur Attraktivität des Radverkehrs bei. Außerdem können sie schwerer zugeparkt werden.

Gerade ungeübte Radfahrer*innen fühlen sich sicherer, wenn sie die Fahrspur nicht mit dem motorisierten Verkehr teilen müssen. Durch eine angemessene Breite, die auch Überholen ermöglicht, die farbliche Abhebung und ausreichenden Abstand zum fließenden Verkehr wird dieses Sicherheitsgefühl verstärkt.

Der Anlagenring verbindet zentrale Plätze in Frankfurt miteinander. Zurzeit zeugt die Gestaltung dieser innerstädtischen Wegeverbindung von der Bevorzugung des Autoverkehrs und ist überdimensioniert. Gleichzeitig gibt es Beschwerden über den Radverkehr innerhalb der Grünanlage.

Daher setzt die Stadt ein Zeichen, indem sie auf dem Anlagenring Frankfurts ersten geschützten Radfahrstreifen installiert und dafür eine Fahrspur des Autoverkehrs umwidmet. Insgesamt zeigt die Stadt Frankfurt mit der Einrichtung von Protected Bike Lanes auf Hauptstraßen wie dem Anlagenring, dass sie sich dafür einsetzt, den Anteil des Radverkehrs am Stadtverkehr zu erhöhen, die Radfahrer*innen ernst zu nehmen und besser zu schützen.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Grüne Welle statt Grüner Dogmatismus

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt, nachts die Schaltung der Lichtsignalanlagen auf Hauptverkehrsstraßen besser aufeinander abzustimmen, so dass eine Grüne Welle entsteht. Gleichzeitig sollen Geschwindigkeitssignale einen ruhigeren Verkehrsfluss ermöglichen.

Begründung

Im Februar 2017 hat der Verkehrsdezernent das Ergebnis des Verkehrsversuchs Tempo 30 bei Nacht auf ausgewählten Hauptverkehrsstraßen im Verkehrsausschuss vorgestellt. In dem Verkehrsversuch wurde eine Lärmminderung um durchschnittlich 27 Prozent erzielt.

Die Studie betont aber, dass der Verkehrsfluss großen Einfluss auf die Lärmemissionen hat. Die meisten Ampelanlagen entlang der Teststrecken sind bereits für eine Grüne Welle koordiniert, aber es fehlen Geschwindigkeitssignale, die eine Richtgeschwindigkeit empfehlen. Diese würden ermöglichen, dass weniger gebremst und beschleunigt und der Verkehrsfluss deshalb gleichmäßiger wird. Das reduziert Straßenlärm und Abgasmengen, was den Anwohner*innen zugutekommt. Auch Rasen wird sinnlos, weshalb die Straßen sicherer werden.

Unser Ziel ist weniger Autoverkehr in der Stadt. Im Übrigen müssen wir das Radwegenetz ausbauen und die Nachtbus- und Bahnverbindungen stärken.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Die Volleinhausung ist finanzierbar!

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer zu NR 235/2017

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt, Haushaltsmittel einzustellen, um die Einhausung der A 661 auf einer Länge von 1.800 Metern und die Installation von Filteranlagen zu gewährleisten. Die Baumaßnahme zur Einhausung ist zeitnah zu realisieren.

Begründung

Die reiche Stadt Frankfurt kann sich nicht nur eine neue Altstadt, ein Stadthaus und die horrenden Mehrkosten dafür leisten, sondern auch die Einhausung der A 661.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Keine Räumung ohne Unterbringung

Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer gemäß § 17 (3) GOS

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Das Gelände Gutleutstraße 332 wird nicht geräumt, solange der Magistrat keine menschenwürdigen Unterbringungsmöglichkeiten für die dort lebenden Personen bereitstellt.

Begründung

Nachdem der Magistrat alle bisherigen Vorschläge zur Unterbringung der Menschen, die auf der Brache in der Gutleutstraße unter unwürdigen Umständen leben, abgelehnt hat, droht er nun mit Räumung des Geländes. Er hat den Betroffenen keine akzeptable Perspektive angeboten.

Das geht nicht!

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Abschiebungen nach Afghanistan verhindern

Dringlicher Antrag Antrag gem. § 17 (3) GOS

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt nutzt alle rechtlichen Spielräume, um Abschiebungen nach Afghanistan zu verhindern.

  • Das Ordnungsdezernat weist die Ausländerbehörde der Stadt Frankfurt an, keine Abschiebungen in das Kriegsgebiet Afghanistan anzuordnen.
  • Die Stadt Frankfurt als Anteilseignerin der Fraport AG wirkt auf diese ein, keine Flüge zwecks Abschiebungen nach Afghanistan vom Flughafen Frankfurt und Flughäfen, an denen die Fraport AG mittelbar und unmittelbar beteiligt ist, abzufertigen.

Begründung

Am 14. Dezember 2016 und 23. Januar 2017 hat Deutschland mit Sammelabschiebungen nach Afghanistan begonnen. Auch Menschen aus Hessen wurden abgeschoben. Die Regierung plant, weitere Menschen in das Kriegsgebiet abzuschieben. Das muss ein Ende haben!

Vielerorts kommt es in Afghanistan zu heftigen Kämpfen. Bombenanschläge sind an der Tagesordnung. Die Taliban kontrollieren Teile des Landes. Durch die bewaffneten Konflikte verlieren jedes Jahr tausende Menschen ihr Leben, ihre Häuser, ihre Lebensgrundlage.

Hunderttausende Afghan*innen befinden sich bereits auf der Flucht – viele als Binnenflüchtlinge oder in den Nachbarländern. Im aktuellen UNHCR-Bericht heißt es, dass das gesamte Staatsgebiet Afghanistans von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des Art. 15c der EU-Qualifizierungsrichtlinie betroffen ist. Auch die jüngsten Terroranschläge in Kabul am 21. November mit mindestens 27 Toten oder in von der Regierung zuvor als sicher eingestuften Masar-i-Sharif am 10. November mit mindestens 4 Toten und 128 Verletzten, wonach auch das deutsche Konsulat in Trümmern liegt, zeigen ganz klar: Afghanistan ist nicht sicher. Im Jahr 2016 waren 3.498 tote und 7920 3.500 verletzte Zivilist*innen zu beklagen.

Das Auswärtige Amt rät von Reisen in das Land ab. Auf der Internetseite des Amts heißt es: In ganz Afghanistan besteht ein hohes Risiko, Opfer einer Entführung oder eines Gewaltverbrechens zu werden. Landesweit kann es zu Attentaten, Überfällen, Entführungen und andere Gewaltverbrechen kommen.

Dies zeigt: Afghanistan ist entgegen den Behauptungen der verantwortlichen Politiker*innen, insbesondere Innenminister Thomas de Maizière, kein sicheres Land. Mit dem Hinweis auf innerstaatliche Fluchtgelegenheiten werden massenhafte Abschiebungen nach Afghanistan gerechtfertigt. Dies ignoriert jedoch sowohl die Lebensrealität und die raschen Veränderungen der Sicherheitslage in Afghanistan, als auch die persönlichen Hintergründe für zurückgeführte Asylsuchende.

Menschenrechtsorganisationen schätzen die Sicherheitslage sehr schlecht ein und weisen auf verschlechternde Tendenzen hin. Es gibt keinen sicheren Aufenthalt für afghanische Geflüchtete und keine Möglichkeit für ein Leben, das mit dem Verständnis der Würde des Menschen, wie sie im Grundgesetz festgeschrieben ist, vereinbar wäre!

Vor diesem Hintergrund gilt es, die kommunalen Spielräume zu nutzen. Der Prozess der Abschiebungen wird in der lokalen Ausländerbehörde in Gang gesetzt. Sie entscheidet faktisch, welche Namen auf den Abschiebelisten stehen und kann so auch entscheiden, dass kein Mensch aus unserer Stadt in Kriegsgebiete abgeschoben wird.

Ein entsprechender Beschluss der Stadtverordnetenversammlung macht deutlich, dass die politisch Verantwortlichen von der Frankfurter Stadtverwaltung erwarten, die Grundsätze der Menschenwürde einzuhalten und Menschen nicht in Kriegsgebiete abzuschieben.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Bedeutung der Industrie würdigen: Runder Tisch für den Industriepark Griesheim

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat entwickelt in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Unternehmen, Vertreter*innen der Stadt und Akteuren des Masterplans Industrie eine langfristige Strategie für den Erhalt des Industrieparks Griesheim und setzt sie um. Dafür wird ein Runder Tisch mit allen Beteiligten gegründet.

Begründung

Der Industriepark Griesheim ist ein traditionsreicher Frankfurter Industriestandort für Chemie, Industrie und verarbeitendem Gewerbe. Das 74 Hektar große Areal bietet beste infrastrukturelle Vorausetzung für Unternehmen. Trotzdem wandern seit Jahren Unternehmen ab, was zum Wegfall von Arbeitsplätzen führt. Mit der Schließung der Elektrokathoden-Fabrik des Unternehmens SGL Carbon im Jahr 2016 hat der Niedergang des Industriestandortes Frankfurt einen weiteren Tiefpunkt erreicht.

Diese Entwicklung muss aufgehalten werden, um Arbeitsplätze am Standort zu erhalten und durch Neuansiedlung von Unternehmen neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Mit dem Masterplan Industrie, an dessen Entstehung die Stadt, Gewerkschaften und Wirtschaftsvertreter beteiligt waren, wird ein langfristiger Strategieprozess verfolgt, um den Industriestandort Frankfurt zu stärken und für die Zukunft zu erhalten. Der Industriepark Griesheim bietet mit seinem Potenzial die besten Voraussetzungen um, im Sinne des Masterplans verarbeitendes Gewerbe in Frankfurt anzusiedeln. Damit dies gelingt benötigt der Industriepark ein neues Nutzungskonzept, um eine tragfähige und langfristige Strategie zu entwickeln. Für ein solches Konzept benötigt es die Zusammenarbeit aller Beteiligten – Unternehmen, Gewerkschaften, Vertretern der Stadt und auch anderen Akteuren, die an der Entstehung des Masterplans Industrie mitgewirkt haben.

Die Verantwortlichen in der Frankfurter Politik haben lange genug die Industrie zugunsten des Dienstleistungssektors vernachlässigt. Neue Studien zeigen aber, dass die Industrie für Frankfurt und die Region bedeutender ist, als es die Verantwortlichen bisher wahrhaben wollten.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Stadthaus für alle

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Vorlage NR 195/2016 wird mit dem Zusatz zugestimmt, dass der Magistrat beauftragt wird, mit dem Betreiber zusammen möglichst bald ein Konzept für das Stadthaus zu entwickeln und umzusetzen, wonach die Räumlichkeiten zu einem ähnlichen Preisniveau wie die Saalbauten vermietet werden.

Begründung

In der Ausschusssitzung des Sonderausschusses Dom-Römer am 23. Januar 2017 gab Stadtrat Schneider an, dass das neue Stadthaus zu einer Tagesmiete von 3.500 Euro (sowie an 50 Terminen im Jahr ermäßigt für 1.500 Euro) angemietet werden könne. Beträge in der Höhe sind für den Großteil der Frankfurter Bürger*innen und Vereine nicht bezahlbar und nicht vergleichbar mit den Preisen der städtischen Saalbau GmbH.

Da die Stadtgesellschaft mit Steuergeldern für den Bau aufgekommen ist, muss die Vermietung nun so gestaltet sein, dass alle die Räume nutzen können und nicht allein eine kleine Oberschicht. Die innenstadtnahe Lage kann kein Grund für die hohen Preise sein, da das Grundstück und das Gebäude darauf der Stadt gehören.

Das ab sofort zu erarbeitende Konzept hat zum Ziel, dass das Stadthaus nicht in der Hauptsache als Ausweichstandort für Termine dient, die zurzeit im Römer stattfinden – wie bisher geplant. Stattdessen sollen alle die Möglichkeit haben, das Stadthaus anzumieten.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Wohnraum schaffen am Alten Polizeipräsidium

Kontext: Wortprotokoll über die 10. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, den 26. Januar 2017 (16.00 Uhr bis 0.14 Uhr), TOP 11, Polizeipräsidium besser nutzen

Stadtverordneter Martin Kliehm, Fraktion DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Mike Josef!

Die SPD in Berlin ist anscheinend klüger. Sie hat die Wohnungen zwar vor einigen Jahren zusammen mit den LINKEN. verscherbelt, ist mittlerweile aber eine neue Koalition eingegangen und kauft diese Wohnungen zurück. Sie möchte in den nächsten Jahren 100.000 Sozialwohnungen bauen. Wenn wir die einmal in Frankfurt gebaut haben, dann haben wir, glaube ich, keine Sorgen mehr.

Tatsächlich muss man feststellen, dass der Antrag der LINKEN. vom Oktober letzten Jahres nicht nur heute Abend noch einmal Bewegung in das Haus gebracht hat, sondern auch endlich einmal Bewegung in die Planungen für das Areal des Polizeipräsidiums. Im November hatte die FDP das Thema ebenfalls aufgegriffen. Dann wurde es drei Monate geschoben, bevor sich die Koalition dazu geäußert hat. Sie haben wie immer die Minimallösung gewählt und gesagt: „Ui, wir müssen den Bebauungsplan ändern.“ Das stand übrigens auch in unserem Antrag. Das haben Sie so abgeschrieben.

Währenddessen spekuliert das Land Hessen seit fünfzehn Jahren und Mike Josef sagt, es tut dem Land Hessen nicht weh, das Areal jetzt noch drei weitere Jahre vergammeln zu lassen. Der Punkt ist doch, dem Land Hessen ist es scheißegal, was mit dem Polizeipräsidium passiert, aber uns darf es eben nicht egal sein. Wir sind die Verantwortlichen, wir müssen es ausbaden, wenn die Frankfurterinnen und Frankfurter keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Da kann man schon erwarten, dass man dem Land Hessen etwas Druck macht.

Ich hatte es nicht für möglich gehalten, aber manchmal wünsche ich mir Petra Roth zurück. Sie hat es wenigstens geschafft, den Campus Bockenheim zu kaufen. Sie hat uns zwar jahrelang nicht verraten wollen für wie viel, wir mussten erst eine Anfrage im Hessischen Landtag stellen. 74 Millionen Euro waren es und nicht 100 Millionen Euro. Der Campus Bockenheim ist etwas größer. Da muss es doch möglich sein, dies für dieses kleine Polizeipräsidium zu wiederholen. Davon abgesehen, wir können gerne auch das neue Polizeipräsidium in Wohnraum umwandeln. Sie kennen mich, ich habe bestimmt nichts dagegen.

(Beifall, Zurufe)

Zu den neuen Planungsgebieten: Mein Gott, damit können Sie uns wirklich nicht kriegen. Wir werden noch eine Menge Ideen entwickeln. Fakt ist, dass Ihre Klientelpolitik neue große Planungsgebiete verhindert. Die CDU möchte nicht auf dem Pfingstberg bauen, weil dann die Bauern aufmarschieren. Wenn wir vorschlagen, im Bereich der Nordweststadt – in Richtung Steinbach ist noch jede Menge Platz – zu bauen, dann wird die SPD etwas dagegen haben, weil die Nordweststadt traditionell SPD wählt. Aber das tut uns doch nicht weh. Wir können fordern, am Pfingstberg und in der Nordweststadt zu bauen.

Was Ihnen fehlt, sind die Visionen. Ein Kollege hat zum Polizeipräsidium gesagt, dass nicht noch einmal so ein Wohnhochhaus gebaut werden sollte, bei dem noch einmal so ein paar Lofts oben drauf sind und dann irgendwie 30 Prozent an Wohnungen entstehen. Sie könnten auch einmal etwas Neues entwickeln.

Wir sehen es an Berkersheim: Derselbe alte Mist wie immer. Ja, Sie können dort ein paar Wohnungen bauen. Wie wäre es denn aber einmal mit wohnortnahem Leben und Arbeiten? Wie wäre es denn, wenn die Leute dort nicht nur Wohnungen haben, sondern dort auch ein Quartier entsteht und Arbeitsplätze sind, durch die etwas beim Nahverkehr gespart werden könnte? Es muss doch so sein, dass man an einem Ort alles hat, was man braucht, eben die Möglichkeit hat, dass man dort einkaufen kann, dass dort Kitas und Schulen sind, dass dort ein Gemeinschaftszentrum für den Stadtteil ist. Dann wären auch die Berkersheimer damit einverstanden, wenn ihnen nicht nur so eine Trabantensiedlung vor die Tür geklotzt wird.

Dazu muss man Ideen haben, dazu muss man Visionen haben und genau diese brauchen wir für das Areal des Polizeipräsidiums. Ich bin froh, dass Sie endlich aufgewacht sind und diesen Weg gehen wollen.

Danke sehr!

(Beifall)

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Notwendiges Dezernat statt Versorgungsposten

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer zur Vorlage Nr. 194/2016

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Die Stadtverordnetenversammlung verzichtet auf die Wiederwahl von Stefan Majer als hauptamtliches Mitglied des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main.
  2. Die bisherigen Aufgaben des Gesundheits- und Personaldezernenten werden auf andere Dezernate übertragen.
  3. Die Stadtverordnetenversammlung schlägt dem Oberbürgermeister die Errichtung eines Dezernats vor, das sich mit den Fragen von Migration, Antidiskriminierung, Antirassismus, Diversität und gesellschaftlicher Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen annimmt.
  4. Das neu zu bildende Dezernat soll
    1. eigenständig sein und
    2. personell aufgestockt werden.
  5. Die Ausländerbehörde wird dem neuen Dezernat unterstellt.
  6. Das neue Dezernat kümmert sich um die Belange von Geflüchteten.
  7. Die Stelle eines hauptamtlichen Mitglieds des Magistrats für die Führung des neuen Dezernats wird ausgeschrieben.

Begründung

CDU, SPD und Grüne schlagen in ihrem gemeinsamen Antrag NR 194/2016 die Wiederwahl von Gesundheits- und Personaldezernenten Stefan Majer vor. Dieser Vorschlag geht am gesellschaftlich Notwendigen völlig vorbei.

Schon die Wahl von Stadtrat Jan Schneider war eher parteipolitischen Überlegungen geschuldet als kommunalen Erfordernissen: Schneider wurde erst zum Dezernenten gewählt, und dann mussten Aufgaben für dieses Amt gefunden werden.

Genauso wie damals geht es diesmal um die Schaffung von Versorgungsposten und dient eher der Koalitionsarithmetik.

DIE LINKE. im Römer schlägt dagegen vor, heute wie damals, eine hauptamtliche Dezernentin oder einen Dezernenten für Inklusion und Migration zu wählen. In einer Zeit, in der rechte und islamistische Gewalt zunimmt, „racial profiling“ relativiert wird und Vorurteile und Marginalisierung zunehmen, brauchen wir für Frankfurt ein geeignetes Instrument, um dem entgegenzuwirken.

Das Dezernat für Inklusion und Migration versteht DIE LINKE nicht als eine Einrichtung, die sich den „Problemen“ von und mit „Ausländern“ annimmt. Wir verstehen darunter einen gesamtgesellschaftlichen, ermöglichenden Ansatz. Es geht um die Frage: Wie gestalten wir das Zusammenleben von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen – und zwar gemeinsam. Das Dezernat soll Möglichkeiten zur vollen gesellschaftlichen Teilhabe aller schaffen. Diese Aufgabe kann nicht, wie es derzeit versucht wird, von einer Dezernentin nebenbei erledigt werden.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Verantwortung behalten – kein Verkauf des Kinderhauses Frank

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der Magistrat wird aufgefordert, sich mit allen ihm zu Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass der vae e.V. (Verein Arbeits- und Erziehungshilfe e. V. und vae gGmbh) Träger des Kinderhauses Frank bleibt und der jetzige Standort erhalten wird. Sollte ein Um- bzw. Neubau unumgänglich sein, muss dieser im laufenden Betrieb stattfinden.
  2. Der Magistrat wird beauftragt, für eine ausreichende Refinanzierung der Einrichtung zu sorgen.

Begründung

Das Kinderhaus Frank ist eine Wohneinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonders hohem Pflegebedarf. Seit 1995 ist der vae e. V. Träger des zuletzt 2005 erweiterten Kinderhauses. Momentan wohnen 18 Kinder und Jugendliche in der Einrichtung und werden dort betreut und gepflegt.

Die intensiv-pflegebedürftigen Kinder und Jugendlichen haben hier Bezugsärzt*innen und Bezugskrankenhäuser, zum Beispiel die Uniklinik Frankfurt am Main.

Der vae e. V. plant, sich als Träger des Kinderhauses Frank, Ende März 2017 zurückzuziehen und die Einrichtung an den St. Vincenzstift abzugeben. Dieser will das bestehende Gebäude abreißen und an selbiger Stelle einen Neubau errichten. Die geplante Bauzeit wird mit drei Jahren angegeben.

Mit dem Verkauf des Hauses verliert die Stadt Frankfurt erheblich an Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung und den Erhalt des für Frankfurter*innen einmaligen Angebots. Derzeit ist Sozialdezernentin Prof. Dr. Daniela Birkenfeld im Vorstand des Träger Vereins.

Der vae e. V. begründet den Verkauf des Kinderhauses Frank mit zwei Punkten:

  1. Das Kinderhaus Frank sei die einzige stationäre Einrichtung des vae e. V. und würde somit nicht in das Gesamtkonzept passen – dies nach 21jähriger Trägerschaft des Kinderhauses anzuführen, ist wenig glaubwürdig.
  2. Das Kinderhaus Frank würde ein jährliches „Defizit“ von 200.000 Euro „erwirtschaften“. Da die Betreuung von Kinder und Jugendlichen nicht profitorientierter Logik unterworfen werden kann, kann hier höchstens von einer nichtgedeckten Refinanzierung die Rede sein.

Letztendlich ist es eine politische Entscheidung der Stadt Frankfurt am Main, das Kinderhaus Frank mit seinem einmaligen Angebot für Frankfurter*innen zu erhalten, in Frankfurter Trägerschaft zu belassen und die Refinanzierungslücke aus Haushaltsmitteln zu schließen.

Sollte ein Um- bzw. Neubau unumgänglich sein, um die Einrichtung und das Angebot langfristig für das Gebiet der Stadt Frankfurt zu sichern, ist dieser bei laufendem Betrieb möglich. Das Kinderhaus Frank besteht aus zwei Gebäudekomplexen – Wohngruppe und intensive Pflege. Einzelne Komplexe können für Baumaßnahmen geräumt und die Bewohner*innen intern verlegt werden.

Eine Verlegung in andere Einrichtungen ist für die Kinder und Jugendlichen eine nicht hinnehmbare Belastung. Sie würden aus ihrer gewohnten sozialen Umgebung und aus den bestehenden medizinischen Versorgungsnetzen gerissen. Zudem müssten die Kinder innerhalb von drei Jahren zwei- bis dreimal umziehen. Erst in die Ausweicheinrichtung und dann – je nachdem, ob sie über 18 oder jünger sind – wieder zurück und dann später in eine Einrichtung für Erwachsene oder aber eben direkt in eine neue Einrichtung.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Tierquälerei verdient keinen Applaus

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der Magistrat wird beauftragt, Behörden, die mit der städtischen Platzvergabe betraut sind, anzuweisen, keine Stellplätze für Zirkusbetriebe mehr zur Verfügung zu stellen, die Tierdressuren – insbesondere mit Wildtieren – im Programm haben.
  2. Die Einhaltung bereits geschlossener Verträge wird mit regelmäßigen Kontrollen durch den amtstierärztlichen Dienst des Ordnungsamtes überprüft.
  3. Der Magistrat entwickelt mit Initiativen, zoologischen Gärten und Tierschutzorganisationen ein Programm, das den Zirkussen, unter Gesichtspunkten des Tierschutzes, den Ausstieg aus der Tierhaltung ermöglicht.

Begründung

In § 2 des deutschen Tierschutzgesetzes steht, dass Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und untergebracht werden müssen. Tiere werden mit Instinkten geboren, die ihrer natürlichen Umgebung bedürfen, um ausgelebt zu werden (wie bspw. der angeborene Jagdinstinkt). Werden sie aufgrund von engen Transportwagen oder kleinen Gehegen ihrer Bedürfnisse zum Klettern, Laufen oder Schwimmen beraubt, entstehen Leid und Stress. Unter Hinzunahme fragwürdiger, meist auf Gewalt und Zwang basierender Dressurmaßnahmen bilden sich schwere Stereotypien (Verhaltensstörungen) und Aggressionen, die sich auch zuungunsten auf ihre menschlichen Dompteure auswirken.

Artgerechte Tierhaltung im Zirkus ist deshalb nicht möglich. Das Leid der Tiere ist nur schwer für die Besucher*innen sichtbar. Die Zirkustierhaltung soll nicht als eine Norm präsentiert werden. Kinder – Zielgruppe der Zirkusse – sollten vielmehr in dem Bewusstsein aufwachsen, dass das Wohle aller Lebewesen schützenswert ist.

Wie beispielsweise der „Cirque du Soleil“ beweist, stoßen Angebotsformen in einem Zirkusbetrieb ohne die Haltung und Dressur von Tieren nach wie vor auf öffentlichen Anklang.

Die für jeden Zirkus geltenden Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen schaffen keine Abhilfe der Gewalt und Ausbeutung. Es handelt sich um Richtlinien, die nicht hundertprozentig befolgt werden, da deren Verbindlichkeit gesetzlichen Verpflichtungen nicht entspricht.

Das neue Tierschutzgesetz vom Juli 2013 enthält die Ermächtigung des Bundesministeriums, bei entsprechenden Voraussetzungen das Zur-Schau-Stellen von Tieren wildlebender Arten an wechselnden Orten durch Rechtsverordnung zu beschränken oder zu verbieten (§ 11 Abs. 4 Tierschutzgesetz). Die Rechtmäßigkeit des kommunalen Wildtierverbotes wurde schließlich seit April 2016 durch ein rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts in München bestätigt. Die Stadt Frankfurt am Main macht von dieser Ermächtigung Gebrauch, genauso wie die mittlerweile über 70 anderen deutschen Städte, die bereits Verbote und Beschränkungen für den Zirkus mit Wildtieren ausgesprochen haben. In Länder wie Malta und Griechenland herrscht sogar ein grundsätzliches Verbot von Tieren in Zirkusbetrieben.

Bezüglich der Debatte um ein gegebenenfalls vorliegendes Berufsverbot für Dompteure äußern sich der Bundesrat, die Bundesregierung und das Bundesjustizministerium im Sinne des Tierschutzes: Es geht hier allein um eine marginale Berufsausübungsbeschränkung, nicht etwa um einen Eingriff in die Berufswahl […] Der Tierschutz ist mit der Aufnahme als Staatsziel in Artikel 20a GG als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut einzuordnen.

Den kompliziert zu bewerkstelligenden Ausstieg aus der Tierhaltung unterstützt die Stadt Frankfurt am Main mithilfe von städtischen Initiativen und Zoos. Im Rahmen eines speziell auf Zirkusse mit Wildtierhaltung ausgerichteten Programms, ist der Ausstieg aus der Wildtierhaltung angenehmer zu gestalten. Dies muss in Bezugnahme auf das Tierschutzgesetz gewährleistet sein.

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Preise für RMV-Monatskarte an Mobilitätspauschale anpassen

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der Magistrat wird beauftragt, auf den RMV hinzuwirken, ein Sozialticket für weniger als 25 Euro im Monat für Personen anzubieten, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten.
  2. Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, nach dem auch Personen mit geringem Einkommen das Sozialticket mit möglichst wenig bürokratischem Aufwand erhalten.

Begründung

Eine Monatskarte für das Stadtgebiet Frankfurt (Tarifgebiet 5000) kostet zurzeit für Erwachsene ohne Ermäßigung 87,40 Euro. Im Regelsatz des Arbeitslosengeld II (ALG II) für Erwachsene in Höhe von 409 Euro sind allerdings die Ausgaben für Mobilität mit 25,77 Euro im Monat vorgesehen. Eine Angleichung des Preises für den öffentlichen Nahverkehr an den im ALG II-Regelsatz vorgesehenen Anteil für Mobilität ist dringend erforderlich. Ziel muss sein, dass am Ende des Monats noch Geld für andere Ausgaben übrig ist – für Verkehrsmittel wie ein Fahrrad oder gelegentliche Fernreisen.

Bisher gibt es eine Ermäßigung für Inhaber*innen des Frankfurt-Passes – sie erhalten das Monatsticket für 61,90 Euro. Anspruch auf den Frankfurt-Pass haben Einzelpersonen mit einem Nettoeinkommen von derzeit maximal 912 Euro. Unabhängig davon, ob eine Berechtigung für den Frankfurt-Pass besteht oder nicht, wollen wir Personen mit geringem Einkommen nicht die Möglichkeit verwehren, sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen. Da derzeit oft ein bedeutender Anteil des Einkommens für den ÖPNV aufgewendet werden muss, bleiben andere Ausgaben zwangsläufig auf der Strecke – zum Beispiel für gesunde Ernährung und Kleidung.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Kameras helfen nicht gegen den Terror

Dieser Gastartikel erschien auch im Journal Frankfurt am 10. Januar 2017.

Es ist Wahlkampf. Mangels anderer Themen positioniert sich die CDU als „Law and Order“-Partei. Sie instrumentalisiert dabei Anschläge und Gewaltakte. Sie schürt Ängste und bietet technokratische Pseudo-Lösungen, um das dadurch aus den Fugen geratene „Sicherheitsempfinden“ zu besänftigen. Neben Forderungen, die sie dafür von der AfD übernimmt, ist das Patentrezept stets: mehr Videoüberwachung!

Videoüberwachung greift massiv in unsere Grundrechte ein. Doch den Beweis für ihre Wirksamkeit bleiben Polizei und CDU schuldig. Ich stellte dazu parlamentarische Anfragen: Die meisten Züge und Stationen in Frankfurt werden videoüberwacht, Hunderttausende täglich gefilmt. 2010 wurden der Polizei ganze 15 Videoaufzeichnungen übermittelt. 2011 waren es 30, 2012 41 Fälle. In wie vielen Fällen diese Aufnahmen tatsächlich zur Aufklärung von Straftaten oder zur Verurteilung beigetragen haben, ist nicht bekannt.

Bekannt ist das jedoch im kameragespickten London: 2008 wurden 3% aller Fälle von Straßenraub mithilfe von Überwachungskameras aufgeklärt. Fünf Jahre später hat sich die Zahl fast verdoppelt, unter anderem darum, weil nun „Super Recogniser“ bei der Polizei arbeiten, die besondere Fähigkeiten haben, sich an Gesichter zu erinnern – nur die Technik alleine fängt keine Verbrecher. Aber die Metropolitan Police gibt zu: pro tausend Kameras wird nur ein Fall pro Jahr gelöst.

In Frankfurt ist gerade der Drogenhandel mobil und flexibel. Rund um die Konstablerwache hat die Anzahl der Drogendelikte von 1.581 Fällen im Jahr 2002, bevor die drei Kameras installiert wurden, auf 960 im Jahr 2012 abgenommen. Aber es ist ein Kontrolldelikt. Vielleicht hat sich die Szene verlagert, vielleicht wird weniger gekifft, vielleicht kontrolliert die Polizei seltener. Die Zahlen sind rückläufig, dennoch möchte der Polizeipräsident im Allerheiligenviertel eine weitere Kamera aufstellen. Eine Truglösung, um Beschwerden zu besänftigen.

Kameras helfen nicht gegen Terror. Auch Betrunkene oder Schläger lassen sich erwiesenermaßen nicht durch Kameras von Belästigungen und Straftaten abhalten. Davon gab es auf der Zeil 2015 rund 800, darunter „Beleidigungen und Pöbeleien“ sowie 120 Trick- und Taschendiebstähle. Aber ist es die geeignetste Maßnahme, deswegen Kameras aufzustellen und nicht etwa mehr Polizei auf Streife zu schicken? Ist es verhältnismäßig, wegen 120 Taschendiebstählen die Freiheit aller einzuschränken?

An der Hauptwache gibt es fast jedes Wochenende Demonstrationen – eine anlasslose Videoüberwachung verbietet das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Selbst beim Christopher Street Day werden die Kameras an der Konsti nicht abgeschaltet, wie eine Anfrage ergab. Knutschen beim CSD? Die Polizei schaut zu.

Freilich kann der Polizeipräsident nicht genau sagen, wann das geschieht oder wie viele Personen Zugriff auf diese sensiblen Daten haben. Auch keine Informationen zur technischen Ausstattung oder ob verbotswidrig Hauseingänge und Fenster von Gebäuden beobachtet werden. Wie oft Straftaten mithilfe von Videobildern aufgeklärt werden konnten oder in wie vielen Fällen die Polizei „umgehend einschreiten“ konnte, wie es Boris Rhein (CDU) postfaktisch behauptete? Keine Zahlen. Stattdessen werden Einzelfälle zitiert, bei denen es mal geklappt hat.

Ironischerweise wurde Anis Amri am Ende bei einer ganz normalen Polizeikontrolle gestellt, ohne Videoüberwachung.

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Silvesterfeier hinter Panzersperren – Die Verteidigung der Freiheit braucht andere Formen

Am nördlichen Mainufer wurde zu Silvester eine Sicherheitszone eingerichtet mit Taschenkontrollen, gepanzerten Polizeifahrzeugen, einem Wasserwerfer und ohne Feuerwerk. Es kamen statt der erwarteten 30.000 nur 5.000 Menschen. Vor einem Jahr waren es mutmaßlich 100.000, was freilich im Nebel kaum abzuschätzen war.

Aus dem Büro des Frankfurter Ordnungsdezernenten Markus Frank kam der Vorschlag eines zentralen, städtisch organisierten Feuerwerks. Polizeipräsident Bereswill sagte zu den Maßnahmen, wir können es uns nicht erlauben, offene Flanken zu zeigen.

Martin Kliehm, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Römer, kommentiert: Völlige Sicherheit vor Terroranschlägen durch Einzeltäter gibt es nicht. Selbst nicht in einem Polizeistaat oder einer Präsidialdiktatur wie unter Erdogan. Eine demokratische, pluralistische Gesellschaft muss offen sein. Das macht sie verletzlich, sichert aber ihre Freiheit.

Ethnische Gruppen pauschal zu stigmatisieren und einzukesseln wie in Köln beim Neujahrswechsel widerspricht jeder Rechtsstaatlichkeit. Racial Profiling ist verfassungswidrig.

Kliehm kritisiert auch Pseudo-Lösungen: Mehr Videoüberwachung verhindert keine Gewalt, besonders keine Impulshandlungen. Was nachweislich hilft, wären permanente oder versenkbare, offene und getarnte LKW-Sperren wie Stahlpoller oder im Boden verankertes Stadtmobiliar. Was hilft sind freundliche, ansprechbare Polizeikräfte, nicht vermummte Anti-Terror-Einheiten.

Ein zentral organisiertes Feuerwerk nähme den Silvesterfeiern ihren Charakter. Es wäre nicht nur der Tod selbstbestimmten Feierns, sondern auch ein falsches Signal, Silvestertouristen aus dem Umland nach Frankfurt zu locken. Der Jahreswechsel darf nicht zum städtisch verordneten Konsumevent mit Verboten führen.

Was hilft ist die gezielte Ansprache von aggressiven, alkoholisierten Personen, nicht die rassistische Stigmatisierung nach Hautfarbe. Wir brauchen mehr Respekt, mehr Solidarität mit allen Menschen, eine Idee der Freiheit und das Versprechen der Würde, das ganze Jahr über!, so abschließend Kliehm.

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„Keine Kinderehen in Frankfurt“

Kontext: Wortprotokoll über die 9. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, den 15. Dezember 2016 (16.00 Uhr bis 21:43 Uhr), TOP 7, Keine Kinderehen in Frankfurt

Stadtverordneter Martin Kliehm, Fraktion DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren!

Wir als LINKE. lehnen beide Anträge ab, denn es sind beides populistische Anträge. Herr Amann hat es zum Teil schon begründet und ich sage Ihnen auch warum.

Die AfD sagt in ihrem Antrag, der Magistrat möge die Behörden anweisen, im Ausland geschlossene Ehen grundsätzlich nur anzuerkennen, wenn sie, wie wir gehört haben, der deutschen Rechtslage entsprechen, also sprich entweder zwischen Erwachsenen geschlossen werden oder nach gerichtlicher Prüfung, wenn die Ehe zwischen einer erwachsenen Person und einer über 16-jährigen Person geschlossen wird. Die AfD behauptet, dass Eheschließungen mit minderjährigen Partnerinnen in islamischen Ländern nicht unüblich und teilweise nach dem jeweiligen Landesrecht auch zulässig seien. Darüber hinaus zitiert sie den Rechtsaußen von der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt: Grundsätze unserer Gesellschaft sind in Gefahr. Wenn Rainer Wendt zitiert wird, muss man immer hellhörig werden. Zu guter Letzt setzt die AfD Ehen mit Minderjährigen grundsätzlich mit Zwangsehen gleich.

Die FDP hat das in ihrem Antrag ganz leicht umformuliert. Aus der Anweisung des Magistrats wird eine Vorgabe und immerhin – das muss ich Ihnen zugestehen – Sie fordern eine Prüfung im Einzelfall statt eines pauschalen Verbotes. Sie erwähnen außerdem den Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, gegen den ordre public, der, wie Sie gesagt haben, regelmäßig bei Zwangsehen und auch regelmäßig bei Ehen mit unter 14-Jährigen gegeben ist. Das ist in Deutschland schon die aktuelle Rechtslage.

Aber nicht nur AfD und FDP haben uns diese Anträge beschert, das Ganze wurde erst mehrheitsfähig, indem die CDU-Innenminister in der Innenministerkonferenz Heiko Maas von der SPD vor sich hergetrieben haben. Ich muss Ihnen einmal sagen, ich dachte, die SPD hat in der Bundesinnenministerkonferenz die Mehrheit. Mit Berlin hat die SPD jetzt neun Sitze in der Bundesinnenministerkonferenz inne, CDU und CSU hingegen nur sieben. Trotzdem lassen Sie sich von der CDU die Themen diktieren.

Heiko Maas ist nicht weniger populistisch, indem er ein pauschales Verbot fordert, und er möchte auf keinen Fall Anreize schaffen, dass solche Ehen geschlossen werden. Heiko Maas, wenn Sie dieses Protokoll lesen: diese Ehen sind bereits geschlossen, wir schaffen keine Anreize. Er sagte außerdem, was Rainer Wendt auch sagt: Zwangsehen dürfen wir nicht dulden. Noch einmal zur Erinnerung: Zwangsehen sind in Deutschland ohnehin verboten.

Jetzt leben wir aber in einer postfaktischen Zeit. Die AfD, die CDU-Innenminister und Heiko Maas können sagen, was sie möchten, Hauptsache es steht am nächsten Tag in der BILD-Zeitung. Deswegen ist es gut und wichtig, dass wir hier Fakten entgegenstellen, wie es auch einige der Kolleginnen und Kollegen schon getan haben. Ich empfehle Ihnen übrigens dazu die Lektüre des Papiers des Deutschen Instituts für Menschenrechte, das betreibt sehr viel Aufklärung.

Die Zahlen wurden schon genannt. Wir haben zum Stichtag 31. Juli 2016 1.475 minderjährige ausländische Staatsangehörige, die in Deutschland leben und verheiratet waren. Um es einmal ins Verhältnis zu setzen: 78 Prozent davon sind Mädchen, 22 Prozent sind Jungen. Es sind nicht nur Mädchen. 24 Prozent von den insgesamt 1.475 sind unter 14 Jahren, nämlich 361 Personen. Das haben wir gehört. Acht Prozent sind 14 bis 15 Jahre alt, das sind 120 Personen. 68 Prozent von ihnen, nämlich 994 Personen, sind 16 bis 18 Jahre alt. Ich glaube, wir reden vor allem von den unter 14-Jährigen, das sind 24 Prozent.

Jetzt müssen wir einmal sehen: die AfD entdeckt außer dem Feminismus auf einmal auch die Schutzbedürftigkeit von den minderjährigen Geflüchteten. Das ist die gleiche AfD, die vor ein paar Monaten noch auf minderjährige Geflüchtete und Frauen und Kinder an der deutschen Grenze schießen lassen wollte. Das müssen wir uns einmal vor Augen führen.

Sie behaupten dann, es sei in islamischen Ländern nicht unüblich und nach dem Landesgesetz zulässig, dass dort Minderjährige heiraten würden. Ich sage Ihnen einmal die Fakten: Vor dem Krieg in Syrien betraf das 13 Prozent der Ehen, bei denen einer oder beide Ehepartner unter 18 Jahre alt waren. Die Entwicklung, auch in den islamischen Ländern, war lange Zeit rückläufig. Heute liegt die Zahl der Ehen, in denen mindestens ein Ehepartner minderjährig ist, in Syrien bei 51 Prozent. Sie sehen den Unterschied vor dem Krieg und nach dem Krieg. Überlegen Sie sich einmal, woran das liegt. Außerdem hat sich die Zahl der Kinderehen in Flüchtlingscamps in Jordanien, im Libanon, im Irak und in der Türkei erhöht. Es ist keine muslimische Tradition. Selbst die Jesiden, die Sie angeführt haben, sind keine Muslime. Es ist ein Symptom der Krise. Kinderehen nehmen zu, wenn Krieg herrscht, wenn Sicherheit auf der Flucht gewährleistet werden soll. Und Länder mit vielen verheirateten Minderjährigen sind nicht etwa muslimisch, sondern überwiegend christlich oder hinduistisch, nehmen wir zum Beispiel Indien, Brasilien oder die Dominikanische Republik, die total christlich ist.

Eines von mehreren Motiven, das das Deutsche Institut für Menschenrechte für diese Kinderehen nennt, ist der Schutz vor sexuellem Missbrauch auf der lebensgefährlichen Flucht. Das Resultat sollte also sein, nicht die Kinderehen zu verbieten, sondern den Krieg zu beenden.

(Beifall)

Das Resultat sollte sein, menschenwürdige Lebensbedingungen in den Flüchtlingscamps zu schaffen. Das Resultat sollte sein, den schmutzigen Deal mit dem Diktator Erdogan aufzukündigen.

(Beifall)

Das Resultat sollte sein, sichere Fluchtwege zu schaffen, dann haben Sie dies nicht. Sie haben immer Kinderehen mit Zwangsehen gleichsetzt. Herr Dr. Schmitt hat gerade schon erwähnt, wie die Rechtslage in Deutschland ist. Zwangsehen sind in Deutschland unabhängig von dem Heimatrecht ein Verstoß gegen den ordre public und damit nichtig.

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Herr Kliehm, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Stadtverordneten…

Stadtverordneter Martin Kliehm, Fraktion DIE LINKE. im Römer:

(fortfahrend)

Nein, tut mir leid, dafür habe ich keine Zeit.

(Beifall, Heiterkeit)

In Deutschland bestehen bereits rechtliche Regelungen, soweit Hinweise auf eine Zwangsehe bestehen. Das Erzwingen einer Ehe ist nach § 237 Strafgesetzbuch strafrechtlich bewährt, außerdem Punkte wie Menschenhandel, Verschleppung, Vergewaltigung oder sexuelle Handlungen an Minderjährigen. Die meisten Herkunftsländer haben die UN-Kinderrechtskonvention unterschrieben, das sind nämlich alle Länder, die Mitglied in der UN sind, außer einem Staat. Das sind mehr Länder, die diese Konvention unterschrieben haben, als bei allen anderen Konventionen. Sie dürfen raten, welcher Staat das nicht unterschrieben hat. Saudi-Arabien, Afghanistan, was schätzen Sie? Es ist die USA.

(Zurufe)

Die USA hat sie nicht unterschrieben. Alle anderen haben diese Kinderrechtskonvention unterschrieben. Dort steht drin, dass eine Ehe nur von Personen, die mindestens 18 Jahre alt sind, geschlossen werden soll und nach richterlicher Einzelfallgenehmigung, wie in Deutschland, auch ab 16 Jahren genehmigt werden kann.

Das heißt also, Fazit aus diesem Punkt, Zwangsehen dürfen bereits jetzt nicht anerkannt werden, dafür ist keine Gesetzesänderung notwendig.

Zweitens: Die Prüfung der Reife und der Freiwilligkeit beim Eingehen einer Ehe ist in jedem Einzelfall notwendig. Die UN-Kinderrechtskonvention hat zwar regelmäßig das Alter auf 16 gesetzt, aber in jedem Einzelfall muss geprüft werden, weil es auch 14- und 15-Jährige geben kann, die schon die geistige Reife haben, das freiwillig und selbstbestimmt zu entscheiden. Es geht um die Selbstbestimmtheit in dieser Sache.

Drittens: Wir können den Standesbeamten keine Vorschriften machen, Frau Professor Birkenfeld hat es bereits gesagt. Es hätte hingegen weitreichende Nachteile, wenn wir Ehen für unwirksam erklären, zum Beispiel keine automatischen Unterhaltsansprüche, Kinder werden zu nichtehelichen Kindern, es gäbe ein soziales Stigma, Erbschaftsansprüche gehen verloren, Existenzprobleme, die sogenannte hinkende Ehe, oder dass gar die Ehe verheimlicht wird und somit überhaupt kein Zugang mehr für die Jugendhilfebehörden besteht.

Das heißt, dass Ihr Eintritt in die AfD ein Trugschluss war, Frau Hübner, denn die AfD betreibt hier einen Kulturkampf mit falschen Behauptungen. Es geht der AfD nicht um die Rechte von Minderjährigen, es geht ihr um Ausgrenzung, um Desinformation und um Vorurteile. Hier geht es um Rassismus, und das muss man klar benennen.

Vielen Dank!

(Beifall)

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