Steuergerechtigkeit statt Panama

Dringlicher Antrag gem. § 17 (3) GOS

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt fordert die Hessische Landesregierung auf:
    1. Die Hessische Landesregierung bildet umgehend 100 zusätzliche Steuerfahnder und Betriebsprüfer aus und stellt sie ein. Die entsprechenden Ausbildungskapazitäten werden dauerhaft erhöht
    2. Die Hessische Landesregierung schafft insgesamt 1.000 zusätzliche Stellen in der Hessischen Steuerverwaltung
    3. Die Hessische Landesregierung legt im Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Wiedererhebung der Vermögenssteuer vor
  2. Der Magistrat wird beauftragt, alle Geschäftsbeziehungen der Stadt Frankfurt am Main mit Kredit- und Finanzinstituten einzustellen, die bei der Vermittlung von Briefkastenfirmen geholfen haben
  3. Der Magistrat wird beauftragt, sich über den Deutschen Städtetag und allen politischen Gremien, dafür einzusetzen, dass
    1. in der EU verbindliche Mindeststeuersätze eingeführt werden, um Steuerdumping zu verhindern
    2. ein Transparenzregister für sogenannte Offshore-Firmen errichtet wird, das die tatsächlich Identität von Eigentümer und Nutznießer öffentlich zugänglich macht
    3. Banken, die wiederholt Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, wie bereits vom Europäischen Parlament gefordert, die Lizenz entzogen wird.

Begründung

Am 3. April 2016 wurde bekannt, dass ein internationaler Rechercheverbund vertrauliche Unterlagen des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca erhalten hat. Aus den bisherigen Veröffentlichungen aus den sogenannten „Panama Papers“ wird deutlich, dass die Verschleierung von Geldflüssen und Vermögensverhältnissen ein nach wie vor boomendes Geschäft ist. Dabei dient die Verschleierung häufig dem Ziel Steuern zu verkürzen, Geld zu waschen oder andere zwielichtige Ziele zu erreichen.

In Frankfurt ansässige Finanz- und Geldinstitute sind ebenfalls bei der Gründung von sogenannten Briefkastenfirmen beteiligt. Damit unterstützen sie mittelbar und unmittelbar Steuerhinterziehung. Durch diese Praktiken entgehen der Kommune wichtige Steuereinnahmen. Zudem wirft es ein schlechtes Licht auf die „Finanzmetropole“ Frankfurt, wenn diese Praktiken unhinterfragt hingenommen werden.

Um dies zu unterbinden, sind internationale aber auch nationale Maßnahmen erforderlich. Das Land Hessen ist hierbei vor allem im Bereich der Steuerverwaltung gefordert und muss deutlich mehr unternehmen, um die Steuerehrlichkeit sicherzustellen. Die Deutsche Steuergewerkschaft Hessen wies zuletzt am 6. April 2016 darauf hin, dass allein in der hessischen Finanzverwaltung 1.250 Beschäftigte fehlen, um den Aufgaben gerecht werden zu können. Diese Unterbesetzung ist angesichts der massiven Unterfinanzierung der öffentlichen Kassen und des bestehenden Investitionsstaus unverantwortlich und muss mit zusätzlichem Personal behoben werden. Nur so kann die Einnahmesituation des Landes dauerhaft gesichert werden.

Darüber hinaus müssen aus den „Panama Papers“ Konsequenzen gezogen werden, die auf nationaler Ebene umzusetzen sind. Dadurch soll die völlige Anonymität von Nutznießern von Offshore-Firmen durch eine weitreichende Transparenz ersetzt, die gerechte Besteuerung von Einkommen und Gewinnen gesichert und Banken für unlautere Praktiken zur Verantwortung gezogen werden.

Die Veröffentlichungen der „Panama Papers“ weisen aber auch darauf hin, dass der Boom sogenannter Steueroasen ein massives Problem der Verteilungsgerechtigkeit ist. Zuletzt wies der Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman darauf hin, dass in Steueroasen weltweit Vermögen von 7,6 Billionen US Dollar versteckt werden. Den Staaten gingen dadurch Einnahmen von jährlich 190 Milliarden US Dollar verloren. Allein für Europa beziffert Zucman die jährlichen Steuerverluste auf 75 Milliarden Euro. Geld, das fehlt, um öffentliche Einrichtungen und Investitionen zu finanzieren, die der Allgemeinheit zu Gute kommen.

Möglich ist dies aber nicht nur aufgrund unzureichender Steuergesetzgebung, sondern auch aufgrund der zunehmenden Konzentration von Vermögen.

Neben der Steuerehrlichkeit ist aber auch die Frage der Steuergerechtigkeit dringend neu zu regeln. Eine Reihe von Veröffentlichungen und Studien haben in den letzten Jahren vermehrt deutlich gemacht, dass die Verteilung von Einkommen – aber besonders von Vermögen weltweit – besonders in Deutschland sich zunehmen zu Ungunsten der Mehrheit der Bevölkerung verschiebt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt in einer neuen Studie, dass die Vermögensungleichheit in Deutschland noch viel größer ist als bisher angenommen. Demnach besitzen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung zwischen 63 und 74 Prozent der Vermögen. Das reichste Prozent der Deutschen hält rund ein Drittel der Privatvermögen, und die reichsten 0,1 Prozent rund 15 Prozent der Vermögen. Nicht zuletzt Thomas Piketty weist darauf hin, dass dieser weltweite Trend zur Vermögenskonzentration demokratiegefährdend ist.

Es ist daher unverständlich, dass der Bund nach wie vor nicht tätig geworden ist und seine Gesetzgebungskompetenz bei der Vermögenssteuer brach liegen lässt. Nach wie vor besteht zwar ein Vermögenssteuergesetz, allerdings ist es auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in seiner gegenwärtigen Form nicht mehr anwendbar. Dadurch unterbindet der Bund die Gesetzgebungskompetenz der Länder bei der Vermögenssteuer allein durch Unterlassen und entzieht ihnen so notwendige Einnahmen. Das Land soll daher im Bundesrat initiativ werden, um seiner Einnahmeverantwortung und der Maßgabe des Artikels 47 der Hessischen Verfassung zur Besteuerung von großen Vermögen gerecht zu werden.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Humanitäre Krise abwenden: In Not geratene Geflüchtete aus Idomeni aufnehmen

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Stadt Frankfurt am Main nimmt mindestens 1000 Geflüchtete auf, die in Griechenland oder auf der Balkanroute festsitzen. Hierbei sollen besonders Schutzbedürftige, Geflüchtete mit Kindern und Geflüchtete, die bereits enge Familienangehörige in Deutschland haben, berücksichtigt werden.

Begründung

In Idomeni an der mazedonischen Grenze wie auch in Piräus spielt sich derzeit eine humanitäre Katastrophe ab: Tausende Flüchtlinge sitzen in einem provisorischen Lager unter menschenunwürdigen Bedingungen fest. Sie müssen aufgrund des Abkommens der Europäischen Union mit der Türkei mit einer Rückführung in die Türkei rechnen. Diese Menschen sind in diesem angeblich sicheren Drittstaat allerdings in keiner Weise vor rechtswidrigen Abschiebungen in die vom Bürgerkrieg zerrütteten Herkunftsländer gefeit. Wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet, schiebt die Türkei seit Januar fast täglich syrische Männer, Frauen und Kinder in Gruppen von bis zu 100 Menschen nach Syrien ab.

In der Erklärung der Europäischen Union vom 8. März 2016 wird die Rückführung von Geflüchteten, die keines internationalen Schutzes bedürfen oder neu in der Europäischen Union angekommen sind, gefordert; eine angemessene humanitäre Lösung der hier festsitzenden Flüchtlinge fehlt.

Die Zahl der ankommenden Geflüchteten in Deutschland sinkt derzeit deutlich. Laut tagesschau.de hat die Bundespolizei bereits Ende März pro Tag nur noch etwa 135 Menschen deutschlandweit aufgegriffen. Die Frankfurter Erstaufnahmeeinrichtungen seien derzeit nicht ausgelastet und hätten somit Kapazitäten frei, um hilfsbedürftigen Flüchtlingen Schutz zu bieten. Die Stadt muss hier tätig werden und ein Zeichen der Solidarität setzen.

Mit unserer Forderung nach Solidarität stehen wir nicht alleine da. Die Fraktion der Grünen und der Rosa Liste in München hat ebenfalls in einem Antrag die Aufnahme von Geflüchteten gefordert. In anderen europäischen Städten gibt es ähnliche Initiativen.

Antragstellende

  • Stadtv. Astrid Buchheim
  • Stadtv. Ayse Dalhoff
  • Stadtv. Dominike Pauli
  • Stadtv. Eyup Yilmaz
  • Stadtv. Martin Kliehm
  • Stadtv. Merve Ayyildiz
  • Stadtv. Michael Müller
  • Stadtv. Pearl Hahn
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Eschborn streicht Kulturförderung

Die Stadt Eschborn hat ihre gesamte Kulturförderung für Frankfurter Institutionen eingestellt (FAZ, 13. April 2016). Dem English Theatre fehlen dadurch € 100.000, dem Filmmuseum € 35.000 für das Kinderfilmfestival „Lucas“ und € 65.000 für die Museumspädagogik, der Alten Oper € 50.000 für das Kinder- und Jugendprogramm „Pegasus“ und € 100.000 für die „Jazz Nights“, der Oper Frankfurt € 50.000 für das Kinderprogramm „Jetzt!“.

Diese Beträge sind durch Umschichtungen oder die Suche nach privaten Sponsoren nicht aufzufangen, weswegen gerade die Angebote für Kinder und Jugendliche akut gefährdet sind.

Ich frage den Magistrat:

Welche Projekte und Institutionen sind von diesen Streichungen noch betroffen, und wie gedenkt der Magistrat, sie jeweils zu erhalten?

Schriftliche Antwort von Kulturdezernent Prof. Dr. Felix Semmelroth (CDU):

Sehr geehrter Herr Stadtverordneter Popp, sehr geehrter Herr Stadtverordneter Kliehm!

Die Entscheidung der Stadt Eschborn, ihre Förderung der genannten Einrichtungen einzustellen, ist sehr bedauerlich, insbesondere da sie nicht nur zu Lasten Frankfurts, sondern auch zu Lasten Eschborns selbst geht. Die Bürgerinnen und Bürger Eschborns profitieren wie auch weitere Kommunen im Umkreis in hohem Maße von der Nähe zu Frankfurt und seinem blühenden Kulturleben. Wie die entstehenden finanziellen Lücken zu füllen sind, ist zunächst die originäre Aufgabe der jeweiligen Geschäftsführung und Institutsleitung selbst. Von dort aus ist der Betrieb künstlerisch und wirtschaftlich zu planen und durchzuführen, das heißt aktuell auch, Anstrengungen und Bemühungen zur wirtschaftlichen Stabilisierung nach dem Wegfall der – nie als feste Dauerförderung, sondern einzeln jahresbezogen gewährten – Eschborner Förderung zu unternehmen.

Dass dabei auch die Stadt Frankfurt am Main als wesentlicher Förderer der öffentlichen Hand beziehungsweise als Gesellschafter in intensivem Austausch mit der jeweiligen Geschäftsführung beziehungsweise Institutsleitung steht, liegt nahe. In den Anmeldungen zum städtischen Haushalt 2017 wurden erhöhte städtische Förderbeträge eingebracht. Es obliegt allerdings der Entscheidungskompetenz und Haushaltshoheit der Stadtverordnetenversammlung, eine angemessene und auskömmliche Förderung der betroffenen Institutionen durch die Stadt Frankfurt am Main festzulegen.

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Einsatz von Gesichtserkennungssoftware am Flughafen

In Folge der Anschläge in Paris und Brüssel erwartet der ehemalige Fraport-Sicherheitschef den Einsatz von „intelligenter Videoüberwachung“ (Die Welt, 24. März 2016). Die Bundespolizei nennt Versuche mit Gesichtserkennungssoftware bei Überwachungskameras am Flughafen „Verschlusssache“ (FAZ, 11. April 2016).

Betroffen sind die Grundrechte von täglich bis zu 200.000 Menschen in den Terminals, u.a. deren Rechte auf Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung, Meinungsäußerung und das Diskriminierungsverbot. Die Gefahr durch „False Positives“ ist hoch.

Ich frage den Magistrat:

Hält der Magistrat angesichts des hohen demokratischen Schutzgutes eine öffentliche Debatte nicht für angemessen, und welche Erkenntnisse liegen der Fraport zu diesen Versuchen vor?

Schriftliche Antwort von Stadtkämmerer Uwe Becker (CDU):

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher Siegler, sehr geehrter Herr Stadtverordneter Müller, meine Damen und Herren,

der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main begrüßt öffentliche Debatten zu wichtigen gesellschaftlichen Themen.

Zuständig für die Sicherheit am Frankfurter Flughafen ist die Bundespolizei.

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Flüchtlingsunterkunft Flugplatz Bonames

Kontext: Wortprotokoll über die 1. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, dem 14. April 2016 (16.09 Uhr bis 20:08 Uhr), TOP 12, Bauarbeiten auf dem Alten Flugplatz Bonames

Stadtverordneter Martin Kliehm, DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Grundlagen wurden jetzt schon häufig genug betont, und ich danke den beiden Dezernentinnen dafür, dass sie das noch einmal so ausführlich dargestellt haben. Letztlich müssen Sie nicht dorthin fahren, Sie können es sich auch auf Google Maps anschauen. Dort werden temporär auf einem derzeit als Parkplatz genutzten Gelände Holzmodule errichtet, die in drei Jahren – wir haben es gehört – wieder weg sind. Das Ganze geschieht im Auftrag der Landesregierung. Es gibt erstens einen Zwang, denn wir müssen die Menschen aus den Notunterkünften herausholen und in ordentlichen oder zumindest in besseren Unterkünften unterbringen. Das Ende ist dort noch nicht erreicht. Ich bin insofern auch sehr dankbar, dass Sie, Frau Heilig, Sie haben es gerade gesagt, auch noch einmal mit den Naturschutzverbänden gesprochen haben. Bei allen naturschutzrechtlichen Einwänden, die ich bestimmt teile, fand ich, dass auch der BUND am Ende einen Gang hätte zurückschalten können. Wenn er das jetzt tut, bin ich darüber sehr froh.

Es gab ein paar wenige, die nach dem Sankt‑Florians‑Prinzip gesagt haben, wir müssen Flüchtlinge unterbringen, aber bitte nicht vor unserer Haustür und nicht in diesem Gebiet. Aber ich muss feststellen, dass die Mehrheit der Frankfurter Bevölkerung, nicht nur aufgrund der humanitären Verpflichtungen, die wir haben, doch sehr dafür ist, dass Geflüchtete in Frankfurt menschenwürdig untergebracht werden. Das hat sich nicht zuletzt im September am Hauptbahnhof gezeigt, und das ist die Mehrheit in Frankfurt und die Mehrheit in diesem Haus. Das wird die Minderheit auf der rechten Seite noch einsehen müssen. Denn das ist Demokratie, auch in Kalbach übrigens. In Kalbach gibt es etliche Leute, die auch schon in den Sporthallen dort geholfen haben und ein Interesse daran hatten, die Integration der Geflüchteten zu ermöglichen.

Was wir bei diesem Antrag sehen, ist das Gleiche wie bei allen anderen Anfragen und Anträgen, die wir in dieser sehr kurzen Wahlperiode schon von der AfD bekommen haben: Sie erfinden dort eine formaljuristische Ausrede, um zu sagen: Oh Gott, die Rechte des Stadtparlaments werden dort beschnitten. Letztlich geht es Ihnen doch nur darum, Ihre rassistischen Ressentiments zu führen und den Kulturkampf in Anträge zu gießen. Wenn Sie sagen, Sie möchten als Nächstes einen Akteneinsichtsausschuss haben, geht es in diesem Akteneinsichtsausschuss doch bestimmt um die Frage, ob die Stadt Frankfurt keine andere Alternative gehabt hätte, als diesen Ort zu nehmen. Sie haben es gehört: 1.600 Leute warten in Notunterkünften. Natürlich brauchen wir jeden Platz, den wir zur Verfügung haben. Wir werden uns in einem Akteneinsichtsausschuss strikt dagegen wenden, zum Beispiel alle geplanten und jetzigen Standorte offenzulegen, denn das hat die NPD schon vor Ihnen versucht. Wir sind strikt dagegen. Diese Menschen müssen in Frankfurt in Ruhe ankommen, sie müssen hier integriert werden. Sie müssen hier in Frankfurt zu Frankfurterinnen und Frankfurtern werden. Wir möchten ihnen dabei helfen, dafür ist auch die Mehrheit der Bevölkerung.

Vielen Dank!

(Beifall)

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Nachtragshaushalt 2016: Alte Muster ohne Perspektiven

CDU, SPD, Grüne und FDP werden in dieser Woche ihre Koalitionsverhandlungen fortführen. Der Nachtragshaushalt 2016 spielt bei den Gesprächen erkennbar eine zentrale Rolle.

Für Dominike Pauli, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Römer, zeigen die Reaktionen der Parteien auf den Haushaltsentwurf, dass sich an der bisherigen Politik nichts ändern wird. Schon jetzt, wenige Wochen nach den Wahlen, zeigt sich ein erschreckendes Bild der Stadtpolitik. CDU, SPD, Grüne und FDP streiten sich um Dezernatsposten und überbieten sich mit Forderungen nach noch mehr Sparen. In der Diskussion fehlt eine politische Perspektive für eine soziale und gerechte Stadt, erklärt sie. Dazu ist ein Integrationskonzept für Geflüchtete, sind Pläne für die Angleichung der Lebensverhältnisse in den Stadtteilen gefordert. Auch die Schaffung von „Blaumannarbeitsplätzen“ und der Einstieg in einen für alle bezahlbaren ÖPNV gehören dazu.

Beim Nachtragshaushalt wiederholen sich alte Muster: Wieder wird die Stadt arm gerechnet. Schulden werden höher angesetzt, Einnahmen runtergerechnet. Kämmerer und Politiker*innen von besagten Parteien haben für die vermeintliche Zunahme der Schulden auch gleich die Schuldigen ausgemacht: Das zusätzliche Personal für die Ämter, die sozial Benachteiligten und die Geflüchteten. Die eigene Verantwortlichkeit wird unter den Teppich gekehrt, weil jahrelang schwarz-grün unter zeitweiliger Beteiligung von SPD und FDP die städtische Infrastruktur vernachlässigt, die Personalstruktur in den Ämtern ausgedünnt und Steuergeld für Projekte verschwendet hat, die meist nur einem kleinen und wohlhabenden Teil der Bevölkerung zu Gute kommen. Jetzt erhalten sie in Form von maroden Schulen, verrotteter Infrastruktur und Personalmangel die Quittung für ihre falsche Politik, kritisiert sie und fordert: Wir müssen jetzt investieren. Die Stadt Frankfurt ist angesichts eines Konzernüberschusses von 329 Millionen Euro mit einer solch hohen Bonität ausgestattet, dass sie Kredite mit nur ca. einem Prozent Zinsen aufnehmen könnte. Außerdem ist es an der Zeit, dass Unternehmen wieder mehr in die Verantwortung genommen werden, d.h. sich mit einer höheren Gewerbesteuerabgabe an den Aufgaben der Stadt beteiligen.

Der Kämmerer baut hier mit seinen Schreckensszenarien deutlich Druck auf, damit die vielen Versprechungen, die alle Parteien, aber vor allem die SPD im Wahlkampf gemacht haben, in den Koalitionsverhandlungen von vornherein unter dem Diktat des Sparzwangs diskutiert werden. Damit werden jetzt schon Hintertürchen aufgemacht. Wir werden genau beobachten, wie sich vor allem die SPD dazu verhält, die schon einmal vor einer Wahl größere soziale Gerechtigkeit versprochen und nach der Wahl dann Hartz IV eingeführt hat, meint Pauli.

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Pauli und Kliehm neue Fraktionsspitze

In der konstituierenden Sitzung hat die Fraktion DIE LINKE. im Römer einstimmig Dominike Pauli und Martin Kliehm als Fraktionsvorsitzende gewählt. Sie waren auf den Listenplätzen 1 und 2 zur Kommunalwahl nominiert. Pauli war bisher bereits Fraktionsvorsitzende, Kliehm bringt Erfahrung als Fraktionsvorsitzender bei den Piraten mit, bevor er sich 2014 der LINKE anschloss.

Wir haben eine größere und mit sehr kompetenten Stadtverordneten besetzte Fraktion gegründet. In den kommenden fünf Jahren werden wir die Gelegenheit nutzen, das Kaputtsparen der Schulen, der Brücken, der sozialen Arbeit oder der Freien Kultur durch die neoliberale Koalition zu thematisieren, kommentiert Dominike Pauli das Wahlergebnis. Mit Schwarz-Grün gab es schon viele soziale Einschnitte und Fehlplanungen. Ob diese Grünen in der Koalition bleiben oder ob es die FDP wird, macht für das Viertel der an der Armutsgrenze lebenden Frankfurterinnen und Frankfurter kaum einen Unterschied. Deren Interessen werden wir wahrnehmen, ergänzt Pauli.

Der Frankfurter AfD-Stadtverordnete Rainer Rahn ist politisch in jüngster Zeit vor allem mit seiner als Islamophobie getarnten Fremdenfeindlichkeit und seinem Anti-Feminismus aufgefallen. Zusammen mit der offen rassistisch agierenden BFF wird die AfD viel Hass in das Stadtparlament tragen. Wir müssen diesem Hass kräftig entgegentreten, im Parlament wie auch draußen, benennt Martin Kliehm einen zweiten Schwerpunkt der künftigen Fraktionsarbeit.

DIE LINKE war am 6. März mit 8,0 % in die Stadtverordnetenversammlung gewählt worden und stellt zukünftig acht Stadtverordnete. Unter ihnen sind erfahrene Aktivist*innen, die in Betriebsräten, in der Arbeit mit Geflüchteten und jungen Menschen mit Migrationshintergrund, in der Queerpolitik oder in Initiativen tätig sind.

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Ausländerbehörde dem hauptamtlichenIntegrationsdezernat unterstellen

In den vergangenen Tagen haben sowohl SPD als auch GRÜNE Anspruch auf das Integrationsdezernat erhoben. Einig waren sie sich mit der Fraktion DIE LINKE, dass das Dezernat aufgrund seiner herausragenden Bedeutung künftig hauptamtlich besetzt werden sollte.

Martin Kliehm, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion, geht das nicht weit genug. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wirbt für eine Willkommens- und Anerkennungsgesellschaft. Ausländerbehörden sollen zu Willkommensbehörden werden. In Rheinland-Pfalz wurde die Zuständigkeit schon lange vom Innen- auf das Sozialministerium verlegt. In diesem Sinne sollten Dienstleistungen für Migrantinnen und Migranten nicht dem Frank­furter Ordnungsamt, sondern konsequent dem Integrations­dezernat unter­stellt werden. Und fährt fort: Ich verbinde damit auch die Hoffnung auf einen Paradigmenwechsel und weniger Beschwerden über die Ausländer­behörde.

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Wahlprüfsteine von PortalDigital

Friedrich-Ebert-Anlage, Frankfurt am Main

Foto CC by Frank Friedrichs

Für den Magistrat der Stadt Frankfurt ist die Sache klar: „Frankfurt am Main ist die digitale Hauptstadt der Bundesrepublik, denn hier befinden sich die wichtigsten nationalen und internationalen digitalen Schnittstellen.“

Von diesem Statement ausgehend hat sich ein Lobbyverband gegründet, dem unter anderem ein Vertreiber von Werbeflächen angehört. Sie werben ziemlich deutlich für mehr Werbeflächen – wer hätte das gedacht. Sie haben uns ihre Wahlprüfsteine geschickt, die dennoch ein paar interessante Aspekte der digitalen Stadt der Zukunft ansprechen. Weiterlesen

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Gentrifizierung des Bahnhofsviertels

Kontext: Wortprotokoll über die 49. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, dem 25. Februar 2016 (16.00 Uhr bis 21:44 Uhr), TOP 3, Aktuelle Stunde

Stadtverordneter Martin Kliehm, DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrter Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren!

Wir haben im Bahnhofsviertel schon eine sehr starke Gentrifizierung, und meines Erachtens regt der Magistrat durch diese Maßnahmen, wie sie in der Frage genannt wurden, wie beispielsweise das TAB, die Gentrifizierung noch weiter an. Eine Zeitung nannte das TAB eine „Oase der Gutsituierten“. Herr Frank, wenn Sie nicht nur zu solchen Events gehen würden, sondern auch sonst einmal schauen würden, würden Sie sehen, dass man junge Leute nicht ins Bahnhofsviertel bringen muss. Da sind bereits sehr viele, die sich dort auskennen. Es gibt eine Vielzahl an Kultur und Musikclubs, bei denen gerade ein Angebot für jüngere Menschen besteht. Das heißt, man muss eigentlich in bestimmten Kreisen keine Werbung mehr dafür machen. Zu den anderen, die es nötig haben, dafür Werbung zu bekommen und dann After Work so eine Elendstour zu machen: Da weiß ich nicht, ob das dem Bahnhofsviertel unbedingt guttut. Ich denke, wir wären gut damit beraten, wenn das Bahnhofsviertel kein zweiter Prenzlauer Berg wird mit den ganzen Umständen, die wir dort haben.

Insofern wundert mich das eigentlich auch nicht, dass manche dann nicht von einer Aufwertung, sondern vom Niedergang des Bahnhofsviertels in diesem Zusammenhang sprechen. Denn meines Erachtens brauchen wir dort nicht mehr Urbanität, dort ist bereits Urbanität. Das Bahnhofsviertel ist das bunteste und multikulturellste Viertel, das wir in der Stadt haben. Meines Erachtens ist es auch kein Ersatz, wenn vielleicht in Zukunft in der Kaiserpassage eine Lebensmittelkette aufmacht anstelle der althergebrachten Kleinbetriebe mit migrantischem Hintergrund. Auch die internationale Gastronomie haben wir bereits im Bahnhofsviertel. Wenn dort jetzt an jeder Ecke Starbucks- und Burgerläden aufmachen würden, wäre das für mich nicht unbedingt die Aufwertung, die ich in meiner Stadt sehen möchte.

(Beifall)

Die bisherige Kultur war vielleicht unterhalb Ihres Radars, ich finde es aber bezeichnend – Frau Purkhardt hat das gerade gesagt –, dass, wenn dann einmal so etwas wie das Yok Yok kommt, Frankfurts erstes richtiges Späti, gleich das Ordnungsamt auf der Matte steht. Da müsste Frankfurt noch ein bisschen mehr urban werden.

Zur Videoüberwachung vielleicht nur kurz, ich hatte das auch im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit gesagt, sie verhindert keine Gewalt. Wir sehen eine Verdrängung in die Taunusstraße. Wir brauchen nicht an jeder Ecke irgendwelche Kameras. Wir brauchen mehr sichtbare Polizei auf der Straße, die dort auch mobil ist und nicht nur, wie es Herr Bereswill im Ausschuss gesagt hat, irgendwo an der Ecke steht und grimmig guckt. Polizei und Sozialarbeit auf der Straße, das wäre die Lösung für dieses Viertel. Wir müssen der dortigen Problematik mit sehr viel Sensibilität begegnen. Vielen Dank!

(Beifall)

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Wahlprüfsteine von Clubs am Main

Club Ghosts

Clubs am Main hat anlässlich der hessischen Kommunalwahl 2016 zehn Fragen formuliert, die für die regionale Clublandschaft, Musikveranstaltende sowie das kultur- und musikinteressierte Publikum relevant sind. Die Fragen wurden an die kulturpolitischen Parteivertreter*innen in Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach und Darmstadt verschickt.

Hier die Antworten unserer Partei DIE LINKE. Kreisverband Frankfurt am Main:
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Prävention statt Videoüberwachung

Gestern äußerte Polizeipräsident Bereswill im Sicherheitsausschuss seinen Wunsch nach mehr Videoüberwachung des öffentlichen Raums. Konkret nannte er die Taunusstraße, die Hauptwache, den Brockhausbrunnen auf der Zeil und die Allerheiligenstraße als Standorte, ergänzend zu den sechs an der Konstablerwache, am Vorplatz des Hauptbahnhofs und im Kaisersack. Anlass für eine erweiterte Überwachung sind ihm neben Trick- und Taschendiebstählen auch eine islamistische Bedrohung, Überfälle und Prügeleien, Beleidigungen, Obdachlose, Punks und Demonstrationen.

Der sicherheitspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Römer, Martin Kliehm, gibt zu bedenken: Kameras können Gewalt nicht verhindern. Das betont auch der ehemalige Berliner Polizeipräsident Glietsch. Menschen im Affekt, Betrunkene oder Attentäter scheren sich nicht darum, ob sie vielleicht gerade an einem Monitor beobachtet werden oder nicht. Aber wir Frankfurterinnen und Frankfurter tun es im Alltag. Videoüberwachung greift in unsere Grundrechte ein. Das Gefühl von ständiger Beobachtung verändert die Gesellschaft. Wir wollen stattdessen die Ursachen bekämpfen und Prävention stärken.

Auf eine Anfrage des Stadtverordneten Kliehm zu den bestehenden Überwachungskameras antwortete der Magistrat äußerst unbefriedigend (B 266/2014): Schon heute gibt es weit mehr als die genannten sechs Kameras. Eine Auflistung der Standorte der zusätzlichen 80 Verkehrskameras, der Kameras der VGF an den Bahnstationen und denen an Fußballstadien sei nicht möglich. Technische Details: unbekannt. Schwärzung von Hauseingängen: unbekannt. Anzahl der Personen mit Zugangsberechtigungen: unbekannt. Kennzeichnung der Kameras: mangelhaft.

Die Drogendealer an der Konstablerwache und am Hauptbahnhof haben sich in die umliegenden Straßen verteilt. Genau dort will der Polizeipräsident nun wieder Kameras installieren. Wie lange soll dieser Verdrängungseffekt weitergehen?, fragt Kliehm und ergänzt: Obdachlosigkeit ist kein Grund für Kameraüberwachung. Sollen die Kameras das Elend dokumentieren? Und häufige Demonstrationen sind eher ein Grund, dort im Sinne der Versammlungsfreiheit keine Kameras zu installieren. Eine anlasslose Überwachung von Versammlungen ist verfassungswidrig.

Kliehm zieht als Fazit: Zielführender als die ausgeweitete Videoüberwachung wäre, die Polizeipräsenz auf der Straße an Kriminalitätsschwerpunkten zu erhöhen. Dazu müsste der hessische Innenminister aber endlich Überstunden abbauen, mehr Personal einstellen und die Nullrunden bei den Löhnen beenden. Ich möchte daran erinnern: der Polizeipräsident ist ein politischer Beamter. Aber er täte gut daran, sich nicht zwei Wochen vor der Kommunalwahl in den Wahlkampf zugunsten der CDU einzumischen.

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Paradieshof für Project Shelter

Über die „Beratungsgesellschaft Stadterneuerung und Modernisierung mbH“ (BSMF) hat die Stadt Frankfurt am Main die leerstehende Liegenschaft Paradiesgasse 23, bekannt als Paradieshof, im November 2015 in einem zweistufigen Nutzerauswahlverfahren zur Nutzung ausgeschrieben. Das Quartier in Sachsenhausen müsse aufgewertet werden und „der neue Paradieshof“ solle als Leuchtturmprojekt die Attraktivität des Viertels steigern. Laut Presseberichten haben sich acht Projekte beworben.

Ich frage den Magistrat:

Hat der Magistrat gesondert Gruppen auf das Nutzerauswahlverfahren aufmerksam gemacht, und warum hat der Magistrat nicht das ihm bekannte Project Shelter dazu eingeladen?

Bürgermeister Olaf Cunitz:

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Kliehm!

Das angesprochene Nutzerauswahlverfahren ist am 10. November 2015 öffentlich im Amtsblatt, im Internet sowie in verschiedenen Tageszeitungen bekannt gemacht worden. Darüber hinaus wurde die Öffentlichkeit vom Magistrat mittels Pressemitteilung informiert. Im Vorfeld des Nutzerauswahlverfahrens für den Paradieshof haben zahlreiche Interessenten Kontakt mit dem Planungsdezernat aufgenommen und ihre Nutzungsvorstellungen dargelegt. Sämtliche dieser Interessenten wurden über den Beginn des Nutzerauswahlverfahrens informiert. Der Gruppe Project Shelter stand es frei, sich ebenfalls mit einer Interessensbekundung an dem öffentlich bekannt gemachten Verfahren zu beteiligen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Es gibt eine Zusatzfrage von Herrn Stadtverordneten Kliehm. Bitte!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

(Zusatzfrage)

Bei mir entsteht dennoch der Eindruck, dass dieser Prozess eher etwas für Insider ist, die sich mit diesen komplizierten bürokratischen Dingen auskennen. Die Argumentation, warum ich das gefragt habe, ist, dass die Stadt Frankfurt immer sagt, sie hat keine Räume.

(Zurufe)

Deswegen bin ich sehr froh, dass Sie das beantworten und nicht der Kulturdezernent.

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Herr Kliehm, bitte stellen Sie Ihre Zusatzfrage. Sie geben im Moment nur Kommentare ab.

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

(fortfahrend)

Wenn mich nicht ständig jemand unterbrechen würde, könnte ich auch meine Zusatzfrage stellen.

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Das stimmt nicht. Sie haben nur darauf abgezielt, einen Kommentar abzugeben. Bitte stellen Sie Ihre Zusatzfrage.

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

(fortfahrend)

Herr Bürgermeister, wie viele leer stehende Gebäude befinden sich denn zurzeit in Anmietung oder in Besitz der Stadt Frankfurt?

(Zurufe, Heiterkeit)

Bürgermeister Olaf Cunitz:

(fortfahrend)

Sie fragen, wie viele leer stehende Gebäude die Stadt Frankfurt angemietet hat?

(Zurufe)

Es würde mich wundern, wenn wir in nennenswerter Zahl leer stehende Gebäude anmieten.

(Heiterkeit)

Wenn Gebäude leer stehen, dann zum Beispiel aus dem Grund, weil eine Sanierung ansteht und sie deswegen leer gezogen wurden. Aber in der Regel und in der jetzigen Situation ist es eigentlich so, dass ich davon ausgehe, dass für alle Gebäude eine Nutzung vorgesehen ist und diese Gebäude in verschiedenen Stadien der Sanierung, Beplanung oder zukünftigen Nutzung sind. Ich glaube, die Frage zielte vielleicht darauf ab, ob es einen großen Fundus an leer stehenden Gebäuden gibt, die sofort nutzbar sind und für die es keine Nutzungsvorstellung durch die Stadt oder durch Dritte gibt. Die haben wir in der Form nicht.

(Beifall)

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Lothar Stapf:

Es gibt eine zweite Zusatzfrage von Frau Stadtverordneter Tafel-Stein von der FDP-Fraktion. Bitte!

Stadtverordnete Elke Tafel-Stein, FDP:

(Zusatzfrage)

Herr Bürgermeister, sind Sie mit mir der Meinung, dass sich auch das Project Shelter an gesellschaftliche Regeln zu halten hat und dass Hausbesetzungen kein adäquates Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen sind?

Bürgermeister Olaf Cunitz:

(fortfahrend)

Jede Gruppe, die in Frankfurt für ein bestimmtes Anliegen aktiv ist, muss eigenverantwortlich entscheiden, welche Maßnahmen sie für angemessen hält, um für ihr Vorhaben zu werben. Ich glaube allerdings, im Sinne einer fairen Gleichbehandlung von Gruppen, Initiativen und Vereinen, und davon haben wir zahlreiche, die in Frankfurt einen Bedarf an Räumen und Liegenschaften haben, ist es immer gut, wenn alle Initiativen, Gruppen und Vereine mit einem durchdachten Konzept an die Stadt herantreten und ein solches einer fachpolitischen Beurteilung unterliegt.

Dann werden Sie, wie es die Stadtverordneten immer machen, auf der Basis eines solchen Abwägungsprozesses entscheiden, welche Ressourcen die Stadt Frankfurt dafür zur Verfügung stellt. Alle, die ein Anliegen haben, sollten dann auch im Rahmen eines solchen Konzeptes an die Stadtverordneten herantreten, weil ich den Weg, sozusagen ans Liegenschaftsamt heranzutreten, ohne sich diesem inhaltlichen und damit auch demokratischen Diskurs zu stellen, für schwierig halte.

(Beifall)

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Raum für Begegnung auf dem Neckermann-Gelände

In der Erstaufnahmeeinrichtung auf dem ehemaligen Neckermann-Gelände fehlt es an Räumen, in denen sich die Geflüchteten mit ihren Helferinnen und Helfern treffen können, um u.a. Sprachunterricht und Freizeitaktivitäten anzubieten.

Ich frage den Magistrat:

Wie wird sich der Magistrat bei der Landesregierung dafür einsetzen, dass diese Räume geschaffen werden?

Schriftliche Antwort von Sozialdezernentin Prof. Dr. Daniela Birkenfeld (CDU):

Die Erstaufnahmeeinrichtung auf dem ehemaligen Neckermanngelände wird durch das Land Hessen – Regierungspräsidium Darmstadt – betrieben. Bereits bei einer Informationsveranstaltung zur Eröffnung der Einrichtung am 15.12.2015, in der Heinrich-Kraft-Schule, wurde die anwesende Regierungspräsidentin von Stadträtin Professor Dr. Daniela Birkenfeld gebeten, Räumlichkeiten für ehrenamtliche Helfer auf dem Gelände zur Verfügung zu stellen. Diese Empfehlung wurde auch anlässlich eines Schriftverkehrs zur Erstaufnahmeeinrichtung gegeben. Der Magistrat wird nochmals schriftlich an die Regierungspräsidentin herantreten.

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Kennzeichenkontrollen bei Schleierfahndung

In einem Artikel der Frankfurter Rundschau vom 15. Februar 2016 wird der Polizeisprecher zitiert, im Rahmen von „verdachtsunabhängigen Kontrollen“ („Schleierfahndung“) würden in Frankfurt seit den Anschlägen in Paris im November 2015 Autokennzeichen überprüft. Auch wenn dem Fragesteller bewusst ist, dass die Hessische Polizei dem Landtag unterstellt ist, sieht er eine Relevanz für die informationelle Selbstbestimmung der Frankfurterinnen und Frankfurter.

Darum frage ich den Magistrat:

Erlangen die Autofahrer*innen von der Kennzeichenüberprüfung Kenntnis, weil sie z.B. angehalten werden, oder findet eine solche Überprüfung mittels automatisierter Kennzeichenerkennung unbemerkt statt?

Schriftliche Antwort von Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU):

Wenn dem Fragesteller bewusst ist, „dass die hessische Polizei dem Landtag unterstellt ist“, soll er oder sie seine oder ihre Frage doch bitte an die zuständige Stelle richten.

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LINKE begrüßen Reaktion der Koalition zu Open Data

Seit Jahren werden Wünsche von Software-Entwicklern, die Fahrplandaten in Frankfurt als Open Data der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, abgelehnt. Es folgt meistens ein Zuständigkeitsgeschacher von VGF zu traffiQ, von traffiQ zu RMV und zurück. Nach Anträgen der SPD-Fraktion, ergänzt von der Fraktion DIE LINKE. im Römer, ist die Koalition nun aufgewacht.

Wir freuen uns, dass unsere Argumente die Koalition so sehr überzeugt haben, dass sie sie gleich als eigene Pressemitteilung nutzen, schmunzelt Martin Kliehm, Verwaltungspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Und fügt hinzu: Hat ja lange genug gedauert. Nun gelte es, mit parlamentarischen Beschlüssen statt mit Sonntagsreden Druck auf die Verkehrsbetriebe aufzubauen.

In anderen Städten werden maschinenlesbare Daten schon lange genutzt, um der Bevölkerung Verbindungen mit dem Nahverkehr auf dem Smartphone anzeigen zu können. Nur in Frankfurt geht das nicht.

In Wien gibt es seit Jahren eine kostenlose App, die anzeigt, welche Aufzüge und Rolltreppen gerade kaputt sind. Für Menschen mit Behinderungen sind diese Anwendungen extrem nützlich. Was nützt es, wenn man mit dem Rollstuhl vor dem defekten Fahrstuhl festsitzt?, fragt Kliehm.

Wichtig sei dabei, dass die Daten maschinenlesbar sind, damit sie in Apps genutzt werden können. Kliehm erklärt: Außerdem müssen sie unter einer freien Lizenz verfügbar sein. Nur so sind die Daten auch für kleine StartUps nachnutzbar, die innovative Ideen für neue Software haben. Das schafft Arbeitsplätze und bringt Steuereinnahmen.

Dass sich sein früherer Fraktionskollege Förster nun seine Anträge zu Open Data auf die Fahnen schreibt, nimmt Kliehm gelassen. Irgendwann fällt auch beim Letzten der Groschen, wie wichtig solche Daten für die Zukunft sind. Wir haben sie mit Steuergeldern bezahlt, da sollten sie auch zum Wohle der Allgemeinheit genutzt werden können.

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Open Data maschinenlesbar und nachnutzbar

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer zu den Anträgen NR 1366/2016 und NR 1368/2016

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. In den beiden Anträgen werden jeweils vor „ins Netz zu stellen“ die Worte „auch maschinenlesbar“ eingefügt.
  2. Die Formulierung „für den allgemeinen Gebrauch“ bzw. „zur allgemeinen Einsicht“ wird konkretisiert durch die auf dem Open Data-Portal der Stadt Frankfurt gebräuchliche Lizenz „Datenlizenz Deutschland Namensnennung“.

Begründung

Gerade die Daten zu Ausfällen von Aufzügen und Rolltreppen sind essentiell für die barrierefreie Nutzung der U- und S-Bahnen. Ihr Zustand ändert sich jedoch häufig und muss darum auto­matisch von Apps gelesen werden können. Darum sollten die Daten vorzugsweise auf dem Open Data-Portal der Stadt Frankfurt maschinenlesbar unter der üblichen Lizenz zur Verfügung gestellt werden, damit einer Nach­nutzung durch Dritte nichts mehr im Wege steht.

Dies ist beispielsweise in Wien geschehen, wo Freiwillige eine kostenlose App programmierten, damit sich Menschen mit Behinderungen schnell und einfach informieren können, welche Fahr­stühle und Rolltreppen gerade nicht funktionieren. Diese Daten können auch, anders als auf einer Website des RMV, leicht in andere Apps integriert und kombiniert werden.

Auch die Fahrplandaten, die schließlich mit öffentlichen Mitteln und über die Fahrpreise bereits finanziert sind, müssen der Öffentlichkeit und den Fahrgästen unter dieser Lizenz zur Verfügung stehen. In London beispielsweise gibt es mittlerweile über 500 Apps, nicht nur für die Reiserouten von Google Maps, die Daten der Londoner Verkehrsbetriebe nutzen. Dadurch erschließen sich völlig neue Möglichkeiten für kundenfreundliche Apps. Aber auch für IT-Startups, die sich in der Stadt ansiedeln, und nicht zuletzt bietet sich eine Basis für eine faktenbasierte Politik, wenn es z.B. um die Erreichbarkeit von Bürgerämtern mit öffentlichen Verkehrsmitteln geht.

Antragstellende

Stadtv. Carmen Thiele
Stadtv. Dominike Pauli
Stadtv. Lothar Reininger
Stadtv. Luigi Brillante
Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Merve Ayyildiz
Stadtv. Peter Gärtner

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Bebauung des Campus Bockenheim an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausrichten

Der Magistrat wird beauftragt, folgende Änderungen in den Bebauungsplan einzuarbeiten:

  1. Der Anteil des Wohnens wird weiter erhöht, Büro- und Hotel-Hochhäuser werden nicht zugelassen.
  2. In allen Wohngebieten werden 50 % der Fläche gemäß § 9 Abs. (1) Punkt 7 Baugesetzbuch für geförderten Wohnungsbau vorbehalten.
  3. Bei allen Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, werden die Baufenster und die Bauhöhen so festgelegt, dass sie den jetzigen Gebäudemaßen entsprechen.
  4. Auf den Bau des Hochhauses am Adorno-Platz wird verzichtet. Auf der ganzen Fläche am Adorno-Platz wird die Bauhöhe auf 19 m begrenzt.
  5. Die maximale Bauhöhe entlang der Senckenberganlage wird auf 25 m begrenzt. Für die Gebäude, die im Inneren der Blockbebauung liegen, wird die Bauhöhe auf 19 m begrenzt. An der Senckenberganlage wird eine Blockrandbebauung als Lärmschutz vorgesehen.
  6. Die Fläche für die Kindertagesstätte wird von der Senckenberganlage in den Blockinnenbereich verlegt.

Begründung

Der vorgelegte Bebauungsplan richtet sich nicht an den Bedürfnissen der Bockenheimer Bevölkerung aus, sondern an den Interessen von potenziellen Investoren. Die geplante Bebauung hat viele Nachteile für die Bockenheimer Bevölkerung.

zu 1 und 2) Die Stadtteile Bockenheim und Westend sind seit Jahren einem erhöhten Veränderungsdruck ausgesetzt. Luxussanierung, Entmietung und Mietsteigerung sind die Folge einer verfehlten Stadtentwicklungspolitik. In Frankfurt fehlen zur Zeit mindestens 30.000 Wohnungen und 50.000 Sozialwohnungen. Um diesen dringenden Bedarf zu decken, muss der Anteil an Wohnungen insgesamt und insbesondere der Anteil der geförderten Wohnungen auf dem „Kulturcampus“ erhöht werden. Mit ca. 1,4 Millionen Quadratmetern an leerstehenden Büroflächen benötigt Frankfurt keine weiteren Büro-Hochhäuser. In den letzten Jahren sind viele Hotels neu gebaut worden, so dass auch dafür kein Bedarf erkennbar ist. Die Ausweisung von gewerblichen Hochhäusern widerspricht auch dem „Konsensplan“, der für diesen Bereich Wohnbebauung vorsieht.

Zu 3) Im Bereich der denkmalgeschützten Gebäude soll die Bauhöhe entsprechend dem jetzigen Bestand festgesetzt werden, damit diese erhalten werden. Wenn für das Studierendenhaus und das Studentenwohnheim eine zulässige Bauhöhe von 19 m festgesetzt wird, dann ist der Anreiz groß, diese doch noch abzureißen. Völlig unsinnig ist es, für das Philosophicum eine Bauhöhe unterhalb der Höhe des Bestandsgebäudes festzusetzen.

Zu 4) Durch die Reduzierung der maximalen Bauhöhe fügen sich die Neubauten besser in die bestehende Bebauung ein. Außerdem können in Wohnhochhäusern nur teure Wohnungen entstehen, während der größte Bedarf in Frankfurt bei bezahlbaren Wohnungen liegt.

Zu 5) Die bauliche Verdichtung mit Hochhäusern bis 140 m Höhe hätte negative Auswirkungen auf das Klima und würde ein enormes Verkehrsaufkommen verursachen. Dadurch würde der ganze Stadtteil erheblich belastet. Ein städtebaulicher Missgriff wie der AfE-Turm sollte vermieden werden. Eine Blockrandbebauung an der Senckenberganlage ist notwendig, um das dahinter liegende Gebiet vor Straßenlärm zu schützen.

Zu 6) Die Kindertagesstätte direkt an der stark befahrenen Senckenberganlage vorzusehen, kann nur als schlechter Witz angesehen werden. Dies bedeutet für die Kinder eine reale Gefährdung durch die erhöhte Unfallgefahr und die extreme Lärm- und Abgasbelastung.

Antragstellende

Stadtv. Carmen Thiele
Stadtv. Dominike Pauli
Stadtv. Lothar Reininger
Stadtv. Luigi Brillante
Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Merve Ayyildiz
Stadtv. Peter Gärtner

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Eine Regierung ohne die CDU

Forsa Wahlumfrage bestätigt Willen zur sozial gerechten Politik

Im Auftrag der Frankfurter Neuen Presse hat die Forsa eine repräsentative Befragung durchgeführt, um vier Wochen vor der Kommunalwahl Probleme zu erfassen, die die Frankfurterinnen und Frankfurter wirklich beschäftigen. Die Ergebnisse der Erhebung wurden heute veröffentlicht.

Martin Kliehm von der Fraktion DIE LINKE. im Römer betont: Frankfurt ist bereit für einen Politikwechsel. Die jüngste Wahlprognose zeigt, dass die Frankfurter Bevölkerung mit der unsozialen Politik der schwarz-grünen Koalition unzufrieden ist. Nach derzeitigem Stand würde sie ihre Mehrheit im Stadtparlament verlieren.

Tatsächlich kommt die Regierung aus CDU und GRÜNEN in den Umfragen auf nur noch 45 Prozent der Stimmen. Während die CDU bei den vergangenen Kommunalwahlen unerreichbar auf einem anderen Politik-Stern (Frankfurter Rundschau) rangierte, wurde sie nun nicht bloß zahlenmäßig überflügelt. Deutlich wird auch, so Kliehm, dass die Frankfurterinnen und Frankfurter sich nicht von der populistischen Forderung nach vermeintlicher Sicherheit durch mehr Überwachung bange machen lassen. Vielmehr sorgen sie sich um die Qualität von Schulen und Bildung, um ausreichende und bezahlbare Wohnungen und um die gute Unterbringung und schnelle Integration von Geflüchteten. Die vergangenen Jahre haben offenbart, dass weder eine soziale Wohnungs-, noch eine gerechte Bildungs- oder ausreichend finanzierte Kulturpolitik mit der CDU zu machen ist.

Welche Konsequenzen die anderen Parteien aus dieser Umfrage zu ziehen gedenken, bleibt indes spannend. Kliehm äußert dazu: Die SPD und die GRÜNEN müssen sich fragen lassen, ob sie den demokratischen Ruf nach einer Politik der sozialen Gerechtigkeit hören wollen. Mit der CDU ist das nicht machbar. Die will die Gewerbesteuer eher senken, obwohl starke Investitionen notwendig sind, um den Bau von bezahlbarem Wohnraum zu fördern und den Sanierungsstau an Schulen, Straßen und im Nahverkehr zu beheben. Sie will lieber die Maininsel mit Luxuswohnungen bebauen statt die ABG zum Bau von mehr geförderten Wohnungen zu verpflichten oder städtische Grundstücke günstiger für Wohnungsbau zu verpachten. Rot-schwarz oder schwarz-grün-gelb sind keine sozialen Alternativen.

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Merve Ayyildiz: „Sexismus ist Alltag von Frauen“

Kontext: Wortprotokoll über die 48. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Donnerstag, dem 28. Januar 2016 (16.02 Uhr bis 22:48 Uhr), TOP 7, Schwerpunktthema „Respekt. Stoppt Sexismus.“ weiterführen

Meine Fraktionskollegin und Genossin Merve Ayyildiz hielt heute in der Stadtverordnetenversammlung eine engagierte Rede zur Arbeit des Frauenreferats, zu Sexismus in der Gesellschaft und was das mit Übergriffen auf Frauen und Stimmungsmache gegen Geflüchtete zu tun hat.

Stadtverordnete Merve Ayyildiz, DIE LINKE. im Römer:

Sehr geehrter Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

meine Fraktion und ich begrüßen den Antrag der Koalition zum Thema Sexismus, der die Arbeit des Frauenreferats mit dem Verein FEM wertzuschätzen weiß, indem er fordert, das Jahresthema 2015 auch in diesem Jahr weiterzuführen. Daher stimmen wir diesem auch zu. Wir unterstützen die Arbeit des Frauenreferats und das Online-Beratungsportal, das jungen Frauen eine Plattform bietet, um sich zu informieren, beraten zu lassen und geholfen zu fühlen.

Da die Koalition augenscheinlich durch die Vorfälle der Silvesternacht zu diesem Antrag bewegt wurde und diesen als Antwort auf die Geschehnisse auf den Weg gebracht hat, möchte ich einige Anmerkungen machen, die diesem überaus bedeutsamem Thema vielleicht gerechter werden können, als ein Beschluss zur Beibehaltung des Titels und ggf. weiteren Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit, ohne einen Vorschlag, wie diese aussehen sollen.

Wir alle sind weitestgehend über die Geschehnisse der Silvesternacht informiert. Wie konnte man dieser Informationsflut auch ausweichen, nachdem das Feindbild des vergewaltigenden, stehlenden Nordafrikaners medial ausgeschlachtet wurde? Alle werden nun zu vermeintlichen Frauenrechtlern und nehmen sich der Sache an. Doch Sexismus und sexuelle Übergriffe sind keine Frage der Herkunft, sie sind keine Frage der Panikmache gegenüber geflüchteten Menschen.

Sie sind Ausgeburt unserer übersexualisierten Gesellschaft und gleichzeitig bestehender, mangelhafter Gesetzeslage bei sexuellen Übergriffen. Also wer die durch Silvester losgebrochene Debatte nutzt, um auf Stimmenjagd bei Frauen zu gehen, und da bleibt einem nichts übrig als Richtung Konservative, Rechtspopulisten und Konsorten zu blicken, der solle sein immer wieder gepredigtes, hässliches Frauenbild doch erstmal laut aussprechen: Unterwürfig, unemanzipiert, sich dem Patriarchat der Gesellschaft beugend, die Gesellschaft mit Kindern nährend. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist sexistisch!

Wer die Geschehnisse nun dahingehend nutzt, Stimmung gegen Geflüchtete zu machen und sie unter Generalverdacht des Missbrauchs zu stellen, der, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist rassistisch!

(Beifall)

Rechtspopulisten werden sich immer auf aktuelle, brisante Themen stürzen und versuchen mit ihrer Kurzsichtigkeit politisches Kapital zu schlagen. Letztlich handeln sie nicht im Sinne der Frau, sobald es um die eigentliche politische Linie geht, ganz im Gegenteil, sie sind antifeministisch, gegen jede Form von Geschlechtergerechtigkeit und halten an antiken Rollenbildern fest. Letztlich bleiben sie rassistisch und frauenfeindlich.

Und dagegen, meine Damen und Herren, muss man sich vehement wehren und enttarnen, was dahinter steht! Da die etablierten Zeitungen dies nicht hinkriegen, die etablierten Parteien zu diesem Auswuchs rechts gesinnter Parteien viel zu wenig Stellung beziehen, werden wir dies immer wieder tun!

Als junge Frau muss ich loswerden, dass Frauen mit oder ohne Migrationshintergrund gleich beschissen behandelt werden von sexistischen Idioten mit oder ohne Migrationshintergrund.

(Beifall)

Doch nun zu einem anderen Aspekt: Wer kriminelle Handlungen begeht, der muss mit den Mitteln der Justiz bestraft werden. Dies gilt für alle, gleich welcher Herkunft. Also lassen wir diesen populistischen Quatsch doch endlich mal weg und konzentrieren uns auf das, worum es wirklich geht und nicht mehr auf das, wofür rechts Beifall geklatscht werden soll. Die Justiz zeigt eine riesige Grauzone zwischen einem Sexualdelikt und sogenannter Beleidigung auf. Irgendwo dazwischen befindet sich sexuelle Belästigung. Denn wer sexuell belästigt wird, dem wurde zu wenig angetan um den Tatbestand eines Sexualdelikts zu erfüllen und viel mehr, als bloß als Beleidigung zu gelten. In diesem Fall ist die Gesetzeslage mangelhaft und eine Zumutung für jedes Opfer sexueller Gewalt.

(Beifall)

Mit ein wenig Öffentlichkeitsarbeit ist die Symptombehandlung vielleicht getan, gelöst ist dadurch jedoch gar nichts. Diejenigen, die am politisch längeren Hebel sitzen, haben Strukturen zu schaffen, die eine Ungleichbehandlung und Ungleichstellung der Geschlechter in der Praxis unmöglich machen. Daher werden wir unsere Forderungen so lange wiederholen, bis die tauben Ohren wie durch ein Wunder etwas mitbekommen und es so verpacken, als sei es schon immer ihre Forderung gewesen. Mit Absagen eines Karnevalsumzugs durch Panik, gleiches wie an Silvester könne passieren, sendet man absolut falsche Signale in die Öffentlichkeit. Man schließt ja auch keine Clubs durch Vergehen wie solche, die Wochenende für Wochenende totgeschwiegen werden. Man sperrt keine Bahnhöfe, sobald die Dunkelheit einbricht. Man macht doch nicht das gesamte alltägliche Leben dicht, um Sexismus entgegenzuwirken. Und genau hier zeigt sich, wo wir schon lange angekommen sind.

Sexismus ist keine Randerscheinung, sondern Bestandteil des Alltags der Frauen. Wenn alle Geister durch Silvester nun wachgerüttelt sind, hier wirklich was zu verändern, dann bitteschön. Macht!

Lasst uns gemeinsam etwas machen, um mit diesem Tumor unserer Gesellschaft fertig zu werden. Lasst uns Frauen doch endlich bei gleicher Arbeit gleich entlohnen wie einen Mann.

(Beifall)

Lasst den Frauen die Option auf Führungspositionen, statt sie im Niedriglohnsektor für einen Hungerlohn abzuspeisen. Lasst sie sich kleiden, wie sie möchten, ohne sie für die Gewaltakte des Mannes verantwortlich zu machen. Lasst endlich Kinder ohne Mädchen/Jungs Rollen und ohne Begriffe wie Frauen-/Männerberufe aufwachsen. Doch heuchelt den Menschen nicht etwas vor, um nach der Wahl wieder in alte Klamotte zurück zu rudern.

Also vielen Dank an die Koalition für ein klein wenig Wertschätzung der Frauenarbeit in Frankfurt, doch wenn das alles sein soll, um auf Sexismus zu reagieren, dann kann man den Antrag nur als ein müdes Lächeln in die Gesichter aller Frauen verstehen. Denn das ist definitiv zu wenig.

(Beifall, Zurufe)

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