Nachtragshaushalt 2014

Zugehörige Vorlagen: Magistratsvortrag M 45/2014

Kontext: Wortprotokoll über die 29. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 27. Februar 2014 (16.03 Uhr bis 22.08 Uhr), TOP 6, Nachtragssatzung zur Haushaltssatzung der Stadt Frankfurt am Main für das Haushaltsjahr 2014 sowie Entwurf des Nachtrages zum Investitionsprogramm 2014-2017

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Dr. Rahn!

Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich für diese Führung keine Zeit hatte, aber ich war in der Woche danach, bei dem Tag der offenen Tür an der Elisabethenschule. Ich war schwer beeindruckt von der Fantasie, wie die Schülerinnen und Schüler diese Notlage, die sie dort haben, dann mit Spielen, Führungen, Baustellenhelmen und mit allem Möglichen für die Besucherinnen und Besucher des Tages der offenen Tür verdeutlicht haben. Ich muss sagen, so wie die Elisabethenschule sah meine Schule damals auch nicht aus. Aber ich habe inzwischen auch einige Schulen gesehen und unsere Toiletten in der Liebigschule haben damals auch gestunken. Es ist also nicht alles besser, aber es ist auch heute nicht alles schlechter.

Was mich aber sehr verwundert, ist überhaupt die Tatsache, dass wir jetzt hier schon wieder stehen und über den Haushalt reden. Das haben wir gerade erst vor zwei Monaten getan, und Ihr Haushalt ist Ihnen jetzt nach zwei Monaten schon um die Ohren geflogen, sodass Sie einen Nachtragshaushalt auflegen müssen. Wir haben den Haushalt im Dezember abgelehnt, unter anderem, weil die solide Finanzierung fehlt. Sie haben es die ganze Zeit angesprochen, es geht eben nicht nur darum, dass die Stadt kaputtgespart wird – gerade eben auch im sozialen Bereich und im Kulturbereich haben wir das vorhin sehr deutlich gehört –, es gibt auch freiwillige Leistungen, die pflichtige Leistungen sind. Das heißt Leistungen, auf die die Stadt insgesamt nicht verzichten kann und bei denen es der Stadt auch nicht gut zu Gesicht stehen würde, wenn wir darauf verzichten würden, weil uns dadurch etwas verloren geht, insbesondere auch den Bürgerinnen und Bürgern.

Eine Milliarde Euro haben Sie seit 2006 für den Bildungsbereich ausgegeben. Diese Summe zitieren Sie immer – ich konnte das jetzt noch nicht nachprüfen. Aber ich gehe einmal sehr stark davon aus, dass von dieser einen Milliarde Euro doch ein Großteil in den Neubau von Kindergärten und Kitas geflossen ist, gerade um die Null- bis Dreijährigen noch zu versorgen.

(Zurufe)

700 Millionen Euro für Schulen, 300 Millionen Euro für Kitas. Okay, Sie haben 700 Millionen in die Schulen gesteckt, das heißt, Sie haben eben nicht eine Milliarde Euro reingesteckt, und wie Frau Weber vorhin sagte, ist auch noch fast eine Milliarde Euro notwendig. Das heißt, diese 150 Millionen Euro sind leider eben nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich kam auf diesen Betrag, weil ich mir das Investitionsprogramm für 2014 und die folgenden Jahre angesehen habe. Ursprünglich war geplant, dass Sie 2014 in den Schulneubau und -erweiterungsbau 74 Millionen Euro stecken und in den kommenden drei Jahren 196 Millionen Euro. Da kommen jetzt die 150 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren noch dazu. Bei den Kitas war das ungefähr ausgewogen. Dort werden im Jahr 2014 79 Millionen Euro in den Neubau gesteckt und in den nächsten drei Jahren noch einmal 73 Millionen Euro. Das heißt aber, wir dürfen nicht vergessen, dass sich diese eine Milliarde Euro durchaus in dem Bildungsbereich eben auch auf verschiedene Bereiche aufspaltet, bei denen nicht nur die Schülerinnen und Schüler davon partizipieren.

Es fehlt zum Beispiel auch an einem Ausbau des Ganztagsprogrammes. Wir brauchen mehr kostenfreie Mittagessen an den Schulen, damit alle die Gelegenheit haben, dort zu essen und damit eben die privilegierten Familien nicht an die Privatschulen abwandern. Denn im Endeffekt gibt es einige Privatschulen, bei denen der Unterschied zwischen dem, was man dort bezahlt, und dem, was man für Essen und Betreuung an anderen Schulen bezahlt, nicht mehr so signifikant ist.

Sie hatten vorhin den Schulentwicklungsplan erwähnt. Der ist auch schon seit Jahren überfällig. Ich bin sehr gespannt, wann wir den bekommen. Dann eben mit der Inklusion eingearbeitet, sehr gerne. Wo ich noch ein Defizit bei der Beteiligung sehe ist, dass jetzt die Eltern gehört wurden, und der Stadtschülerinnenrat sich auch beteiligt hat. Die waren auch gestern Abend hier. Aber die hessische Gesetzgebung gibt es, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, leider nicht verpflichtend her, dass die Schulleitung, der Elternbeirat oder der Schülerbeirat verpflichtend bei Neubaumaßnahmen oder Erweiterungsbaumaßnahmen ihrer Schule angehört werden müssen. Ich würde es sehr gerne hören, was gerade die, die davon betroffen sind, bei …

(Zurufe)

Das geschieht, Herr Stock, bei dem Schulentwicklungsplan, aber nicht bei den einzelnen Baumaßnahmen.

(Zurufe)

Ich habe noch keine Vorlage gesehen, bei der es eine Anlage gab, wie sich der Schülerrat, der Elternbeirat und die Schulleitung zu diesen Baumaßnahmen verhalten. Das muss man jeweils extra erfragen. Wenn Sie geheime Koalitionsinformationen haben, dann möchte ich Sie bitten, die mit anderen zu teilen. Wir reden auch mit den Schulen, aber wir müssen sie in jedem einzelnen Fall fragen, weil das eben kein Prozess ist, der von der Behörde, von der Verwaltung her implementiert worden wäre.

Sie haben also jetzt diesen Aktionismusplan vorgelegt und das Einzige, was Ihnen dazu einfällt ist, dass wir neue Schulden machen. Wir hatten aber hingegen kürzlich diese IHK‑Studie vorliegen, nach der Oberbürgermeister Feldmann auch mit der IHK geredet hatte, wo auch die IHK gesagt hat, dass es ihr wert sei, mehr Gewerbesteuer zu zahlen, wenn diese in die Infrastruktur investiert würde. Ich denke, Infrastruktur im Bereich der Schulen ist etwas extrem Wertvolles, was es uns auch wert sein sollte und wo ich auch die Unternehmen, die hier in dieser Stadt tätig sind und Steuern zahlen, nicht nur in der Pflicht sehe, sondern sie partizipieren letzten Endes auch davon.

Wir haben heute die Pressemitteilung bekommen, eben auch von dem Stadtelternbeirat und dem Stadtschülerbeirat, in der gesagt wurde, dass an diesem Aktionsplan beispielsweise zu kritisieren ist, dass der Gesamtfinanzierungsbedarf nicht angegeben wurde. Wir haben jetzt verschiedene Maßnahmen an den Schulen. Wir wissen, was die nächsten fünf Jahre gemacht wird und was später irgendwann gemacht wird. Wir wissen aber leider immer noch nicht, was es kostet, wir wissen immer noch nicht, wie die einzelnen Maßnahmen priorisiert sind. Es wurden einige Schulen in diesem Aktionsplan nicht berücksichtigt und vieles ist einfach auch noch nicht abgebildet. Ich glaube, das, was dort steht, ist erst der Tropfen auf den heißen Stein.

In der heutigen Pressemitteilung wird auch kritisiert, dass zum Beispiel für solche Punkte, wie eine moderne und einheitliche IT‑Ausstattung an den Schulen – also von intelligenten Whiteboards sind wir an vielen Schulen noch weit entfernt –, noch kein Konzept besteht. Es gibt jetzt vereinzelte Pilotprojekte, bei denen Tablets an Schulen benutzt werden können. Fast alle Schülerinnen und Schüler haben heutzutage kleine Computer in der Tasche, die sie in der Schule aber nicht benutzen können. Es gibt kein Konzept, wie diese produktiv im Unterricht eingesetzt werden können, beispielsweise als Rückkanal auch für die etwas Stilleren, sodass sich auch Schülerinnen und Schüler fachlich im Unterricht austauschen können.

Ich habe neulich mit einem Schulleiter gesprochen. Die hatten für ein solches Tablet‑Pilotprojekt übergangsweise WLAN genehmigt bekommen – das muss man genehmigt bekommen – und denen wurde gesagt, dass die Hauptbedenken nicht etwa Sicherheitsbedenken waren, dass irgendjemand Seiten besuchen könnte, die nicht besucht werden soll, sondern es wurde auf einmal mit der Strahlung argumentiert. Das ist nun aber totaler Quatsch. Wenn Sie eine Viertelstunde lang mit Ihrem Handy telefonieren, haben Sie mehr Strahlung abbekommen, als wenn Sie ein Jahr lang einen WLAN-Router betreiben. Ich glaube, da ist noch einiges an Aufklärung auf allen möglichen Seiten notwendig.

Ich möchte Herrn Schenk widersprechen. Ich denke, wir haben zwar jetzt von potenziellen Gesundheitsgefährdungen bei Passivbauten in den Feuerwachen gehört, aber ich glaube, an den Schulen, die ich besucht habe, wurde noch nie kritisiert, dass das Passivhäuser sind. Dort machen sie das Fenster auf, wenn die Luft zu trocken ist. Ich möchte auch nicht ausschließlich nur eine Zweckdienlichkeit. Wohin das führt, haben wir zum Beispiel an der Freiherr‑vom‑Stein‑Schule gesehen, die als PPP‑Projekt gebaut wurde. In der gibt es im Erdgeschoss eine Toilette und man muss dann aus dem dritten Stock hinunter und dann wieder hinauf, weil das alles so zweckdienlich und zentralisiert ist. Nicht nur die Zweckdienlichkeit, sondern vielleicht sogar auch wieder so etwas wie in den Sechzigerjahren, Kunst am Bau, würde uns guttun, sodass man auch gerne in die Schule geht.

Letztlich haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag gesagt, dass Sie die Nettoneuverschuldung reduzieren möchten. Sie möchten keine neue Nettoneuverschuldung. In der Haushaltsrede im September 2013 haben Sie das schon relativiert, Sie möchten keine Nettoneuverschuldung bis 2020.

Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Dr. Renate Wolter-Brandecker:

Herr Kliehm, kommen Sie bitte zum Ende, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

(fortfahrend)

Ja. Sie planen also schon für die nächste Haushaltsperiode mit, und ich möchte Ihnen sagen, dass Sie die Einnahmen erhöhen müssen. Es führt dabei nichts an einer Erhöhung der Gewerbesteuer vorbei.

(Beifall)

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Modellregion Inklusion

Zugehörige Vorlagen: Frage F 1315/2014 (Freie Wähler)

Kontext: Wortprotokoll über die 29. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 27. Februar 2014 (16.03 Uhr bis 22.08 Uhr), TOP 4, 28. Fragestunde und Aktuelle Stunde

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Ich möchte daran anknüpfen, was meine Vorrednerin gesagt hat. Natürlich sind das zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Das eine ist der Sanierungsstau an den Schulen. Es ist schlimm genug, dass seit 1989 unter grüner Leitung so wenig geschehen ist.

(Beifall)

Dort fehlen Hunderte von Millionen Euro, das ist das eine, aber was Inklusion an Schulen angeht, möchten wir gerade bei der Modellregion Geld vom Land haben, denn die Ausstattung mit Lehrkräften ist Aufgabe des Landes. Da wäre es eben Aufgabe des Landes zu überlegen oder im Rahmen der Modellregion auszuarbeiten, wie die 30‑jährige Erfahrung, die es in Frankfurter Schulen bereits gibt, dort eingearbeitet werden kann und dafür zu sorgen, dass ein ausreichender Schlüssel an Lehrerinnen und Lehrern und gleichzeitig an Förderlehrkräften vorhanden ist, dass derzeitige Förderschulen in Förderzentren umgewidmet werden, sodass also dort eine Infrastruktur geschaffen wird und entsprechend auch Sozialarbeit zur Verfügung steht, gerade für die verhaltensauffälligen Kinder. Das sind die Herausforderungen der Modellregion und Inklusion, und eben nicht ein Sanierungsstau an Schulen.

Vielen Dank!

(Beifall)

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Offenlegung des Kaufpreises des Philosophicums

Antrag der ELF Piraten Fraktion zum Magistratsvortrag M 224/2013

Für das denkmalgeschützte Philosophicum in der Gräfstraße 74-76 kursieren unterschiedliche Grundstücksgrößen von 3.490 m² ohne bzw. 4.450 m² mit öffentlichen Flächen. Unter anderem daraus resultieren unterschiedlich hoch angesetzte Verkehrswerte, was die parteiübergreifend angestrebte Nutzung des Gebäudes für soziale Wohnprojekte gefährdet.

Dies vorausgeschickt, beschließt die Stadtverordnetenversammlung:

  1. Die Stadtverordnetenversammlung bekräftigt ihren Willen, das denkmalgeschützte Gebäude des Philosophicums zu erhalten und für soziale Wohnprojekte zu nutzen.
  2. Der Magistrat möge prüfen und berichten, welche Fläche das Flurstück des sich im Eigentum der ABG Holding befindlichen Philosophicums besitzt, welche Fläche davon öffentlich ist, und ob es gängige Praxis ist, die öffentlichen Flächen beim Verkaufswert einzuberechnen; welche Kosten dem Verkehrswert hinzuzurechnen sind, „die dadurch entstehen, dass notwen­dige Stell­plätze, die auf dem Grundstück nicht dargestellt werden können, auf anderen Grundstücken der ABG realisiert werden müssen“ (ST 1689/2013); unter welchen Bedingungen auf weitere Stell­plätze auf dem sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossenen Gelände verzichtet wer­den kann (vgl. B 323/2013); welche anteiligen Kosten „für Infrastruktur wie Erschließung, Grün- und Außenanlagen im öffentlichen Raum und soziale Infrastruktur“ anzu­rechnen sind.
  3. Der Magistrat setzt sich für eine Offenlegung des Kaufpreises des betreffenden Flurstücks ein, den die ABG Holding 2011 an das Land Hessen gezahlt hat.
  4. Der Magistrat möge prüfen und berichten, welche Wertänderungen des Flurstücks durch den Erhalt des Philosophicums entstehen und welche Rückzahlung in diesem Fall gemäß den Regelungen des „Letter of Intent“ nach­träglich vom Land Hessen zu erwarten ist. Sind durch die Rückzahlung die oben beschriebenen zusätzlichen Kosten abgegolten?

Antragsteller

Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Herbert Förster
Stadtv. Luigi Brillante

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Barrierefreiheit städtischer Webauftritte sichern

Antrag der ELF Piraten Fraktion zum Magistratsbericht B 480/2013

Im Bericht B 480 gibt der Magistrat eine Übersicht über die Barrierefreiheit der eigenständigen Webauf­tritte der Stadt Frankfurt und einiger Tochterunternehmen. Diese Liste ist zum einen unvollständig: Es fehlen beispielsweise frankfurt.de und das Parlamentsinformationssystem Parlis. Zum anderen bean­spruchen viele Websites Barrierefreiheit, die es nicht sind. Dies ist oft gar nicht irreführend beabsichtigt, sondern resultiert meist aus unzureichender Expertise.

Bei Stichproben fallen zum Teil schwerwiegende, vermeidbare, manchmal leicht zu behebende Fehler auf, die bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen von der Benutzung ausschließen oder die Nutzung zumindest stark erschweren.

  • So ist bei den Websites des Stadtplanungsamtes und des Zoos für Menschen mit motorischen Ein­schränkungen, die statt der Maus die Tastatur benutzen, die aktuelle Position des Fokus nicht sichtbar, weil dessen Markierung ausgeschaltet wurde.
  • Die Reihenfolge bei der Navigation mit der Tabulatortaste durch die Webseiten der VHS, der VGF, der Mainova und von Frankfurt Tourismus ist verwirrend und springt hin und her.
  • Die aktuelle Position im Webauftritt wird bei den meisten Seiten mit Hervorhebungen in der Navigation und einem Brotkrumenpfad deutlich, bei Parlis beispielsweise nicht.
  • Beim Zoomen des Textes durch sehbehinderte Menschen kommt es zu Überlagerungen oder abgeschnittenem Text beim Stadtplanungsamt, den Städtischen Bühnen, dem Schauspiel Frankfurt und bei Parlis.
  • Das Schauspiel verwendet in der Navigation und für Überschriften ausschließlich vermeidbare Schriftgrafiken statt Text, die beim Vergrößern unscharf werden.
  • Der Verbrauchskalkulator der Mainova ist zwar auch mit der Tastatur bedienbar, dann geht aber eine überlagernde Ebene mit Informationen auf, die nicht den Fokus erhält und für blinde Menschen nicht zugänglich via Screenreader oder Braillezeile ist.
  • Die Hauptsprache des Dokuments (Deutsch) ist beim Stadtplanungsamt, den Städtischen Bühnen, dem Schauspiel, der Mainova und Frankfurt Tourismus nicht angegeben.
  • Alternativtexte für Grafiken auf Bedienelementen fehlen zum Teil bei Parlis, was gravierend ist. Bei den meisten anderen überprüften Websites waren Alternativtexte für Bilder nicht infor­mativ („blauer Punkt“ ist irrelevant) oder wurden missbräuchlich für Copyrightvermerke benutzt.
  • Semantische Strukturelemente für Überschriften sind essentiell zur Navigation durch die Seite für blinde und sehbehinderte Menschen, aber sie fehlen völlig bei den Websites der VHS, des Zoos, der Städtischen Bühnen, des Schauspiels, von Frankfurt Tourismus und bei Parlis. Bei Parlis fehlen auch die meisten anderen semantischen Elemente, z.B. für Absätze und Aufzählungslisten in Texten.
  • Formularfelder sind bei der VHS und bei Parlis nicht semantisch beschriftet, beim Kontakt­formular der Mainova unvollständig. Eine Nutzung wird dadurch stark erschwert.

Wir haben nur knapp die Hälfte der 50 Prüfschritte des BITV-Tests (bitvtest.de) bei einer Stich­probe von zehn der besucherstärksten Websites plus Parlis getestet. Bis auf frankfurt.de, die wir hiermit aus­drücklich loben wollen, haben die meisten gröbere Fehler, die eine Nutzung für bestimmte Menschen mit Behinderungen erschweren bis verhindern.

Das Problem liegt unseres Erachtens nicht am mangelnden Willen zur Bar­rierefreiheit, sondern an der Durchführung und Qualitätssicherung. Wenn Prinzipien der Barriere­freiheit frühzeitig in Projekten beachtet werden, entsteht kaum Mehraufwand. Hingegen sind barrierefreie Websites im Sinne der Zielgruppenmaximierung für alle Menschen besser zugänglich, gerade auch für Nutzerinnen und Nutzer von mobilen Endgeräten.

Dies vorausgeschickt, möge die Stadtverordnetenversammlung beschließen:

  1. Der Magistrat lässt den Grad der Barrierefreiheit mindestens für die zehn besucherstärksten Websites der Stadt Frankfurt von unabhängigen, ausgewiesenen Fachleuten stichprobenartig ermitteln und dokumen­tieren.
  2. Die ermittelten Fehler werden priorisiert nach Schwere und nach Einfachheit der Beseitigung behoben, sofern der Aufwand keinen Relaunch erfordert.
  3. Bei Ausschreibungen der Erstellung, Migration und Pflege von Websites ist als Kriterium hinzu­zufügen, dass Nachweise über Kompetenzen im Erstellen barrierefreier Websites vorgelegt werden müssen. Dies können beispielsweise Nominierungen für den BIENE-Award der Aktion Mensch sein, eine Auflistung in der Liste der 90plus-Dienstleister oder vergleichbare Erfahrungsnachweise. Das Kriterium ist vergleichs­weise hoch zu gewichten.
  4. Während Konzeption, Design und Entwicklung von neuen Websites oder dem um­fassenden Relaunch von bestehenden ist ein entwicklungsbegleitender Test und Beratung zur Barrierefreiheit durch unabhängige, ausgewiesene Fachleute (siehe 3) verpflichtend.
  5. Vor dem Livegang der Website ist ein abschließender Barrierefreiheitstest durch unabhängige, ausgewiesene Fachleute mit Dokumentation der ermittelten Fehler verpflichtend. Fehler sind vor dem Launch oder in den ersten Wochen derart zu beheben, dass die Website mindestens als „gut zugänglich“ eingestuft werden kann. Redaktionsmitglieder sind zu schulen.

Antragsteller

Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Luigi Brillante
Stadtv. Herbert Förster

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Keine Chance den Rechtspopulisten!

Die Schweizerinnen und Schweizer haben sich mehrheitlich gegen eine so genannte „Masseneinwanderung“ ausgesprochen, womit sie ihre Verfassung ändern möchten. Die Reaktionen darauf kritisieren einhellig die Abschottung von Europa und einen Rechtsruck der Gesellschaft. Aber es ist komplizierter als das. Gleichzeitig stellt mehr Partizipation an politischen Entscheidungen eines der Grundversprechen der Piratenpartei dar. Gilt das uneingeschränkt auch dann, wenn die Abstimmenden Mist bauen?

Was besagt die Volksinitiative?

Kaum jemand wird den eigentlichen Text gelesen haben, hingegen ist es den Rechtspopulisten mit einer millionenschweren Kampagne gelungen, sie auf Schlagworte wie „Masseneinwanderung stoppen“ zu vereinfachen. Das Plakat schürt Ängste, wenn schwarze, anonyme Figuren über die Schweizer Nationalflagge trampeln.

Im Detail kritisiert eine Studie im Auftrag der schweizerischen FDP schon die Unschärfe des Zuwanderungsbegriffs. Allgemein verstehen wir darunter Migrationsbewegungen, die zur dauerhaften Niederlassung in einem Staat führen. Die Initiative fasst unter Zuwanderung jedoch alle Migrationsbewegungen zusammen, also auch Grenzgänger*innen, temporäre Aufenthalte sowie vorläufig Aufgenommene nach dem Asylgesetz.

Maßgeblich für die Aufenthaltsgenehmigung soll das gesamtwirtschaftliche Interesse der Schweiz sein, „unter Berücksichtigung eines Vorranges für Schweizerinnen und Schweizer“. Nachweise sollen erfolgen über den Antrag eines Arbeitgebers, die „Integrationsfähigkeit“ und eine „ausreichende, eigenständige Existenzgrundlage“. In Konsequenz möchte der Gesetzentwurf den Anspruch auf dauerhaften Aufenthalt, den Familiennachzug und den auf Sozialleistungen einschränken.

Was ist daran falsch?

Demokratie-Upgrade ist eine der drei Kernforderungen der Piratenpartei für die Europawahl. Was ist also falsch an dieser Volksinitiative?

Die Kernforderung

Die Initiative verlangt, dass binnen drei Jahren völkerrechtliche Verträge wie das Freizügigkeitsabkommen neu verhandelt werden sollen. Die Verhandlungsspielräume sind jedoch begrenzt: die EU wird diskriminierenden Regeln nicht zustimmen. Damit steht nicht nur das Freizügigkeitsabkommen auf dem Spiel, sondern auch die sechs anderen damit verbundenen Bilateren Verträge zu Handelshemmnissen, Ausschreibungen, landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Land- und Luftverkehr sowie Forschung. Es ist unwahrscheinlich, dass die Schweiz so weit gehen wird.

Der Sponsor

Ein Milliardär steckt drei Millionen Franken in eine fremdenfeindliche Kampagne und bestimmt damit die öffentliche Wahrnehmung. Die anderen Parteien können nicht gegenhalten. Sind solche Manipulationen legitim?

Die Wahlberechtigten

Ein Grundsatz unserer Politik sollte sein, niemals Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu treffen. Nicht alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz durften abstimmen, sondern eben nur das priviligierte Staatsvolk. Bei einer Gesamtbevölkerung von 8,1 Millionen sind darum 1,9 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit von der Wahl ausgeschlossen. Von den 5,2 Millionen Wahlberechtigten sind 55,8% oder 2,9 Millionen zur Wahl gegangen, davon haben 50,3% oder 1,46 Millionen mit „Ja“ gestimmt. Damit haben 18% der Bevölkerung über das Schicksal von 23,6% entschieden. Ist das noch demokratisch?

Wir brauchen legale Fluchtwege in die EU

Ist deshalb eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung fremdenfeindlich? Minderheitenschutz ist ein Schwachpunkt von populistischen Entscheidungen, wie sich bereits beim Minarett-Verbot zeigte. Geschürt werden Existenzängste von nationalistischen Parteien, die damit mehr Abstimmende mobilisieren können. In den Kantonen mit einem niedrigen Bildungsniveau fällt das auf fruchtbaren Boden, vor allem aber in der Mittelschicht. Auch in Deutschland führt soziale und finanzielle Abstiegsangst dazu, dass die bürgerliche Mitte vermehrt nach unten tritt, wie die Böll-Stiftung 2013 in einer Studie belegte. Die Gesellschaft entsolidarisiert sich, nicht nur in der Schweiz.

Im Tessin ist das Bildungsniveau zwar durchschnittlich, Existenzängste jedoch real aufgrund der Armutsgefährdung, die hier mit 29% der Bevölkerung am höchsten liegt – der Schweizer Durchschnitt beträgt 15,5%, ähnlich wie in Deutschland. Soziale Ängste gepaart mit Nationalismus: Im Tessin haben 68% der Abstimmenden für die Initiative gestimmt; die nationalistischen Parteien erreichten hier bei den Kantonalswahlen 2011 mit fremdenfeindlichen Parolen einen Anteil von 28,25% – populistische Entscheide appellieren an den Egoismus.

Über 90% der Menschen mit Migrationshintergrund in der Schweiz kommen aus der Europäischen Union. Am meisten Migrantinnen und Migranten gibt es aus Deutschland, Portugal, Italien und Frankreich, aus Südosteuropa kaum. Trotzdem schürt die SVP Ängste vor zunehmendem „Asylmissbrauch und Ausländerkriminalität“. In Wahrheit ist in den letzten Jahren das Verhältnis der einer Straftat beschuldigten Asylsuchenden verglichen mit ihrer Gesamtzahl um einige Prozentpunkte gesunken.

Aber ist die Abkehr von der Freizügigkeit wirklich so überraschend? So wie die Schweiz nun EU-Bürgerinnen und -Bürger aus ihrem Arbeitsmarkt exkludieren möchte, praktiziert die EU es schließlich selbst. Die Freizügigkeit für bulgarische und rumänische Staatsangehörige löste in Mittel- und Westeuropa regelrechte Panik aus!

Die Innenminister*innen predigen uns die Notwendigkeit von Milliardeninvestitionen in Grenzsicherungssysteme. Griechenland und Italien werden mit Verweis auf Sparvorgaben bei der Unterbringung von Flüchtlingen alleine gelassen, während die zentraler gelegenen Nationen Menschen auf Grundlage der Dublin-Abkommen abschieben.

Als Konsequenz aus den Katastrophen vor Lampedusa perfektionieren wir die Abschottung des Schengenraumes. Die intrasparente Grenzagentur FRONTEX schließt Geheimverträge mit Staaten wie Libyen ab, dass Schutzsuchende es gar nicht erst auf das Mittelmeer schaffen. Die Politik setzt weiter darauf, Ängste und Repressionen zu schüren, um Überwachungs- und Abschottungsmaßnahmen zu rechtfertigen. So werden wir aber einem friedlichen Europa mit dem erklärten Ziel der Freizügigkeit nicht näher kommen.

Sharing is caring

Der Gegenentwurf zu einer eigennützigen, nationalistischen Gesellschaft ist internationale Solidarität. Europa muss mehr werden wie das Internet: nationale Grenzen überwinden, Ressourcen miteinander teilen, Sozialneid abbauen. Dabei müssen grundsätzlich die Betroffenen selbstbestimmt beteiligt sein.

Um informierte Entscheidungen treffen zu können, verweist Marina Weisband auf die Möglichkeit, sie im Rahmen von Liquid Democracy an Fachleute zu delegieren. Das setzt aber voraus, dass mit der Delegation eine objektive, allen gerechte Lösung gesucht wird. Wenn die Motivation dagegen Eigennutz ist, wird das auch die Delegation widerspiegeln.

Populistische Abstimmungen mit gesetz- oder gar verfassungsändernder Wirkung bergen darum immer die Gefahr, dass Minderheiten diskriminiert werden. Ein zusätzlicher Korrektivfaktor, etwa die Kombination von direkter und parlamentarischer Demokratie mit einem ausgeprägten Diskurs (und Rückgrat der Abgeordneten!), sichert Minderheitenschutz wirksamer.

Erst wenn wir Menschen nicht mehr auf Grund der Drittstaatenregelungen oder Verteilungsschlüsseln innerhalb der EU abschieben, können wir echte Freizügigkeit leben. Kein Kontingent – egal welcher Höhe – kann jemals Schutzsuchenden gerecht werden. Ihre Zahlen richten sich nicht nach Nützlichkeit für die Mehrheitsgesellschaft, sondern sind Folge der zahlreichen humanitären Katastrophen dieser Welt. Das heißt auch, dass legale Fluchtwege in die EU geschaffen werden müssen, damit Menschen zu ihrem Recht auf Asyl kommen können.

Erst wenn wir uns nicht mehr gegenseitig die Verantwortung zuschieben und uns voneinander abzugrenzen versuchen, sondern Migration als eine gemeinsam zu fördernde europäische Aufgabe begreifen, werden Rechtspopulisten keine Chance mehr haben.

Dieser Artikel ist zusammen mit Anne Helm entstanden und wurde zuerst im Handelsblatt am 20. Februar 2014 veröffentlicht.

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Überwachung der Kommunikation

Zugehörige Vorlagen: Magistratsbericht B 595/2013, Anfrage A 419/2013 (Piraten)

Kontext: Wortprotokoll über die 28. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 30. Januar 2014 (16.04 Uhr bis 0.44 Uhr), TOP 11, Überwachung der städtischen Kommunikation durch Geheimdienste

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Ich habe nur noch eine Minute und 20 Sekunden, deswegen mache ich es kurz. Der Magistrat antwortet auf unsere sehr umfangreichen Fragen eigentlich zweierlei. Erstens ist es nicht ausgeschlossen, dass Geheimdienste Zugriff auf externe Kommunikationen haben, das heißt auf Knoten, die Anbindung auf das öffentliche Internet haben. Zweitens sagt er, alle anderen Fragen kann er uns aus Sicherheitsgründen nicht beantworten. Damit habe ich ein Problem. Dann drucken Sie es bitte auf gelbes Papier. Wie sollen wir unsere parlamentarische Kontrollfunktion ausüben, wenn Sie sagen, dass das leider geheim ist? Wir haben Dinge gefragt wie zum Beispiel, welche Kommunikationsformen, Skype oder dergleichen von Microsoft, Sie benutzen oder welches Diensthandy der Oberbürgermeister hat. Es ist bekannt, dass das Blackberry Sicherheitslücken hat. Dies können Sie uns nicht beantworten. Da müssen wir anderweitig an die Antworten kommen.

Vielen Dank!

(Beifall)

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Keine städtische Bühne für die Band „Frei.Wild“

Zugehörige Vorlagen: NR 765/2013 (Piraten)

Kontext: Wortprotokoll über die 28. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 30. Januar 2014 (16.04 Uhr bis 0.44 Uhr), TOP 10

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr verehrte Damen und Herren, guten Morgen!

Es war mir klar, dass das kommen wird [Anm.: Bezug auf Redebeitrag von Wolfgang Hübner, Freie Wähler]. Ich kenne das leider zum Teil auch aus meiner eigenen Partei. Es wird sofort Zensur und Meinungsfreiheit gerufen. Aber Rassismus ist nun einmal keine Meinung. Rassismus ist auch keine Kunst.

(Beifall)

Das Besondere an Rassismus und an menschenbezogener Gruppenfeindlichkeit ist, dass dort meistens auch eine reale Gewalt folgt. Rassistische Äußerungen sind Wegbereiter für reale Gewalt. Es gibt reale Gewalt gegen Andersdenkende, gegen Gruppen, die sich äußerlich oder politisch von Rechten unterscheiden und dort gibt es Gewalt bis hin zu Morden. Das ist nun einmal so in Deutschland. Von daher kann man das nicht tolerieren.

(Zurufe)

Baader-Meinhof ist ein paar Jahre her. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass sie sich inzwischen aufgelöst haben.

Frei.Wild ist natürlich nicht blöd. Im Gegensatz zu ihrer Nazivergangenheit in der Neonaziband Kaiserjäger von vor zehn Jahren, haben sie natürlich heute keine justiziablen Texte mehr. Ihre Texte, die Sie so schön zitiert haben, sind inzwischen relativ harmlos, sie sagen zum Beispiel in dem Video lediglich „Halt deine Schnauze“. Dort distanzieren sie sich davon, dass sie früher ganz böse Jungs gewesen sind, dass sie heute Vieles bestimmt nicht mehr machen würden und dass sie dazugelernt haben, aber der Subtext von dem Video ist ein ganz anderer. Da sieht man in schwarz-weiß den Sänger Joggl der Südtiroler Band Unantastbar. Unantastbar ist ebenfalls auf dem Label wie Frei.Wild und auf dem Label Rookies & Kings. Joggl war mit Philipp Burger, dem Leadsänger von Frei.Wild, zusammen in der Band Kaiserjäger. Eben dieser Joggl mit seinem Nazitatoo „100% arisch“ auf dem Rücken, läuft also in Naziklamotten durch eine Stadt, überfällt jemand und tritt ihm auf den Kopf. Da ist es egal, welcher Text dabei ist, denn der Subtext von diesem Video ist ganz klar: Wir beherrschen diese Stadt, wir sind nach wie vor Nazis und wir wenden Gewalt gegen Menschen an, und zwar auch maximale tödliche Gewalt.

Die Band Frei.Wild hat sich von Rechtsradikalismus immer nur dann distanziert, wenn es ihnen ans Portemonnaie ging. Sie lassen dann teilweise ihr Publikum „Nazis raus“ rufen. Wenn ich aber dann gleichzeitig in den Kommentaren auf der Webseite lese: Die Linksnazis in Hamburg sind ja viel schlimmer als die echten Nazis, dann ist mir klar, warum das Publikum einfach auch Nazis raus rufen kann, weil sie irgendwie andere Nazis darunter verstehen. Von daher gilt das für mich nicht als Distanzierung.

Es ist nun einmal Aufgabe der Stadt und auch des Stadtparlaments in Frankfurt zu regeln, was hier in Frankfurt geschieht, und es liegt in unserer Verantwortung, wenn die Stadt als Hauptanteilseigner der Messe Frankfurt mitentscheiden kann, wer in der Festhalle auftritt oder nicht beziehungsweise auch, wie wir das in unserem Antrag gefordert haben, ethische Richtlinien zu erfassen. Das muss nicht bei rechtspopulistischen Texten aufhören. Es kann gerne auch weiter gehen. Herr Ochs hat öfter einmal angesprochen, dass auf der Messe Frankfurt auch die eine oder andere Drohne verkauft wird, die waffenfähig ist. Das könnten Sie mit den ethischen Richtlinien gleich mit erfassen. Damit wäre unser Antrag auch schon beschrieben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Bis zum nächsten Tagesordnungspunkt.

(Beifall)

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Modellregion für inklusive Schulentwicklung Frankfurt am Main

Zugehörige Vorlagen: Magistratsvortrag M 6/2014, Antrag NR 779/2014 (SPD), Antrag NR 786/2014 (SPD), Antrag NR 794/2014 (Piraten)

Kontext: Wortprotokoll über die 28. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 30. Januar 2014 (16.04 Uhr bis 0.44 Uhr), TOP 8

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte zunächst auf meine Vorrednerinnen und Vorredner eingehen. Herr Hübner, das kann ich leider nicht so stehen lassen. Sie haben Entwicklungsländer genannt, die in der Inklusion natürlich weit hinter unserem Wunderland Deutschland liegen würden. Das stimmt so leider nicht. Wenn Sie zum Beispiel Indien mit 1,2 Milliarden Einwohnern nehmen: Dort gibt es 21 Millionen Schwerbehinderte und 100 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Die indische Regierung kümmert sich seit vielen Jahren um Inklusion, mehr als das die deutsche Bundesregierung tun würde. Deutschland ist in einigen Dingen ein Entwicklungsland.

(Beifall)

Frau Sorge hat mich mit Zuversicht erfüllt – öfter einmal etwas Neues. Sie verpeilt den einen oder anderen Termin, sie verpeilt auch die eine oder andere Anmeldung zum Haushalt oder aber auch, die Stadtverordnetenversammlung bei gewissen Dingen zu fragen. Aber ich glaube, das mit der Inklusion hat sie wirklich verstanden. Was mir allerdings in der Vorlage M 6 fehlt, ist ein Konzept zur Überführung. Es wird gesagt, die Förderschulen sollen sukzessive umgewandelt werden, und am Ende soll eine inklusive Beschulung stehen. Aber der Weg dorthin ist keine Zauberei. Normalerweise funktioniert es so, dass die Förderschulen erst einmal in Förderzentren umgewandelt werden, sodass sie keine stationären Förderschulen mehr sind, sondern ambulant, ohne eigene Schülerinnen und Schüler, tätig sind. So steht es in unserem Antrag. Die Kinder werden an Regelschulen betreut. Dies wird in weiteren Schritten so lange fortgeführt, bis wir die Förderlehrer als Festpersonal an den Regelschulen haben. Genau das möchten wir. Wir möchten keine Parallelstrukturen, wie es bei der CDU noch angenommen wird. Parallelstrukturen lehnt auch der Magistrat in seinem Bericht B 276 aus dem Jahr 2012 als unwirtschaftlich ab. Wir möchten tatsächlich, dass allen Kindern und Jugendlichen, wie Sie auch sagen, ein diskriminierungsfreier Zugang zum allgemeinen Schulsystem bereitgestellt wird.

Herr Brillante hat schon gesagt, die UN-Behindertenrechtskonvention räumt den Eltern dabei kein Wahlrecht ein. Was die Eltern möchten, ist eine Wahlfreiheit bezüglich des Förderortes. Wenn Sie ihnen sagen, ihr könnt zwischen einer inklusiven Schule oder einer Förderschule wählen, aber ihnen nicht die Wahl lassen, in welche inklusive Schule die Kinder kommen – vielleicht in eine inklusive Schule am anderen Ende der Stadt, weil wir erst rund 20 Grundschulen mit inklusiver Beschulung haben –, dann ist damit weder den Eltern noch den Kindern geholfen. Es muss eine wohnortnahe Schule sein. Die Eltern und die Kinder haben ein Recht darauf, diese Schulen zu besuchen. Insofern ist es ein bisschen müßig zu sagen, ich möchte nicht, dass ein Kind vor der Tür einer Förderschule steht, wenn es dort hinein möchte. Wir müssen das Gegenteil machen. Wir müssen alle Schulen soweit mit notwendigem Personal und räumlichen Voraussetzungen ausstatten, dass sie in der Lage sind, Kinder mit Behinderungen dort aufnehmen zu können. Es darf keine Schranke mehr bei der Frage geben, welche Behinderungen diese Kinder haben.

Wir sehen es an den Rückschulquoten. Frankfurt hat bei Rückschulungen von Förderschulen auf Regelschulen eine Quote von 2,61 Prozent. Würden wir, wie Herr Stock vorhin gesagt hat, nur drei Prozent an Förderschulen behalten, dann wäre das schon eine Leistung. Momentan haben nur knapp drei Prozent eine Chance, überhaupt jemals von den Förderschulen wieder wegzukommen. Aus der Erziehungshilfe waren es fast zehn Prozent, die rückgeschult wurden. Gratulation. Bei der Lernhilfe waren es knapp zwei Prozent. Hingegen war es nur ein sehbehindertes Kind, keine körperbehinderten und keine hörgeschädigten Kinder. Wir leben nun einmal im 21. Jahrhundert. Heutzutage gibt es im Gegensatz zu der Zeit vor 20 Jahren Open Sources und Screenreader sowie die Möglichkeit, für blinde Kinder die Braille-Tastatur anzuschaffen. Die Schulen müssen sich darauf einstellen, alle Kinder aufnehmen zu können.

Frau Sorge hat die Thematik auch angesprochen: Natürlich brauchen wir dafür auch Personal. Seit 2007 steht die Problematik im Raum, seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Ich frage mich, ob das Land Hessen in dieser Zeit Förderlehrerinnen und Förderlehrer ausgebildet hat. Wo sind sie denn? Jetzt haben wir einen Personalengpass. Genauso kostet das Ganze natürlich auch Geld. Ich hoffe also, Sie können mit dem Land Hessen aushandeln, dass entsprechend Gelder bereitgestellt werden. Vielleicht können Sie im Zuge der barrierefreien Sanierung der Schulen auch die eine oder andere grundlegende Sanierung druntermogeln. Wir brauchen aber auch Geld für andere Kräfte, zum Beispiel für Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen an den Schulen, die momentan in einem Nirvana sind. Das Land Hessen möchte sie nicht richtig bezahlen, die Stadt Frankfurt hat noch ein paar alte Regelungen, aber so richtig geregelt ist es noch nicht. Wir brauchen auch Sonderpädagogik an Schulen.

Frau Lang hat es eben gesagt: Inklusion ist erst dann endgültig gelungen, wenn es keine Förderschulen mehr gibt. Wir können nicht sagen, wir machen ein bisschen Inklusion und warten ab, und irgendwann schaffen wir dann auch die Förderschulen ab. Nein, es muss unser erklärtes Ziel sein, und dafür muss es ein Konzept geben, diese Förderschulen langsam auslaufen zu lassen. Selbstverständlich gibt es dagegen Widerstand in den Schulen. Herr Brillante und ich waren selbst einmal an einer Förderschule und haben mit der Direktorin gesprochen. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass sich dort irgendetwas ändern wird, bis die Direktorin in Rente ist. Ich glaube, auch da muss ein Paradigmenwechsel und teilweise auch ein Generationenwechsel stattfinden. Aber es führt kein Weg daran vorbei. Mich würde es sehr stark interessieren, wie Ihre Konzeption aussieht, um dorthin zu gelangen.

Vielen Dank!

(Beifall)

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Rekrutierung von Minderjährigen für den Krieg in Syrien

Zugehörige Vorlagen: Frage F 1250/2014 (Grüne)

Kontext: Wortprotokoll über die 28. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 30. Januar 2014 (16.04 Uhr bis 0.44 Uhr), TOP 4, Fragestunde

Stadtverordneter Martin Kliehm, Piraten:

Ich möchte es in einen etwas größeren Kontext setzen, auch wenn das auf der rechten Seite des Hauses wahrscheinlich nicht so beliebt sein wird. Wir müssen einmal sehen, wir reden hier über Jugendliche, die in den Krieg nach Syrien geschickt werden. Wir reden aber nicht darüber, dass sie in den Krieg geschickt werden, sondern wir reden über den Islam, über Salafisten, über Moscheen und über Jugendarbeit in Moscheen. Das finde ich doch letztlich etwas befremdlich. Worüber wir reden müssten, wäre Friedensarbeit an Schulen. Worüber wir reden müssten wäre, ob es legitim ist, 16-Jährige, 17-Jährige für den Krieg anzuwerben, auch für eine deutsche Armee. Die Bundeswehr rekrutiert nach wie vor an den Schulen 16- und 17-Jährige.

(Zurufe)

Ich wusste, dass Sie das nicht mögen.

(Beifall, Zurufe)

Die Bundeswehr rekrutiert nach wie vor an den Schulen Minderjährige. Terre des hommes, Ärzte ohne Grenzen, die Gewerkschaft GEW kritisieren das die ganze Zeit. Auch da werden Jugendliche zur Armee rekrutiert, die keine gesellschaftliche Perspektive haben, die keine ordentliche Ausbildung haben und die sich dann in eine Armee reinflüchten und am Ende im Krieg landen. Meines Erachtens macht das wenig Unterschied, ob das jetzt eine islamische oder eine andere Armee ist. Ich möchte überhaupt keine Jugendlichen im Krieg haben.

(Beifall, Zurufe)

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Recht auf inklusive Beschulung an Regelschulen

Antrag der ELF Piraten Fraktion zum Magistratsvortrag M 6/2014

Die Stadtverordnetenversammlung beschließt die Zustimmung zum Magistratsvortrag M 6/2014 mit folgenden Maßgaben:

  • Wahlfreiheit für Eltern: Der Halbsatz „zwischen inklusiver Beschulung an allgemeinen Schulen und der Beschulung an einer Förderschule“ wird ersetzt durch „zum Förderort an einer allgemeinen Schule“.
  • Umwandlung von stationären Förderschulen: Der Halbsatz „die Versorgung mit Förderschulen wird entsprechend angepasst“ wird ersetzt durch „im Rahmen eines regionalen Fördernetzwerks in ambulante Förderzentren ohne eigene Schülerinnen und Schüler“.

Begründung

Im Bericht B 276/2012 bemerkt der Magistrat: „Die faktische Festschreibung eines Parallelsystems aus Regel- und Förderschulen ist von der BRK nicht gewollt und setzt für das Land Hessen, aber auch für den Schulträger, eine unwirtschaftliche Struktur fort.“

Elternverbände fordern eine Wahlfreiheit bezogen auf den Förderort an allgemeinen Schulen. Sie möchten einen Anspruch auf Gemeinsamen Unterricht durchsetzen, der ihnen in zahlreichen Fällen wieder ausgeredet wird (B 551/2013). Eine „Wahlfreiheit“ zwischen inklusiven Schulen und Förderschulen spiegelt darum nicht den Willen der Eltern wider.

Der Magistratsvortrag betont, dass mit der Modellregion „allen Kindern und Jugendlichen mit Be­nachteiligung oder Behinderung ein diskriminierungsfreier Zugang zum allgemeinen Schulsystem“ ermöglicht werden soll. Das soll auch so umgesetzt werden.

Antragsteller

Stadtv. Luigi Brillante
Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Herbert Förster

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Integration voranbringen: Vielfalt in der Stadtpolitik

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Der Magistrat initiiert jeweils ein Jahr vor der nächsten Wahl zur Kommunalen Ausländerinnen- und Ausländervertretung (KAV) sowie der Kommunalwahl Kampagnen, um Menschen mit Migrationshintergrund zu motivieren, an den Wahlen aktiv und passiv teilzunehmen.
  2. Der Magistrat setzt sich im Hessischen Städtetag dafür ein, dass das Hessische Kommunalwahl­gesetz dahingehend geändert wird, dass die Besetzung der Listenplätze stärker die Diversität der lokalen Bevölkerung widerspiegelt.
  3. Die in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien und Wahlgemeinschaften sollen sich in ihren Parteien und Gruppierungen dafür einsetzen, dass die Besetzung der Listenplätze zur Kommunalwahl stärker die Diversität der Frankfurter Bevölkerung widerspiegelt.
  4. Die in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien und Wahlgemeinschaften sollen vermehrt Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund motivieren, sich auf Ausschreibun­gen von hauptamtlichen Magistratsposten zu bewerben.

Begründung

Mit dem im August 2012 veröffentlichten Integrationsmonitoring hat Frankfurt einen wichtigen Schritt in der Integrationspolitik vollzogen. Endlich haben wir einen genauen Überblick über die verschiedenen Themenfelder der Integration. Eines davon betrifft die Partizipation der Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadtpolitik.

Deutschland ist noch ein Entwicklungsland, wenn es um die Repräsentanz von Menschen mit Migrationshintergrund in der kommunalen Demokratie geht. Nur etwas mehr als vier Prozent aller Ratsmitglieder in deutschen Großstädten haben einen Migrationshintergrund. In den Stadtparla­menten von manchen Großstädten sitzt – trotz hohem Migrationsanteil in der Bevölkerung – noch immer niemand mit Migrationshintergrund.

Die Studie Vielfalt sucht Rat. Ratsmitglieder mit Migrationshintergrund in deutschen Großstädten des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung zeigt, wie sehr Menschen mit Migrationshintergrund von der Politik ausgegrenzt sind. Dies trifft auch auf Frankfurt zu, wo dieser Teil der Bevölkerung noch immer stark unterrepräsentiert ist.

Zutreffend stellt die Studie fest, dass „unsere Stadtparlamente noch weit davon entfernt sind, die kulturelle und ethnische Vielfalt in unserem Land widerzuspiegeln“. Hinzugefügt sei, dass dies an vielen Orten auch für die Geschlechterverteilung gilt. Es besteht also dringender Nachholbedarf, denn, so die Studie weiter, „die Frage der Repräsentanz von Migranten wird für die Zukunfts­fähigkeit unserer Demokratie von entscheidender Bedeutung sein“.

Die politischen Parteien sind laut Studie unterschiedlich offen für Menschen mit Migrationshinter­grund. Sie stellt fest: „Alle großen politischen Parteien haben in den Großstädten Ratsmitglieder mit Migrationshintergrund. Deren Zahl aber unterscheidet sich erheblich: Während die FDP acht Ratsmitglieder mit Migrationshintergrund hat, sind es in der SPD 68. Gemessen an der Gesamtzahl der Mandate der Partei erreichen die Grünen und die Linke mit jeweils 8% den höchsten Anteil von Einwanderern, gefolgt von der SPD mit 5%, während bei CDU/CSU und FDP nur knapp 2% der städtischen Ratsmitglieder einen Migrationshintergrund haben.“

Verschiedene Bundesländer haben ihre Wahlgesetze bereits dahingehend geändert, dass Kandidaturenlisten gerechter besetzt werden sollen. Dem Hessischen Landtag wird dies zur Nachahmung nahegelegt.

Ohne gesellschaftliche Integration, auch bei der Teilhabe am politischen Leben, wird es in unserer Gesellschaft keine Gleichberechtigung geben. Wir müssen daher Menschen mit Migrationshinter­grund viel stärker die Teilhabe am politischen Leben und Entscheidungen ermöglichen. Die Legi­timität der Demokratie wird in unseren ethnisch und kulturell immer vielfältigeren Gesellschaften davon abhängen, ob sich diese Vielfalt im demokratischen Prozess wiederfindet.

Antragsteller

Stadtv. Luigi Brillante
Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Herbert Förster

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Gymnasiale Oberstufe im Gallus

Im Artikel „Stück für Stück ein schöneres Gallus“ in der F.A.Z. vom 6. Dezember 2013 nennt Planungsdezernent Cunitz als wichtigen Impuls für den Stadtteil eine gymnasiale Oberstufe. Die politischen Gremien im Stadtteil fordern seit Jahren vergeblich die Errichtung einer solchen Oberstufe und benennen verschiedene mögliche Standorte. Die gymnasiale Oberstufe ist hier längst überfällig.

Daher frage ich den Magistrat:

Wann wird im Gallus endlich eine gymnasiale Oberstufe eingerichtet und wenn nein, warum nicht?

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Gefahrengebiete in Frankfurt

Polizeiliche Gefahrengebiete sind in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt, seitdem die Hamburger Polizei den Wohnort von 50.000 Menschen dazu erklärt hat. Auch in Hessen können gemäß § 18 (2) Nr. 1 HSOG Identitätskontrollen durchgeführt, Personen festgehalten und ihre Sachen durchsucht werden.

Ich frage den Magistrat:

Welche konkreten Orte in Frankfurt am Main fallen unter § 18 (2) Nr. 1 HSOG, und ist in Frankfurt auch eine ad-hoc-Klassifizierung als „kriminalitätsbelasteter Ort“ durch Polizeikräfte vor Ort möglich?

Schriftliche Antwort von Stadtrat Markus Frank

Der Magistrat beabsichtigt nicht, Flächen zu polizeilichen Gefahrengebieten zu erklären.

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Bahnübergang Casellastraße

Im Planungsausschuss stellte der Magistrat seine Planungen vor, anstelle des Bahnübergangs an der Casellastraße eine Unterführung zu bauen.

Ich frage den Magistrat:

Wieviele Fahrzeuge (motorisiert und unmotorisiert) sowie Fußgängerinnen und Fußgänger werden durchschnittlich am Bahnübergang Casellastraße an Wochentagen gezählt, und wie lange beträgt an diesen Tagen die durchschnittliche Wartezeit an den Bahnschranken?

Schriftliche Antwort von Stadtrat Stefan Majer

Die Planungen zur Nordmainischen S-Bahn und in diesem Zusammenhang, dem Bau einer S-Bahn-Station Fechenheim, sehen vor, den Bahnübergang an der Casellastraße zu schließen. Auf § 2 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes sei an dieser Stelle verwiesen. Hiernach sind bei neuen Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen diese grundsätzlich als Überführungen, dies meint nicht plangleich, auszuführen.

An Stelle des Bahnübergangs soll in der Casellastraße eine Unterführung für den Fuß- und Radverkehr mit Zugang zur S-Bahn-Station treten. Für den Kraftfahrzeugverkehr ist eine Unterführung in der Verlängerung der Ernst-Heinkel-Straße vorgesehen. Von hier aus soll der westliche Zugang zum Bahnsteig der S-Bahn-Station erfolgen.

Unabhängig davon, dass sich durch die geplante Maßnahme signifikante Verbesserungen hinsichtlich der Anbindung der Fechenheimer Bürgerinnen und Bürger an das ÖPNV-Netz ergeben, profitiert auch der motorisierte Individualverkehr in erheblichem Maße. Der Magistrat verweist in diesem Zusammenhang auf seine Vorlage M 34 vom 19.02.2010, die durch die Stadtverordnetenversammlung mit Beschluss vom 25.03.2010, § 7874, zustimmend zur Kenntnis genommen wurde.

Das sich mit der Bahnübergang an der Cassellastraße gegenwärtig als ein verkehrliches Hemmnis mit weitreichenden Auswirkungen auf das umliegende Straßennetz erweist, belegt eine am 27.06.2013 durchgeführte Verkehrszählung eindrücklich.

Gezählt wurde in drei Zeitblöcken (6-9, 12-14 und 15:30-18:30 Uhr) und zusätzlich die Rückstaulängen erfasst:

In Nord-Süd-Richtung (Orber Straße in Richtung Hanauer Landstraße) wurden an diesem Tag 25 Fahrräder sowie rund 3.100 Kraftfahrzeuge gezählt. Von diesen Kraftfahrzeugen hatten rund 8% mehr als 3,5t zulässiges Gesamtgewicht (Schwerverkehrsanteil einschließlich Linienbusse).

Fast den ganzen Tag über gab es vor dem Bahnübergang einen Rückstau bis zur Orber Straße (rund 70 m). Darüber hinaus gehend staute sich der Verkehr im nördlichen Abschnitt der Cassellastraße (nördlich der Orber Straße) vor allem morgens (7:30-9 Uhr) um weitere 80 m zurück. Mittags und nachmittags betrug die Rückstaulänge in der Cassellastraße nördlich der Orber Straße dann zeitweise noch bis zu 40 m. In der Orber Straße – aus Richtung Westen (Schlitzer Straße) kommend – bildeten sich morgens (ca. 7-8 Uhr) bis zu 120 m lange Rückstaus vor der Cassellastraße. In den Mittags- und Nachmittagsstunden gab es dort nur noch vereinzelte Rückstaus von max. 50-60 m Länge.

In Süd-Nord-Richtung (Hanauer Landstraße in Richtung Orber Straße) wurden an diesem Tag 23 Fahrräder sowie rund 1.700 Kraftfahrzeuge gezählt. Von diesen Kraftfahrzeugen hatten rund 7% mehr als 3,5 to zulässiges Gesamtgewicht (Schwerverkehrsanteil einschließlich Linienbusse).

Aus Richtung Hanauer Landstraße kommend gab es fast den ganzen Tag über mehr oder weniger lange Rückstaus vor dem Bahnübergang. Morgens und nachmittags erreichten die Rückstaus des Öfteren eine Länge von 50-60 m, vereinzelt auch bis zu 70 m Länge. Zwischen 12 und 13 Uhr wurden aus Richtung Süden kommend aber Rückstaulängen von bis zu 160 m gemessen. Teilweise staut sich der Verkehr zu dieser Mittagsspitze sogar bis auf die Hanauer Landstraße zurück.

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„Standardmäßiger Ausschluss“ von Prostitution

Planungsdezernent Cunitz informierte den Planungsausschuss am 20. Januar 2014, Prostitution werde in Bebauungsplänen „standardmäßig ausgeschlossen“. Ihn zitieren einhellig die Frankfurter Rundschau, die F.A.Z. und die Frankfurter Neue Presse am Folgetag. Es mag der Unachtsamkeit des Fragestellers geschuldet sein, aber ihm ist im Bebauungsplan Nr. 569 zum Campus Bockenheim das erste Mal dieser Passus aufgefallen.

Ich frage den Magistrat:

In welchen konkreten Bebauungsplänen der letzten zwei Jahre sind „Betriebe und Nutzungen, die der gewerblichen sexuellen Betätigung und Schaustellung dienen“ außerdem ausgeschlossen, und inwiefern sieht er eine Gebietsunverträglichkeit des Quartiers in Bezug auf Wohnungsprostitution?

Schriftliche Antwort von Bürgermeister Olaf Cunitz

Das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung lassen die Gliederung von Baugebieten und den Ausschluss einzelner Nutzungen zu. Die in Bebauungsplänen festgesetzten Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie zentraler Einrichtungen von Wirtschaft, Verwaltung und Kultur. Um eine lebendige Nutzungsmischung zu erzielen, strebt der Magistrat in Kerngebieten meiste eine Wohnnutzung an. Weiteren Wohnraum – auch in Kerngebieten – zu schaffen, ist wichtiges Ziel der Stadtplanung.

Sobald der Magistrat Wohnnutzungen in einem Kerngebiet vorschlägt, empfiehlt er den Ausschluss von Betrieben und Nutzungen, die der gewerblichen sexuellen Betätigung und Schaustellung dienen, da sie die Wohnnutzung stören. Dies gilt auch für die als gewerblich einzustufende sogenannte Wohnungsprostitution.

In sämtlichen Bebauungsplänen der letzten zwei Jahre, die Wohnnutzung im Kerngebiet vorsehen, wurde die Regelung aufgenommen. Dies waren die Pläne:

  • B847 – Rund um den Henniger Turm vom 20.11.2012
  • B869 – Südlich Ostbahnhofstraße – ehemalige Feuerwache 1 vom 02.07.2013
  • B881 – Taunusanlage 8 vom 16.10.2012

Auch bei früheren Bebauungsplänen, wie beispielsweise dem B867 – Südlich Weißfrauenstraße – ehemals Degussagelände vom 18.05.2010, ist eine entsprechende Regelung enthalten.

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Pavillonanlage der Außenstelle der Max-Beckmann-Schule am Riedberg

Im Rahmen des Magistratsvortrags M 254/2013 vom 20.12.2013 wird der Magistrat ermächtigt, für die Außenstelle der Max-Beckmann-Schule am Riedberg eine Pavillonanlage anzukaufen. Bedauerlicherweise wurde der Kauf vom Stadtschulamt bereits am 18.09.2013 freigegeben.

Dieses Vorgehen weist Mängel auf: Es wurden keine Vergleichsangebote eingeholt und somit Vergabevorschriften nicht eingehalten; es fehlt wieder einmal die Wirtschaftlichkeitsberechnung; die Kaufpreise sind größer als der Restwert; die Maßnahme wurde ohne Beschluss der Stadtverordnetenversammlung begonnen; es wurden Verpflichtungen ohne Ermächtigung im Haushaltsplan 2013 eingegangen.

Ich frage den Magistrat:

Sieht der Magistrat in diesem Vorgehen eine Verletzung seiner Amtspflichten sowie der Rechte der Stadtverordnetenversammlung?

Schriftliche Antwort von Stadträtin Sarah Sorge

Nein. Der Kauf der Pavillonanlage ist aufgrund der längeren Standzeit von 5 Jahren wirtschaftlich begründet. Die Finanzmittel dafür sind im Haushalt 2014 angemeldet. Wegen des hohen Zeitdrucks wurde diese Maßnahme durch die Hessen Agentur vorfinanziert. Die Inbetriebnahme der Gymnasialen Oberstufe wäre unter anderen Umständen zum geforderten Zeitpunkt gefährdet gewesen.

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Keine Diskriminierung von Sexarbeiterinnen und -arbeitern

An diesem Montag wird der Bebauungsplan für das ehemalige Uni-Gelände in Bockenheim im Planungsausschuss erörtert und beschlossen. Die ELF Piraten Fraktion im Römer wehrt sich in diesem Rahmen gegen eine Diskriminierung von Wohnungsprostitution.

„Der Magistrat versucht, seine überholte Sperrgebietsverordnung durch die Hintertür des Bebauungsplans durchzusetzen“, so Martin Kliehm, Fraktionsvorsitzender der ELF Piraten. „Zumal der Hessische Verwaltungsgerichtshof am 31. Januar 2013 die Restriktionen für Wohnungsprostitution gekippt hat.“ In der Urteilsbegründung heißt es, dass diese nur noch dann verboten sei, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt und zu erheblichen Beeinträchtigungen führt (Az. 8 A 1245/12). „Das ist ein klares Urteil gegen die moralischen Vorstellungen von vorgestern, wie sie insbesondere noch bei der CDU vorherrschen“, so Kliehm weiter. „Sexarbeit ist seit dem Prostitutionsgesetz von 2002 eine rechtlich anerkannte Dienstleistung. Ihre Ausübung ist ein nach Artikel 12 Grundgesetz garantiertes und vom Bundesverfassungsgericht bestätigtes Recht. Wohnungsprostitution findet heute diskret statt und hat mit der romantisierenden Schmuddelversion von Straßenprostitution, auf die der Magistrat anspielt, nichts zu tun. Hochwertiges Dienstleistungsgewerbe, Kultur und Prostitution sind kein Widerspruch.“

Die ELF Piraten Fraktion fordert in ihrem Antrag zum Magistratsvortrag, den betreffenden Passus aus dem Bebauungsplan Nr. 569 des Campus Bockenheim zu streichen, denn die willkürlichen Verordnungen gehen zu Lasten der Sexarbeiterinnen und -arbeiter. Die Piraten setzen sich bundesweit in ihrem Programm gegen Diskriminierung und Kriminalisierung der Sexarbeit ein. „Wir kämpfen auch in Frankfurt-Bockenheim gegen Doppelmoral und für eine Gleichstellung aller Berufsgruppen“, so Kliehm abschließend.

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Keine Diskriminierung von Sexarbeit – gegen ein Sperrgebiet durch die Hintertür

Antrag der ELF Piraten Fraktion zum Magistratsvortrag M 224/2013

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Im „Bebauungsplan Nr. 569 – Senckenberganlage/Bockenheimer Warte“ wird unter A 1.3.1 der erste Spiegelstrich (gewerbliche sexuelle Dienstleistungen) gestrichen.

Begründung

Der Magistrat stellt in seiner Begründung dar, dass diese Festsetzung dazu diene, „die Ansiedlung solcher Einrichtungen im Plangebiet zu verhindern“. Sexarbeit, insbesondere Wohnungsprostitu­tion, ist nach Auffassung des Magistrats unvereinbar mit „hochrangigen wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen“ sowie einem „hochwertigen Dienstleistungs- und Wohnstandort“. Ferner würden das Stadt- und Straßenbild beeinträchtigt, Konflikte mit der Wohnnutzung ent­stehen und die Geschäftslage abgewertet.

Die Bockenheimer Bevölkerung ist derzeit bereits einem starken Mietdruck ausgesetzt und würde anstelle eines „hochwertigen“ Leuchtturmprojektes, das die Gentrifizierung beschleunigt, lieber ein gesundes, durchmischtes Gebiet mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten sehen. Darüber hinaus verstößt die Regelung gegen die geltende Rechtsprechung und diskriminiert Sexarbeiter*innen.

Der VGH Kassel hat, bezugnehmend auf das Prostitutionsgesetz von 2002 sowie Urteile des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 224/07), des Bundesverwaltungsgerichts (6 C 16/02), des VGH Baden-Württemberg (1 S 2256/07) und zahlreiche andere, in seinem Urteil (8 A 1245/12) auf die veränderte gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Prostitution hingewiesen. Prostitution sei gemäß des Kammerbeschlusses nur dann verboten, wenn sie nach außen in Erscheinung träte und eine „milieubedingte Unruhe“ oder erhebliche Belästigung mit sich brächte.

Der Magistrat hat objektiv nicht dargelegt, inwiefern öffentlich nicht wahrnehmbare Wohnungs­prostitution zu einer solchen Unruhe führen soll. Laut der Frankfurter Interessenvertretung für soziale und politische Rechte von Prostituierten, dem Doña Carmen e.V., zeugt die vom Magistrat implizierte Verwahrlosung des Viertels durch Straßenprostitution von der Unkenntnis der heute in der Regel diskreten Arbeitsweise des Prostitutionsgewerbes. Hochwertiges Dienstleistungs­gewerbe, Kultur und Prostitution sind kein Widerspruch.

Außerhalb der reinen Wohngebiete fehlt auch die vom Bundes­verfassungsgericht geforderte Eigenart der betroffenen Gebiete, „durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen“ gekennzeichnet zu sein.

Insofern ist eine diskriminierende und kriminalisierende Verfügung, die allein auf überholten Moralvorstellungen basiert, abzulehnen.

Antragsteller

Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Herbert Förster
Stadtv. Luigi Brillante

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Keine städtische Bühne für die Band „frei.wild“

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt am Main distanziert sich klar von den Konzerten der Gruppe „frei.wild“ in der Frankfurter Festhalle am 27. und 28. Dezember 2013. Eine internationale Stadt wie Frankfurt am Main darf keine Bühne dafür bieten, dass ultra­nationalistisches und gewaltverherrlichendes Gedankengut verbreitet wird.
  2. Der Magistrat definiert bis Mai 2014 Kriterien und legt sie der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vor, die im Sinne einer Qualitätssicherung klare Richtlinien beinhalten, um zukünftig rechtsradikale Veranstaltungen an städtischen Veranstaltungsorten sowie an durch städtische Mittel bezuschussten Orten zu verunmöglichen.
  3. Die Mitglieder des Magistrats im Aufsichtsrat der Messe Frankfurt setzen sich nachdrücklich für die Entwicklung von ethischen Kriterien ein, die eine Vermietung durch die Messe Frankfurt an rechtsradikale und andere menschenrechtsfeindliche Gruppierungen ausschließen.

Begründung

Am 27. und 28. Dezember finden gleich zwei Konzerte der Deutschrockband „frei.wild“ in der Festhalle Frankfurt statt. Die Gruppe, die aus Südtirol stammt, wird von Politikwissenschaft­ler- und Journalist*innen als rechtsradikal eingestuft. Sie vertritt in ihren Liedtexten ultranationalistische Inhalte, die zwar nicht offen rechtsextrem oder neonazistisch sind, jedoch ständig die Gefahr des „völkischen“ Erbes heraufbeschwören, Einwanderung als Überfremdung diffa­mie­ren, mit ge­schichtsrevisionistischen Anspielungen arbeitet und antisemitische Stereotype bedient. Viele der Liedtexte nehmen Anleihe bei Wortlauten, die auch auf NPD-Demos zu hören sind, wie z.B. „Wann hört ihr auf, eure Heimat zu hassen / Wenn ihr euch ihrer schämt, dann könnt ihr sie doch ver­lassen“ (aus „Wahre Werte“).

Die Liedtexte knüpfen auch in ihrer Gewaltverherrlichung an rechtsradikale Diskurse an, beispiels­weise in dieser Form: „Wir haben’s getan, wir haben’s gemacht, wir haben Leute verdroschen; über die Folgen nicht nachgedacht, wir haben die Straßen der Stadt für uns in Anspruch genom­men; keine Gefangenen gemacht, wir haben gesoffen und geboxt, standen oft vorm Richter; keine Reue, haben darüber nur gelacht“ (aus „Feinde Deiner Feinde“ „Nennt es Zufall, nennt es Plan“).

„frei.wild“ selbst versucht immer wieder, sich als unpolitische Band zu inszenieren, doch ihre Texte, ihre Selbstdarstellung und auch die Unterstützung, die sie erhält, belegen das Gegenteil. So be­wirbt beispielsweise der NPD-Funktionär Patrick Schröder die Band und hält fest: „Wir haben aus dieser Band die Möglichkeit, noch im extremeren Maße zu profitieren, als früher durch die Böhsen Onkelz.“ Auch in Naziforen im Internet wird die Band mit Lob überhäuft.

Der Leadsänger von „frei.wild“, Philipp Burger, war vor der Gründung der Gruppe Mitglied der Neonazi-Band „Kaiserjäger“, die sich auflöste, nachdem es bei einem ihrer Konzerte zu einer Massenschlägerei zwischen italienischen und Südtiroler Neonazis gekommen war. Die Distanzie­rung von der Neonazi-Szene erfolgt durch „frei.wild“, so Rechtsextremismus­expert*innen, nur dann, wenn diese unumgänglich ist.

Die Diskussion zu Gruppen wie „frei.wild“, die unter dem Deckmantel von „Identitätsrock“ extrem nationalistisches und minderheitenfeindliches Gedankengut verbreiten, ist in Deutschland seit längerem im Gange. Der Rückzug von Sponsoren sowie anderen Bands von Festivals, bei denen „frei.wild“ angekündigt war, führten zum Teil schon zu Konzertabsagen.

Natürlich sind nicht alle Fans der Gruppe „frei.wild“ der rechtsradikalen Szene zuzuordnen. Klar ist aber, dass gerade von solchen Gruppen, die ihre wahre Weltanschauung hinter Begriffen wie „Heimatliebe“ verstecken, ultranationalistisches und gewaltverherrlichendes Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft verankert wird.

Der Subtext in zahlreichen Titeln wie auch in Videos wird deutlicher: Ein Beispiel dafür sind Bilder des Videos „Halt deine Schnauze“, das „frei.wild“ auf seinem offiziellen YouTube Channel veröffent­licht hat. Da tritt jemand mit dem Fuß in Richtung Kopf einer hilflos am Boden liegenden Person – das erinnert an sehr reelle Vergleichsbilder gewalttätiger Rechter. Eindeutiger wird es noch bei dem Bild im Video, das einen rasierten Hinterkopf zeigt, auf dem ein 100%-Tattoo zu sehen ist. Dieser Zahlencode bedeutet „100% arisch“. Burger sagt: „In erster Linie aber verab­scheuen wir jegliche Form von Extremismus.“  Wo beginnt für Philipp Burger der Extremismus? Bei 100% arisch offenbar noch nicht.

Antragsteller

Stadtv. Martin Kliehm
Stadtv. Herbert Förster
Stadtv. Luigi Brillante

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Die drei Prozent Sperrklausel

Gestern hatte ich Gelegenheit, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die 3%-Sperrklausel im Europawahlrecht beizuwohnen. Neben der Piratenpartei hatten ungefähr 14 weitere Parteien, Wählergruppen sowie der Verein Mehr Demokratie e.V. geklagt. Für die Piratenpartei waren vormittags der ehemalige Bundesvorsitzende Bernd Schlömer und die Juristin und Piratin Nora Chowdry anwesend, ich konnte nachmittags dem Rest der Sitzung als Zuschauer beiwohnen. Weiterlesen

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